006 - Der Teufelsbeschwörer
und ich zogen uns hastig zurück. Schleifende Schritte auf der Treppe. Wir preßten uns in eine Mauernische. Die Teufelsmönche bemerkten uns nicht. Sie schickten sich an, das Abbruchhaus zu verlassen.
Uns war bekannt, was sie vorhatten, und wir wußten auch, wer sie zu diesem Tun angestiftet hatte: Ein Mann namens Logan Temple.
Die Teufelsmönche sollten ihm Geld, Gold und Juwelen verschaffen. Es gibt viele Möglichkeiten, reich zu werden. Diese war die verwerflichste.
Logan Temple war in der Lage, die Satansmönche zu befehligen.
Sie gehorchten ihm. Das bedeutete für mich, daß er mächtiger war als die schwarzen Wesen. War er ein normaler Mensch? Oder steckte mehr in ihm? Ich nahm mir vor, mir den Knaben so bald wie möglich aus der Nähe anzusehen.
Im Moment war dafür keine Zeit, denn die Teufelsmönche hatten es auf Raoul Kellerman abgesehen, und hinterher wollten sie Patty Febbey dem Fürsten der Finsternis opfern.
Beides wollten Roxane und ich nicht zulassen.
Die Teufelsmönche lösten sich draußen im Regen scheinbar auf.
»Hör zu!« sagte ich hastig zu Roxane. »Du bleibst hier!«
»Glaubst du, daß das nötig ist?« fragte die Hexe aus dem Jenseits.
»Vorläufig hat Patty Febbey nichts zu befürchten. Für sie wird es erst kritisch, wenn die Teufelsmönche wieder vollzählig sind.«
Ich kräuselte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Man weiß nie, was diesen Brüdern einfällt. Sie sind unberechenbar. Ein grausamer Mordtrieb steckt in ihnen. Wenn die beiden dort unten diesen Trieb nicht bis zur Rückkehr der anderen unterdrücken können, ist Patty erledigt. Deshalb wirst du ein Auge auf sie haben. Aber greif die Mönche nur an, wenn es unbedingt sein muß. Ansonsten wartest du, bis ich wieder bei dir bin, und dann packen wir sie gemeinsam.«
»In Ordnung, Tony.«
»Kann ich mich auf dich verlassen?«
»Selbstverständlich.«
»Dann sehe ich jetzt mal, was ich für Raoul Kellerman tun kann.«
***
George Gabby kam aus dem Boxring. Ein Schwergewicht mit ungeheurer Rohkraft. Er hatte alles zertrümmert, was man ihm vor die Fäuste stellte, und man sagte ihm eine großartige Karriere voraus.
Die Gegner machten ihm das Siegen zu leicht. Er fing an, sie nicht mehr ernst zu nehmen, und er sah nicht ein, warum er sich so hart auf seine Kämpfe vorbereiten sollte, wenn er die Kontrahenten auch so mit seinen Fäusten mühelos niederknüppeln konnte.
Er trainierte nur noch, wenn es ihm Spaß machte, und das war reichlich selten der Fall. Er sprach dem Alkohol tüchtig zu und hatte stets ein anderes Mädchen im Schlepptau.
Als es sein Manager wagte, ihm zu sagen, daß sich dieser Lebenswandel schon bald rächen würde, brach er ihm mit einem Faustschlag den Kiefer. Es tat ihm hinterher nicht leid. Er suchte sich einen anderen Manager, bei dem er machen konnte, was er wollte, und schon der nächste Fight brachte ihn hart an den Rand des Abgrunds. Zweimal rettete ihn nur noch der Gong vor der Katastrophe. Anstatt sich das zu Herzen zu nehmen, setzte Gabby seinen unverantwortlichen Lebenswandel fort, und alle sahen seine schmachvolle Niederlage schon voraus, nur er nicht.
Nach einer durchzechten und durchliebten Nacht stieg er wieder in den Ring und bezog von einem viel schwächeren Gegner so schwere Prügel, daß er nach dem Kampf zwei Wochen in ein Sanatorium mußte.
Körperlich erholte er sich von dieser Niederlage zwar wieder, aber seelisch nicht. Innerlich blieb er ein Wrack. Er versuchte mit mehr Alkohol und Kokain aus der Krise zu kommen. Die Mädchen an seiner Seite wechselten noch schneller. Das alles riß ihn aber nur noch mehr nach unten.
Bald war er nur noch Prügelknabe für zweitklassige Boxer.
Schulden, Gerichtsverfahren, Gefängnis – das waren seine Stationen.
Und im Knast lernte er Jeremy Church kennen, einen Gangsterboß, für den er heute arbeitete. Gab es einen Typ, der nicht nach Churchs Pfeife tanzen wollte, dann marschierte George Gabby los.
Renitente Burschen und säumige Zahler wurden von Gabby weichgeklopft. Dafür reichte seine Kraft immer noch. Otto Normalverbraucher mußte immer noch vor seinen Fäusten zittern.
Gabby saß verdrossen auf dem Beifahrersitz und rümpfte die gebrochene Nase. »Keinen Hund jagt man bei diesem Wetter auf die Straße«, brummte er. »Es ist auch weit und breit kein Mensch zu sehen. Nur wir sind so verrückt…«
»Trag’s mit Fassung, George«, sagte der Fahrer und grinste. Sein Name war Trevor Bloom. Er war um einen Kopf kleiner
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