0062 - Der tödliche Zauber
voller Entsetzen.
Er war ratlos, wußte nicht, was er tun sollte.
Als der Schwarze Branko die Hand mit dem Amulett auf die Stirn Bill Flemings senkte, war Nicole es, die die Initiative ergriff.
Mit einem schneidenden »Halt! Ich begehre diesen Mann!« trat sie aus dem Schatten des Planwagens, neben dem sie mit Zamorra gestanden hatte, hinein in den Lichtkreis des großen Lagerfeuers.
***
Die Köpfe der im Gras Sitzenden zuckten wie an einer Schnur gezogen herum. Wer wagte es, diese Feier zu stören?
Nicole Duval faßte sich ein Herz und trat vollends hervor. Fast bereute sie schon, diesen tollkühnen Schritt getan zu haben. Doch nun gab es kein Zurück mehr für sie.
Wohl oder übel mußte Zamorra ihr folgen.
Auch Bill Fleming hatte aufgeschaut. Zu Zamorras Entsetzen und zugleich auch Erleichterung gab er durch keine Regung zu verstehen, daß er seine Freunde erkannt hatte.
War ihre Verkleidung so perfekt, oder hatte der Satan bereits von ihm Besitz ergriffen und kamen sie zu spät?
Nicole, die ihr goldblondes Haar unter der schwarzen Stola verborgen hatte, war durch nichts von einer Zigeunerin zu unterscheiden. Sie trat weiter vor auf den Holzsessel zu, in dem das Horrorwesen aus dem Jenseits hockte.
Furchtlos blickte sie ihm in sein widerwärtiges Antlitz.
»Ich begehre diesen Mann ebenso wie die Frau dort es tut. Es ist Gesetz, eine Zigeunerhochzeit zu unterbrechen, wenn sich eine weitere Bewerberin um einen Mann einfindet. Ich weiß auch, was ich jetzt zu tun habe.«
Der Schwarze Branko hatte plötzlich einen Glanz der Begeisterung in den Augen. Mit einer achtlosen Geste schob er Bill Fleming zur Seite. Der erwachte nur langsam aus seiner Trance, und es dauerte noch einige Sekunden, ehe er den Befehlen seiner Schergen gehorchen konnte. Aber dann erhob er sich und ließ sich willenlos fortführen.
Zamorra achtete genau darauf, wohin die Satansdiener mit seinem Freund verschwanden. Wenn es darum ging, ihn schnell befreien zu müssen, wollte er nicht lange suchend im Lager der Satanssippe herumlaufen.
Der Schwarze Branko erhob sich. Grinsend rieb er seine Handflächen gegeneinander. Ein Knistern ertönte, als würden Pergamentseiten gegeneinandergescheuert. Das Geräusch ging der jungen Französin durch Mark und Bein.
Auf einen Wink hin wurde Mercedes Ruiz, die teilnahmslos den Ereignissen gefolgt hatte, ein Stück weggeführt. Dort riß man ihr das Kleid kurzerhand vom Körper.
»Du weißt, daß du um den Mann kämpfen mußt«, knurrte der Schwarze Branko. In seiner Stimme schwang Vorfreude auf das nun Stattfindende mit. »Du kennst die Gesetze der Zigeuner. Die Siegerin wird ihn bekommen. Sie darf ihn heiraten. Doch erst ein Kampf. Es geht dabei um Leben und Tod. Jede von euch bekommt ein Messer in die Hand. Damit könnt ihr machen, was ihr wollt. Ihr könnt damit auch eurem eigenen Leben ein Ende setzen, wenn ihr die drohende Niederlage seht und die Schmach des Verlierens nicht ertragen wollt.«
Nicole nickte. Sie war zu allem entschlossen. Dann wandte sie sich zu Zamorra um.
»Der dort ist mein Bruder«, sagte sie. »Er muß aber im Falle meiner Niederlage ungeschoren davonkommen. Er kann nichts dafür, daß ich diesen Mann begehre.«
Branko sah den Professor an. Er kniff mißtrauisch die Augen zusammen, doch dann nickte er zustimmend.
»Gut, es soll sein. Er wird gehen können, wohin er will, wir werden ihn nicht aufhalten.«
Zamorra kroch es eiskalt über den Rücken. Das Lächeln, das der Schwarze Branko ihm gönnte, steckte voller Falschheit und Betrug.
Zamorra war sich ganz sicher, daß er das Lager dieser Höllensippe nicht mehr lebend verlassen würde, falls er nicht einen guten Einfall hatte.
Da unterbrach wieder Nicole Duvals Stimme das lastende Schweigen.
»Vor dem Kampf will ich aber mit meinem Bruder noch einige Worte wechseln. Ich habe ihm noch etwas zu sagen. Es ist sehr wichtig für mich.«
Der Schwarze Branko nickte mit einer Miene, die wohl Gnade ausdrücken sollte.
Nicole ging zu Zamorra hinüber. Sie nahm seinen Arm und führte ihn ein Stück von dem Zigeunerdämon und seinem Thron fort.
»Bist du denn wahnsinnig geworden«, waren Zamorras ersten Worte, als sie außer Hörweite waren. »Du führst uns noch kaltlä- chelnd ins Verderben. Glaubst du wirklich, daß dieser Schwarze Branko es ehrlich meint? Vergiß nicht, daß er mit dem Satan im Bunde ist. Und was das bedeutet, brauche ich dir ja wohl nicht zu sagen.«
Nicole legte beschwörend die Finger auf die
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