0056 - Die Toten leben
helfen Sie mir ...“
„Fragen Sie, Sir. Schließlich habe ich nicht geschlafen, bevor mich der Schockstrahl traf.“
Und Rhodan begann, Lloyd systematisch auszufragen.
*
„Du solltest dich verkleiden!“ riet Noir und betrachtete Gucky skeptisch von oben bis unten. „So erkennt man dich ja sofort.“
Der Mausbiber richtete sich zu seiner vollen Größe auf und strich das braune Fell glatt, das ihm von Putzi zerzaust worden war.
„Verkleiden?“ fragte er verblüfft. „Als was soll ich mich denn verkleiden? Als Mensch? Das merkt auch der Dümmste.“
„Wenigstens solltest du einen Umhang tragen, damit nicht jeder sofort das Fell sieht. Vielleicht halten sie dich für einen Zwerg“
Gucky seufzte. „Hervorstechende Persönlichkeiten haben es nicht leicht“, stellte er fest und schien die Tatsache an sich bereits für einen Trost zu halten. „Sähe ich aus wie ein ganz normaler Mensch, wäre alles einfacher für mich. So aber ...“
Rhodan beendete seine Zeichnung, die er auf einem Stück Papier angefertigt hatte.
„Leider ist Lloyd mit den Einzelheiten auch nicht weiter vertraut, aber er hat zumindest herausgefunden, wo das Hauptquartier der Verräter liegt. Du springst mitten hinein, Gucky, und fertigst einen Plan des entsprechenden Gebäudeteils an. Wir benötigen ihn später, wenn der Rummel losgeht.“
„Rummel? Welcher Rummel?“
„Das wirst du schon früh genug erfahren. Du darfst dich auf keinen Fall erwischen lassen und verschwindest, sobald jemand auftaucht. Kehre schnellstens zurück, verstanden?“
„Ich bin wie der Blitz“, versprach der Mausbiber und sah Noir mißtrauisch entgegen, der soeben mit einem farbigen Tuch zurückkehrte. „Was soll denn der bunte Zirkusfetzen? Du glaubst doch nicht etwa, daß ich den Putzlappen ...?“
„Warum nicht?“ erkundigte sich Rhodan, der längst begriffen hatte, was Noir plante. „Wenn dich jemand in der Verkleidung sieht, weiß er bestimmt nicht, woher du stammst. Na los, zieh schon an, Gucky! Zier dich nicht so!“
„Aber ...“, piepste Gucky jämmerlich und sah aus, als habe er alle Sünden des Universums zu büßen.
„Kein aber!“ drohte Rhodan unerbittlich. „Meinst du vielleicht, du gingest zu einer Schönheitskonkurrenz?“
Gucky ergab sich in sein Schicksal. Er sah aus wie ein angezogener Affe, wie ihn früher einmal die Zirkusleute Terras mit sich führten, wenn sie die Aufmerksamkeit der Kinder zu erregen gedachten. Die vorwurfsvollen Augen vereinigten allen Schmerz der Welt in sich. Im Hintergrund winselte Putzi kläglich; so kläglich, als würde Gucky zu seiner Hinrichtung geführt.
„Nur die Dummen sind eitel!“ belehrte ihn Rhodan und verbiß sich das Grinsen. „Und nun spring, alter Freund!“
„Deine Sprüche sind weise“, murmelte Gucky mit betont tiefer Stimme, um seinen Worten den entsprechenden Nachdruck zu verleihen, „aber sie vermögen nicht, mein gebrochenes Herz zu laben. Bis später!“
Er war verschwunden, ehe sie noch Luft holen konnten. Der Purrer winselte immer noch. Oder war es gar eine Purrerin? Bisher hatte sich noch niemand die Mühe gemacht, das festzustellen.
*
Kuklon, die Hauptstadt des Planeten Volat, war im Grunde genommen der einzige Platz dieser Welt, der interstellare Charakterzüge aufwies. Hier konzentrierte sich das zivilisierte Leben, und von hier aus wurde die Kolonialwelt verwaltet. Zwar kümmerten sich die Eingeborenen, die Volater, recht wenig um diese Verwaltung und lebten ihr eigenes Leben, aber sie wußten, daß in dieser Ansammlung unschöner Steinbauten jene Wesen hausten, die sich zu ihren Herren aufgeschwungen hatten.
Volat war mehr ein Stützpunkt als eine eigentliche Kolonialwelt. In einigen Gebirgen wurde wertvolles Erz gefunden, aber in der Hauptsache diente Volat als Umschlagplatz für Güter anderer Systeme. Im Zentrum der Stadt stand der Palast des Arkoniden-Administrators mit seiner riesigen Hyperfunk-Antenne. Von hier aus konnte jederzeit die Verbindung zu dem gewaltigen Robotgehirn hergestellt werden, das über das Sternenreich der Arkoniden herrschte.
Ganz in der Nähe des weiten Raumfeldes stand ein anderes Gebäude. Es ragte hoch in den Himmel von Volat und galt als Handelsniederlassung der Springer. Ein großer Teil der oberen Stockwerke wurde als Büros vermietet. Hunderte verschiedener Firmen hatten hier ihren Sitz. Und so kam es, daß einer den anderen kaum kannte und Gucky in den ersten Minuten nicht besonders auffiel,
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