0057 - Die Zombies
schon alt, das bewies das vergilbte Papier. Jemand hatte mit Tinte gemalt, die Umrisse waren verblaßt, aber noch zu erkennen.
Bill Conolly stand rechts neben mir und schaute ebenfalls. Der alte McBowen hielt sich zurück.
Die Zeichnung war in der Tat schlecht zu erkennen. Ich beugte mich weit über die Glasplatte. Die Umrisse des Monsters erinnerten an eine Riesenechse. Mit Mühe erkannte ich das geöffnete Maul, und es schien mir auch, als würde dort eine gewaltige Zunge herauszüngeln.
»Sind die Vitrinen nicht beleuchtet?« fragte ich Long Tom.
»Nein, Sir.«
Ich ging zur nächsten. Auch hier das gleiche Bild. Allerdings war die Zeichnung noch schlechter zu erkennen.
Ich las die Namen halblaut vor, die auf den Vitrinen standen.
»Diese Leute sind gestorben«, klärte mich Long Tom auf.
»Woran?«
Long Tom hob die knochigen Schultern, und sein Jackett geriet in schaukelnde Bewegungen.
»Den einen hat es auf einer Bootsfahrt erwischt, der andere ist beim Spaziergang umgekommen – und die beiden letzten?« Er hob die Schultern. »Das war vor meiner Zeit, ich weiß es nicht…«
»Wahrscheinlich sind sie ebenfalls auf eine sehr unkonventionelle Weise ums Leben gekommen«, vermutete ich.
»Das ist sicher«, meinte McBowen. Seine Stimme klang seltsam kratzig. Er fühlte sich in diesem Raum nicht wohl, das merkte man ihm an.
Bill Conolly hob die Schultern. »Das wär’s wohl«, sagte er. »Meinetwegen können wir gehen. Ich sehe mir das Monster lieber in natura an.«
»Spotten Sie nicht, Mr. Conolly«, sagte der alte McBowen warnend.
Ich war schon an der Tür. Long Tom schloß den Raum wieder hinter uns zu.
»Andere Dinge, die unmittelbar mit dem Monster zusammenhängen, können Sie uns nicht zeigen?«
»Doch«, meinte er zögernd.
»Was, zum Beispiel?«
»Wir müßten in den Keller runter.«
Ich lächelte. »Dann tun wir’s doch.«
»Ja – wie Sie meinen.« Long Tom ging vor uns her. Er stolperte fast über seine eigenen Füße, solch einen ondulierten Gang hatte der Knabe. Die Treppe zum Keller war noch steiler als die außen vor dem Haus. Hier konnte man sich sehr leicht den Hals brechen. Zudem hing die Decke tief, und Long Tom schlich fast in einer Haltung von neunzig Grad die Stufen hinab.
Auch Bill und ich mußten den Kopf einziehen.
Der Keller war ein regelrechtes Verlies. Dicke, feuchte Mauern rahmten die einzelnen Gänge ein. So etwas war für die Ewigkeit gebaut. Der breite Gang war voll gestopft mit Gerümpel aller Art. So mancher Trödler hätte daran seine helle Freude gehabt. Uns aber standen die Klamotten nur im Weg, und Bill stieß sich auch prompt das Schienbein. Er fluchte.
Wir schritten durch bis zur Gangmündung und stoppten schließlich vor einer mit Eisenbeschlägen versehenen Holztür. Es gab zwar elektrisches Licht, aber die einzelnen, mit Gittern versehenen Lampen hätte man mal entstauben müssen, damit sie auch ausreichend Licht spendeten. So waren sie nur mehr trübe Funzeln.
Der Museumshüter trug sämtliche Schlüssel bei sich. Wieder kramte er in seinen Taschen herum und fand den passenden Schlüssel.
Die Tür quietschte erbärmlich, als sie aufgezogen wurde.
»Gibt es im Keller auch Licht?« fragte ich.
Ohne sich umzudrehen, erwiderte Long Tom: »Nein.«
»Dann müssen wir hier Blindekuh spielen?« knurrte Bill.
»Es gibt Kerzen.«
Wenigstens etwas.
Wir blieben an der Tür stehen, und Long Tom wühlte irgendwo in den alten Sachen herum.
»Ich hab’s!« rief er und kehrte mit zwei dicken Kerzen zu uns zurück.
Bill hielt die Streichhölzer schon bereit und zündete die beiden Dochte an.
»Halten Sie mal.« Long Tom übergab mir die Kerzen.
Ich schritt hinter ihm in den Raum hinein. Bill hielt sich an meiner Seite, und McBowen blieb draußen.
Der Raum war mit allerlei Gerümpel gefüllt. Ich sah Spiegel an den Wänden hängen, dazwischen hüfthohe Kommoden stehen, viel, viel Staub bedeckte alles.
Long Tom streckte seinen hageren Zeigefinger aus, deutete in die Runde und zeigte dann auf eine Kiste.
Sie stand mitten im Raum.
In der Form erinnerte sie mich an eine alte Schatztruhe, wie man sie in Piratenfilmen oft sieht.
»Hier ist es drin.« Long Tom machte es geheimnisvoll.
»Was ist das?«
»Psst.« Er legte seinen Finger auf die Lippen und machte es verflucht spannend.
Im Licht der Kerzen sah sein Gesicht seltsam bleich aus, und auch die Augen flackerten unstet. Er senkte seine Stimme zu einem Flüstern und sagte: »Was ich Ihnen jetzt
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