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006 - Der lebende Leichnam

006 - Der lebende Leichnam

Titel: 006 - Der lebende Leichnam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
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in dieser Gegend?«
    Sie sieht mich herausfordernd an:»Ja.«
    »Wollen Sie, dass ich irgendwo halte?« Um sie zu verwirren, sage ich wieder Sie zu ihr. Ihr Blick wird noch herausfordernder.
    »Hier arbeitet mein Verlobter.«
    »Wie interessant!«
    Lächelnd halte ich an. Mireille fühlt sich unbehaglich.
    »Tun Sie sich keinen Zwang an, Mireille. Ich verstehe Sie sehr gut. Oder sagen wir besser, ich habe resigniert.«
    Der spöttische Ton in meiner Stimme gibt den Ausschlag. Sie steigt aus dem Wagen aus. Ich zünde mir eine Zigarette an und sehe ihr nach, wie sie zur Tankstelle geht.
    Talber liegt unter einem Lastwagen, dessen Fahrer vor der Tankstelle auf und ab geht. Er muss Mireille gesehen haben, denn er kriecht unter dem Fahrzeug hervor und läuft ihr entgegen. Er strahlt über das ganze Gesicht.
    »Das ist aber eine Überraschung. Schatz! Wenn ich das gewusst hätte. Nur einen Augenblick. Ich muss noch schnell einen Bolzen anziehen.«
    Er gibt ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange und kriecht wieder unter den Lastwagen. Die Straße fällt steil ab. Die Vorderräder des Fahrzeugs sind mit Holzkeilen blockiert.
    Eine unerwartete Gelegenheit. Ich zögere keine Sekunde. Ich verlasse meinen Körper und laufe zu dem Lastwagen hin, dessen Tür offen steht. Ich klettere auf den Fahrersitz. Niemand hat etwas bemerkt.
    Hastig löse ich die Bremse, dann spring ich aus der Kabine. Ein Fußtritt gegen den rechten Keil, der auf die Fahrbahn springt, dann ein zweiter gegen den anderen, und ich laufe weg. Der schwere Lastwagen setzt sich sofort in Bewegung.
    Mireille und der Fahrer schreien entsetzt auf. Talber bleibt keine Zeit, unter dem Wagen heraus zu kriechen. Als ihn die Hinterräder überrollen, höre ich seinen gellenden Schrei. Immer schneller nähert sich der führerlose Lastwagen der Seine.
    Ich mache dasselbe wie im Park. Ich kehre aus der Entfernung in meinen Körper zurück und bin daher in der Lage, mich gerade in diesem Augenblick in dem Kabriolett aufzurichten, als Mireille auf ihren Verlobten, oder besser gesagt, was von ihm übrig ist, zuläuft.
    Ein Stück weiter oben in Richtung Brücke sehe ich einen Mann aus einem Wagen springen. Marlat!
    Der Schweinehund hat mir sein Auto geliehen, um mir zu folgen.
     

     
    Der Lastwagen stürzt donnernd in die Seine, und das Wasser spritzt hoch auf. Als ich Marlat die Straße herunter laufen sehe, erfasst mich blinder Zorn.
    Er hat mir nachspioniert. Jetzt kniet er vor dem leblosen Körper Talberts, dessen Schädel zerquetscht ist. Ich steige aus und nähere mich mit bestürztem Gesicht der Gruppe, um Mireilles Arm zu nehmen.
    Mit einer brüsken Geste wendet sie sich ab. Im gleichen Augenblick richtet sich Marlat auf und sieht mich durchdringend an.
    »So ein dummer Unfall!«
    »Die Bremse muss sich von selbst gelöst haben«, ruft der Fahrer aus.
    Marlat dreht sich nach ihm um.
    »Sind Sie sicher, dass Sie die Bremse richtig angezogen haben?«
    »Na, klar. Wie hätte ich sonst auf dieser steilen Straße halten können?«
    Er zuckt die Achseln und fügt noch hinzu:»Was ändert das schon an dem ganzen?«
    »Sehr viel.«
    Wieder ruht Marlats Blick auf mir. Ein misstrauischer, zweifelnder Blick. Wahrscheinlich glaubt er, dass ich imstande bin, aus der Entfernung Gegenstände in Bewegung zu setzen. Eine Fähigkeit, die ich vielleicht tatsächlich besitze. Wer weiß? Ich habe es noch nicht ausprobiert.
    Mireille folgt mir wortlos zum Wagen. Sie zittert am ganzen Körper.
    »Es tut mir leid für Sie.«
    »Sie sind an allem schuld.«
    »Ich?«
    »Der Doktor hat mir gesagt …«
    »Was hat er gesagt?«
    »Nichts.«
    In ihr tränenüberströmtes Gesicht kommt ein verschlagener Ausdruck, und ich packe sie am Arm.
    »Was hat Marlat dir gesagt?«
    »Lassen Sie mich los!«
    Ich kann mir jetzt keine Szene leisten. Schon haben sich Neugierige vor der Tankstelle versammelt. Während wir zum Wagen gehen, versuche ich, Mireilles Unterbewusstsein zu beeinflussen. Ihre feindselige Haltung verwirrt mich, und ihre Worte beunruhigen mich sehr.
    Keine Reaktion in ihren Gedanken, sie sind ganz durcheinander, vom Schmerz überwältigt. Sie hat sich Marlat anvertraut, der sie bestimmt vor mir gewarnt hat, weil ich seiner Meinung nach über hypnotische Kräfte verfüge.
    Mireille setzt sich in den Wagen. Sie weint bitterlich. Durchaus verständlich, aber trotzdem macht es mich rasend, und es fällt mir schwer, mich zu beherrschen. Was für einen Verdacht hegt man eigentlich gegen

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