0059 - Wir und das Goldene Pferd
meine Begriffe Es knackte und prasselte wieder im Lautsprecher, und dann hörten wir eine Stimme, die jeder Amerikaner kennt.
Meine Kameraden starrten mich hilflos an, als wenn ich ihnen das Rätsel hätte lösen können. Die Stimme gehörte tatsächlich dem Vizepräsidenten unseres Landes. Jedes Kind kennt sie!
»Liebe Freunde, ich freue mich, heute in Ihrem Kreise weilen zu dürfen und ergreife gern die Gelegenheit, einige Worte an Sie zu richten: Wir leben in einer schweren Zeit politischer Spannungen und sozialer Erschütterungen. Die Umwälzungen, die sich nach dem Ende des zweiten Weltkrieges anbahnten und unser Land in besonderem Maße berühren, können zu unabsehbaren Folgen führen. Bis an die Zähne gerüstet stehen sich Ost und West gegenüber. Eine Kurzschlusshandlung kann eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes auslösen. Diese Katastrophe zu verhindern, ist unsere Aufgabe. Die zur Führung Berufenen müssen ungeachtet ihrer poütischen Einstellung und ihrer Religion alles tun, was die gegenwärtigen Spannungen überwinden kann mit dem Ziel, für unsere Kinder und Enkel eine Welt zu errichten, in der jeder einzelne wieder frei von Furcht und frei von Not leben kann. Unser Bund widmet sich dieser Aufgabe in besonderem Maße. Die wenigen Auserwählten, die zu ihm gehören, werden kein Opfer persönlicher oder finanzieller Art scheuen, dieses erhabene Ziel zu unterstützen und voranzutragen. Ich richte deshalb den dringenden Appell an Sie, in dieser ernsten Stunde eingedenk Ihrer Pflicht zu bleiben, die Zeichen der Zeit zu erkennen und unsere Bestrebungen zu unterstützen. Das Goldene Pferd ist dazu berufen, hier bahnbrechend zu wirken. Maßnahmen seitens des Staates allein genügen nicht, um die Gefahr abzuwenden. Das Gewissen des ganzen Landes muss wachgerüttelt und die Privatinitiative jedes einzelnen aktiviert werden. Und das, ehe es zu spät ist. Seid einig, seid wachsam, bringt jedes Opfer und seid euch der Verantwortung gegenüber den noch Ungeborenen bewusst. Das Goldene Pferd wird von uns allen noch große Opfer fordern. Dass jeder sich der vollen Verantwortung bewusst bleibe und zu jedem Opfer bereit sei, ist mein Wunsch, meine Bitte an Sie alle!«
Damit war der besprochene Teil des Bandes zu Ende.
Wir ließen es selbstverständlich vollends ablaufen, hörten aber keinen Ton mehr.
»Ausgerechnet der Vizepräsident der USA unterstützt das Goldene Pferd«, murmelte Phil verständnislos. »Alles hätte ich erwartet, nur das nicht!«
Kein Wunder, dass ernst zu nehmende Geschäftsleute wie Gould und Haider bereit waren, ihre Taschen aufzuknöpfen und große Summen zu opfern, dachte ich.
Phil Decker sprach dann aus, was ich mich zu sagen scheute.
»Pass auf, Jerry. Wir haben eine unangenehme Aufgabe vor uns. Wir müssen sofort über die Zentrale nach Washington berichten und bitten, man möge Nixon befragen, wie er dazu kommt, für eine Verbrechergesellschaft zu werben.«
»Lassen wir doch das Band noch einmal ablaufen«, schlug Merker vor.
Wieder ertönte die Stimme des Vizepräsidenten.
»Vielleicht ist es gar nicht Nixon, der hier spricht, sondern ein Stimmenimitator«, bemerkte Phil.
Ich schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Für mich stejtit unumstößlich fest, dass wirklich Richard Nixon das Band besprochen hat. Er ist im Allgemeinen ein glänzender Redner, davon bemerke ich aber auf dem Band nichts. Seine Worte kommen so abgehackt, so unartikuliert aus dem Lautsprecher. Er beginnt einen Satz ganz hoch und wechselt nach zwei Worten die Stimmlage. Ein Wort spricht er langsam, das andere schnell…«
»Sehr richtig«, pf lichtete mir Phil überzeugt bei. »Es handelt sich hier tatsächlich um die Worte unseres Vizepräsidenten, Jerry. Sie mögen aus irgendeiner Rede stammen, die er vor einer Universität oder einem Senatsausschuss gehalten hat. Der geniale Kopf des Goldenen Pferdes hat diese Rede auf Tonband auf genommen und dann in mühevoller Kleinarbeit mithilfe eines zweiten Gerätes einzelne Wörter und Sätze zu einem neuen Sinn zusammengefügt, sodass auf dem zweiten Tonband die Rede erscheint, die wir eben gehört haben.«
Ich war der gleichen Meinung wie Phil.
»Genauso ist es, wie du gesagt hast, Phil, und nicht anders«, stimmte ich ihm zu. »Wir kommen dem Kern der Sache näher. Sich für Geheimgesellschaften zu interessieren ist ein hervorstechender Zug der amerikanischen Lebensart. Ein findiger Kopf machte sich das zu Nutze. Er gründete das Goldene Pferd. Dann trat
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