006 - In der weißen Hölle
wandte Sam ein.
Matt schaute auf, sandte der jungen Narka einen durchdringenden Blick.
»Dann möge Wudan Alcam gnädig sein«, sagte er leise.
***
Die Frau kauerte auf dem nackten Boden. Den Männern, die sich geifernd und lärmend am Eingang des Zeltes drängten, hatte sie den Rücken zugewandt. Eine Kette, die an die vier Ellen maß und um eins ihrer Fußgelenke gelegt war, hinderte sie an der Flucht. Die Frau war eine Barbarin. Sie trug nichts als einen knappen Lendenschurz aus Fell. Das schwarzblaue Haar reichte ihr bis an die Hüften. Ihre Haut war von Staub und Schmutz bedeckt; sie wirkte verwahrlost, hilflos und eingeschüchtert - Freiwild für die Männer in den derben Rüstungen aus Fell und Eisen…
»Hallo, meine Schöne!« rief einer von ihnen.
»Warum so allein? Ich könnte dir Gesellschaft leisten…«
Seine Kameraden lachten rau - sie wussten genau, welche Art von Gesellschaft ihr Kumpan meinte. Der Kerl -ein Hüne von einem Krieger, der eine hässliche Narbe über der Visage trug, trat vor, näherte sich der wehrlosen Gefangenen.
»Los, Bruunt!« schrie einer seiner Kameraden. »Nimm sie dir…!«
»Ja, hol sie dir«, echote die Meute begeistert, lüstern vor schmutziger Begierde. »Bruunt«, begannen sie seinen Namen zu skandieren, »Bruunt, Bruunt…«
Angefeuert durch das Geschrei der anderen wagte sich der Krieger weiter vor. Hastig begann er die Teile seiner Rüstung herabzuzerren, entledigte sich des Fellhemdes, das er trug. Sein nackter, vor Erregung schwitzender Oberkörper kam zum Vorschein. Er streckte die Hand aus, berührte die Frau, die reglos am Boden kauerte, an der Schulter.
»Hey, Mädchen!« rief er mit blödem Grinsen.
»Hier ist der alte Bruunt - ich hab was für dich…«
Die junge Frau würdigte ihn keines Blickes.
»He, du Wilde!« herrschte er sie an, packte sie an der Schulter und wollte sie gewaltsam zu sich herumdrehen.
In diesem Moment kam Leben in die junge Frau.
Unerwartet explodierte ihr vermeintlich zarter Körper in einer plötzlichen Bewegung.
Blitzschnell war sie auf den Beinen, schüttelte seinen Griff von sich ab. Im nächsten Augenblick zuckte ihr rechtes Bein hoch und hämmerte mit vernichtender Wucht dorthin, wo sich der Ursprung von Bruunts flegelhaftem Benehmen befand. Der Hüne erstarrte in seiner Bewegung. Seine Augen rollten wild in den Höhlen umher, dann sank er winselnd zusammen, krümmte sich im Staub. Das grobe Gelächter seiner Kameraden erstarb jäh.
Die junge Frau stand über ihm, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und blickte triumphierend auf ihn herab. Bruunt biss die Zähne zusammen, versuchte aufzustehen, doch der heftige Schmerz, der in seiner Leibesmitte pulsierte, hielt ihn davon ab. Stöhnend sank er wieder zurück in den Schmutz.
»Mein Name ist Aruula«, wandte sich die junge Frau seinen Kameraden zu und taxierte sie mit stechenden Blicken. »Ich bin Kriegerin von Sorbans Stamm. Und wer mich haben will, der muss mich zuerst besiegen.«
Die Männer in den Rüstungen schauten einander fassungslos an, wussten nicht, worüber sie sich mehr wundern sollten - darüber, dass die Gefangene Bruunt fertiggemacht hatte oder dass sie sie zum Kampf herausforderte.
Für Augenblicke standen die Männer unbewegt. Dann sprang einer, der sich wohl in seiner Ehre besonders gekränkt fühlte, vor und näherte sich der Barbarin mit wüstem Kampfgebrüll.
Aruula blieb unbeeindruckt.
Geschmeidig unterlief sie den Angriff ihres Gegners, duckte sich, als seine Faust nach ihr schlug - und befördert ihn mit einem gekonnten Schulterwurf über sich hinweg. Hart landete der Kerl auf dem Boden. Knochen knackten.
Im nächsten Moment war ein weiterer Krieger heran. Auch er beging den Fehler, sich zu weit in Aruulas Aktionsradius zu wagen - ihre rechte Hand, deren Finger sie wie die Krallen eines Raubtiers hielt, fuhr in sein Gesicht und riss eine blutige Wunde. Brüllend vor Schmerzen stürzte der Mann davon.
Seine Kumpane waren ein wenig schlauer und blieben außerhalb des Bereichs, den die Kette Aruula ließ. Schnaubend vor Wut blitzte die junge Frau die Männer an. Unbändiger Zorn wallte durch ihre Adern und ließ ihre nackte Brust erbeben.
Hier und da sprang einer der Männer vor, wollte sein Glück versuchen -aber sofort fuhr Aruula herum und verteidigte ihr Territorium wie ein Raubtier, das in die Enge getrieben worden war. Sie drehte sich knurrend um ihre Achse, ließ die Gegner nicht aus den Augen. Dennoch wusste sie, dass sie
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