0061 - Kino des Schreckens
geschah dreierlei.
Während ich auf ihn zuhechtete und er abdrückte, wurde Suko plötzlich lebendig. Seine Hand griff wie eine Stahlklammer zu, legte sich um Potters Knöchel. Ein harter, heftiger Ruck, und James Potter verlor den Boden unter den Füßen.
Er knallte hin.
Dicht neben Sukos Ohr sägte die Kugel in den Boden und fetzte das alte Parkett auf.
Ich aber hechtete über Suko hinweg und prallte gegen Potters Beine. Er schrie auf, versuchte das Gewehr zu drehen und die Mündung gegen meinen Körper zu drücken.
Ich hämmerte mit der Handkante gegen den Lauf und brachte ihn aus meiner Richtung.
Potter drückte zwar noch ab, doch das Projektil pfiff an meinem Kopf vorbei und klatschte in die Holzwand an der Seite, wo es ein faustgroßes Loch hinterließ.
Zu einem dritten Schuß ließ ich Potter nicht mehr kommen. Meine Faust flog zwischen seinen Armen hindurch und traf sein Gesicht, als er sich aufrichten wollte.
Potter flog zurück.
Sukos Stöhnen lenkte mich für einen winzigen Moment ab, und die Chance nutzte Potter. Er trat nach mir, traf mich auch, und noch bevor ich es verhindern konnte, sprang er auf.
Geduckt rannte er weg.
Ich zog die Beretta.
James Potter hetzte weiter. Einen Menschen in den Rücken zu schießen, kam für mich nicht in Frage.
»Stehenbleiben!« Meine Stimme hallte durch den leeren Kinosaal.
Potter hörte nicht, oder wollte nicht hören. Zwei Sekunden später hetzte er schon den anderen Ausgang hoch, blieb aber dann stehen, fiel auf die Knie, drehte sich und riß das Gewehr an die Wange.
Er schoß sofort.
Ich zögerte immer noch damit, das Feuer zu erwidern, warf mich statt dessen zur Seite und hörte die Kugel pfeifen. Sie zertrümmerte einen der Blumentöpfe mit den künstlichen Pflanzen.
Dann zog ich durch.
Hastig zog Potter seinen Kopf ein, als die Kugel dicht über die Sessellehnen strich und auch ihn nur knapp verfehlte. Er machte sich noch kleiner und kroch in eine Reihe.
Jetzt sah ich ihn nicht mehr.
Ich warf einen Blick zu Suko hinüber. Er hatte sich halb aufgesetzt und versuchte ein Grinsen.
»Wie geht’s dir?« zischte ich.
»Schlecht. Der Nebel… ich – ich bin noch immer nicht ganz auf der Höhe.«
»Bleib in Deckung«, riet ich ihm und kroch ein paar Schritte zur Seite. Zwischen Potter und mir hatte jetzt so etwas wie ein Stellungskrieg begonnen, den nur derjenige gewinnen konnte, der die besseren Nerven besaß.
Ich hoffte, daß ich es war.
Kurz hinter der Reihenmitte hielt ich inne. Ich wartete einige Sekunden ab und hob dann den Kopf, wobei ich über die Rückenlehnen der Sitze hinwegpeilte.
Es war zu dunkel. Von James Potter sah ich nicht eine Haarspitze. Ich biß mir auf die Lippen. Es war ruhig geworden. Kein Atmen, kein verräterischer Laut durchbrach die Stille. Der Nervenkrieg näherte sich dem Höhepunkt.
Mir fiel ein alter Westerntrick ein, den ich versuchen konnte. Ich durchwühlte meine Taschen und fand noch eine fast volle Schachtel Zündhölzer. Die klemmte ich mir zwischen Daumen und Zeigefinger. Aus dem Handgelenk warf ich die Schachtel.
Sie beschrieb einen Halbbogen über die Sitzreihen, tickte auf die Oberkante eines außen stehenden Sessels und rutschte von dort aus in den Gang.
Potter hörte das Geräusch.
Er flitzte aus seiner Deckung hoch.
Schemenhaft sah ich seine Gestalt. Und dann blitzte das Mündungsfeuer auf und zerriß für einen Moment das Halbdämmer.
Potter hatte sich bluffen lassen. Er schoß dorthin, wo die Schachtel zu Boden gefallen war.
»Waffe weg!« brüllte ich.
Er fuhr herum.
»Nein!« schrie er, und da wußte ich, daß er schießen würde. Ich kam ihm zuvor.
Die Beretta blaffte auf. Im nächsten Augenblick zuckte Potter zusammen. Etwas polterte. Dann fiel James Potter nach hinten und blieb schräg in einem Sitz hängen.
Wir hörten sein leises Stöhnen.
Ich rannte zu ihm. Dabei quetschte ich mich durch die Sitzreihe, stieß mit der Fußspitze gegen das am Boden liegende Gewehr und beugte mich über James Potter.
Auch in dem herrschenden Zwielicht erkannte ich den nassen roten Fleck in Brusthöhe. Potters Mondgesicht war kalkig weiß. Er atmete schwer. Wenn er nicht sofort in die Hände eines Arztes geriet, war er verloren.
Ich rannte zurück.
An der Tür stand die Frau.
Als sie mich sah, begann sie zu schreien. »Mörder!« brüllte sie mich an. »Du dreckiger Mörder!«
Ich packte sie an beiden Schultern. »Ihr Mann ist nicht tot!« schrie ich zurück. »Wo ist das Telefon? Ich brauche
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