0061 - Unser Mann kam aus Neapel
weiß, dass wir, die italienische Polizei, ihn ohnedies wegen Mordes suchen.«
Ich rieb mir das Kinn. »Welche Chance haben wir also noch?«
»Es ist unwahrscheinlich, dass der Hinker Cavari durch seine Leute erledigen lässt. Ein solcher Mord an einem Mitglied der Bande würde seiner eigenen Gang um den Zusammenhalt bringen. Er wird Cavari Greggs Leuten in die Hände spielen. Wenn Sie und wir Alec Gregg sorgfältig beobachten, müsste es uns eigentlich gelingen, rechtzeitig dazwischenzufahren.«
Mir gefiel der Vorschlag wenig. »Ein riskantes Verfahren. Wir könnten im Ernstfall um Sekunden zu spät kommen.«
Tebaldi zuckte die Achseln-. »Es ist der einzige Weg, den ich weiß.«
Über die Organisation der Überwachung von Greggs Schiff einigten wir uns rasch. Unser Hotel in Sorrent wurde zu einer Art Hauptquartier, und der Kommissar stellte uns eine Anzahl seiner Leute zur Verfügung, die wenigstens einiges Englisch konnten. In einem gewissen Turnus sollten sie tagsüber die Jeanne im Auge behalten. Für die Nacht wurde in einem der Fischerhäuser ein Zimmer beschafft, von dem man Greggs Schiff ständig beobachten konnte. Wenn etwas passierte, sollten wir in unserem Hotel zuerst alarmiert werden, damit wir die Spur halten konnten, und wenn es dann ganz ernst werden sollte, so würden wir hoffentlich ein Telefon finden, um Tebaldi und ein Einsatzkommando herbeizurufen.
***
Ungefähr sechs Tage lang geschah nichts. Genauer gesagt: Es geschah nichts wirklich Wichtiges. Insgesamt klingelte in diesen sechs Tagen neunmal das Telefon, und der Mann, der die Hafenwache hielt, meldete: »Mister! Mister! Leute fahren mit Auto in Richtung Neapel!«
Phil und ich stürzten in solchen Fällen zu unserem Wagen und rasten los. Da es von Sorrent aus nur zwei Wege gab, entweder nach Neapel oder weiter die Küste entlang nach Amalfi, schafften wir jedes Mal den Anschluss, aber die Ergebnisse unserer Bemühungen waren enttäuschend. In einem Fall begab sich die Horde von Greggs Gorillas zum Fischen, in einem anderen landeten sie in einer Trattoria, wo sie viel mehr Wein tranken, als sie vertragen konnten, und ihre Nachtausflüge endeten jedes Mal in irgendeiner Spelunke in Neapel.
Einmal besuchte uns Tebaldi. Im Gegensatz zu uns war er glänzender Stimmung. .
»Ich hoffe, dass der Hinker bald fällig ist«, versicherte er. »Seine Macht zerbröckelt, seine Gang beginnt zu zerfallen. Schon kann er auf die Leute, die er nur gelegentlich verpflichtet hat, nicht mehr rechnen. Ich habe dafür gesorgt, dass es sich herumspricht, dass die Polizei einen Haftbefehl und auch Beweise gegen ihn besitzt und dass er nicht mehr unantastbar ist. Die Folge ist, dass viele versuchen, sich zu retten und jede Verbindung zu ihm abbrechen. Natürlich hält der engere Kreis, seine Leibgarde, noch zu ihm, aber auch dort beginnt die Panik sich auszubreiten. Gestern bekam ich einen Anruf von einem Mann, der seinen Namen nicht nennen wollte, der aber sehr scharf darauf war, mit mir ein Geschäft abzuschließen. Er wollte mir den Hinker liefern. Am Anfang wollte er dafür eine Belohnung, am Ende unserer Unterredung wäre er auch mit einer Zusicherung der Straffreiheit zufrieden gewesen. Es muss sich also um einen Burschen aus dem engeren Kreis handeln, sonst könnte er den Aufenthaltsort des Hinkers nicht wissen. Ich hielt ihn hin, und ich zweifelte an, dass er überhaupt in der Lage sei, mir die Informationen zu verschaffen, mit denen er sich brüstete. Zum Beweis sagte er etwas, dass auch Sie interessiert. Er behauptete, der Hinker habe vor zwei Tagen wieder mit dem amerikanischen Mister telefoniert. Man habe erneut über die Auslieferung Cavaris verhandelt, sei sich aber nicht einig geworden. Ein neues Telefongespräch sei verabredet worden.«
Diese Mitteilung des Kommissars war interessant und beunruhigend zugleich. Die Lage spitzte sich also zu, und einer der nächsten Ausflüge von Robsten und Konsorten konnte ein anderes Ziel haben als nur die Vertilgung einer Menge Rotweins.
»Der Anrufer versprach, dass er sich erneut melden würde, wenn er Neues in der Angelegenheit Gregg hören sollte.«
***
Der Hinker, der einmal auf den Namen Antonio Maruzzo getauft worden war, hatte mehrere Wohnungen in Neapel, aber seitdem er wusste, dass die Polizei ihn verhaften würde, wenn sie ihn fand, hielt er sich in einem Landhaus in der Nähe von Pozzuoli auf, das am Meer lag, das leicht zu verteidigen war und das ihm nötigenfalls den Rückzug über den Golf
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