0057 - Die Attentäter
Zweifel, ebenso wenig wie daran, daß die Naturphilosophen jetzt im Besitz all der komplizierten Regelmechanismen waren, mit deren Hilfe ein Raumschiff gesteuert wurde.
Mullon bedauerte es, daß ihm diese Erleuchtung nicht schon früher gekommen war. Er berief eine Vollversammlung ein; weil er aber befürchtete, daß sich die Leute zu langsam zusammenfinden würden, trommelte er zuvor die wichtigsten Männer zusammen, etwa fünfzehn an der Zahl, und beriet die Lage.
„Ich würde meinen", faßte er seine Eindrücke zusammen, „wir können im Augenblick nicht viel tun. Das Wichtigste für uns ist, einen Überblick zu gewinnen. Wie ich unseren Freund Hollander kenne, wird er uns bald Nachricht zukommen lassen. Er ist nicht der Mann, der sein Licht unter den Scheffel stellt."
„Das mag richtig sein", gab O'Bannon zu. „Aber was wird mit dem Schiff? Milligan, das können Sie uns sagen: Wer den Kommandostand in der Hand hat, hat der auch das ganze Schiff in der Hand?" Milligan schüttelte den Kopf. „Nein. Die Sache ist die: Vom Kommandostand aus werden alle Regelvorgänge getätigt. Der Kommandant drückt einen Knopf, und im Aggregatraum fängt irgendeine Maschine an zu laufen. Aggregatraum und Kommandostand sind wechselseitig aufeinander angewiesen, der eine kann ohne den anderen nichts ausrichten. Nur..." O'Bannon nickte gewichtig. „... nur glauben Sie", ergänzte er, „daß Hollander das ebenso gut weiß wie Sie und sich inzwischen im Aggregatraum ebenso umgesehen hat, nicht wahr?"
„Genau das würde ich sagen", bestätigte Milligan. Mullon stöhnte auf. „Mein Gott, Milligan! Erinnern Sie sich an die rund hundert Mann, die mit den erbeuteten Waffen vom Kommandostand aus losgezogen sind?" Milligan erinnerte sich. „Jede Wette, daß Hollander sie zum Aggregatraum geschickt hat. Mit wieviel Mann sind die Aggregate besetzt?"
„Rund fünfzig."
„Dann haben sie leichte Arbeit gehabt."
Milligan nickte traurig. Mullon jedoch sah so aus, als habe er seinen Mut wiedergefunden.
„Unter diesen Umständen ist klar, was wir zu tun haben: Wir müssen uns damit abfinden, daß Hollander Herr des Schiffes ist. Ob er unter seinen Leuten Piloten hat, oder ob er Gefangene gemacht hat, die er dazu zwingen kann, das Schiff nach seinem Willen zu dirigieren, wissen wir vorläufig noch nicht. Wir werden es bald erfahren. Wir wissen aber eines: Hollander hat Waffen. Außerdem ist er skrupellos. Er wird versuchen, uns zu unterjochen. Wir müssen uns also ebenfalls Waffen beschaffen."
Er sah sich um. Die Logik seines Arguments schien jedermann einzuleuchten, aber an den Gesichtern war zu erkennen, daß niemand die Logik allein für ein ausreichendes Rezept hielt.
„Wo sollen wir sie hernehmen?" wollte O'Bannon wissen.
„Es ist Hollander sicher nicht gelungen, alle Leute der Besatzung zu überwältigen. Diese Leute müssen wir finden und hierherbringen. Und ihre Waffen auch." Milligan hatte plötzlich eine Idee. „Oben im K-Deck gibt es eine astronomische Beobachtungsstation. Sie ist mit vier Mann besetzt. Die Station ist Laien gewöhnlich unbekannt, es mag sein, daß Hollander sie übersehen hat."
„Wollen Sie mit ein paar Leuten hinauffahren?" fragte Mullon. Milligan nickte eifrig. „Sicher. Wenn wir den Zentralschacht nehmen, sind wir schnell oben."
Männer, die Milligan begleiten wollten, fanden sich mehr, als Milligan mitnehmen konnte. Er entschied sich für O'Bannon und Wolley als Begleiter.
Mullon blieb zurück und traf seine Anweisungen. Die erste Sorge galt den Frauen. Sie mußten umquartiert und in Gegenden untergebracht werden, die abseits von Hollanders vermutlicher Angriffsrichtung lagen und von den Quartieren der Naturphilosophen so weit wie möglich entfernt waren.
Von den viertausend Aufrechten Demokraten waren rund die Hälfte Frauen, fast alle im Alter zwischen zwanzig und dreißig Jahren. Mullon gab Fraudy den Auftrag, die Frauen zu unterrichten und ein Komitee zu bilden, das den Umzug arrangierte. Männer konnten zu diesem Zweck nicht entbehrt werden.
Hollanders Angriff war in jeder Sekunde zu erwarten.
Inzwischen fand sich die Vollversammlung zusammen. Mullon trug mit knappen Worten vor, was geschehen war. Die Versammlung mißbilligte in einer in harten Worten gehaltenen Resolution Hollanders Handlungen, stellte sich auf die Seite des Kommandanten - von dem keiner wußte, ob er überhaupt noch am Leben war - und forderte Hollander auf, den Kommandostand zu räumen und die Leitung des
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