0062 - Die blauen Zwerge
neben der Laterne sitzen und unterhielt sich leise mit den Mungos. Sie antworteten, aber keiner verstand den anderen.
Etwa alle Viertelstunde sah Fraudy nach dem Kranken, und jedesmal begleitete sie der eine Mungo, der der Anführer der Gruppe zu sein schien. Milligan schlief fest und ruhig.
Zwei Stunden später erwachte Pashen von selbst und kam aus seinem Zelt. Er war verwundert, daß man ihn hatte schlafen lassen. Fraudy erklärte ihm, was geschehen war und, daß er in regelmäßigen Abständen nach Milligan sehen müsse. Sie übergab außerdem die sechs Mungos seiner Obhut und legte sich dann schlafen.
*
Als Fraudy wieder erwachte, war es draußen immer noch finster. Über der Ostwand des Tales zeigte sich blasser Schimmer, aber bis zum Sonnenaufgang würden mindestens noch anderthalb Stunden vergehen.
Mullon war nicht mehr im Zelt. Fraudy hörte ihn draußen leise mit Pashen reden. Sie stand auf, wusch sich in dem kleinen faltbaren Plastikbecken, das mit einem Wasserreservoir von achtzig Litern zu jeder Zeltausstattung gehörte, und ging hinaus.
Das Bild hatte sich nicht verändert. Pashen und Mullon saßen zusammen vor Milligans Zelt, die kleine Lampe brannte, und die Affen hockten rings um sie herum.
Die beiden Männer erhoben sich, als sie Fraudys Schritte hörten .
„Milligan geht es gut", sagte Mullon, ohne ihre Frage abzuwarten. „Er schläft tief und fest, und ..."
„Und...?"
„Die blauen Flecken sind verschwunden!"
„Nein...!" Mullon nickte ernst. „Doch. Es ist ein Wunder, aber es ist so." Fraudy beugte sich zu den Mungos hinunter und strich einem nach dem anderen zärtlich über die Köpfe.
„Wir müssen ihnen ein Geschenk machen!" entschied Fraudy.
Damit ging sie zum Vorratszelt hinüber und fing an, in den Vorräten zu wühlen. Nach einer Weile kehrte sie zurück. In den Händen hielt sie große Stücke grellgelben Tuches. Mullon fuhr in die Höhe. „Die Markierungstücher von Schwimmwesten! Bist du bei Trost, Fraudy?"
„Nur von einer Schwimmweste", korrigierte ihn Fraudy. „Na, und? Hast du hier schon einmal so viel Wasser an einer Stelle gesehen, daß man eine Schwimmweste gebrauchen könnte?"
„Es gibt Meere auf Gray Beast", antwortete Mullon. „Aber ..."
„Ach was, du bist ein Geizhals", unterbrach ihn Fraudy ärgerlich. „Diese kleinen Kerle haben Milligan wieder auf die Beine geholfen, und jetzt willst du sie ohne Belohnung abziehen lassen. In Greenwich gibt es genug bunte Tücher, so, daß wir das Signaltuch an die eine Weste wieder annähen können."
Mullon erwiderte nichts mehr. Fraudy kniete nieder und händigte den Mungos ihre Geschenke aus.
Die Tierchen preßten den Stoff mit den Händen an den Körper, wie man ein Kleid zum Anprobieren vor sich hält, und führten einen wahren Freudentanz auf.
Fraudys Augen leuchteten, und auch Mullon und Pashen waren von diesem plötzlichen Ausbruch der Begeisterung so überrascht, daß sie nicht bemerkten, wie sich hinter ihnen die Zelttür hob und Milligan heraustrat.
„Ich bin wieder da!" erklärte er einfach. Mullon fuhr herum. „Wie fühlen Sie sich?" wollte er wissen. „So kräftig wie nie zuvor", antwortete Milligan. „Dieses Zeug muß eine Teufelsmedizin gewesen sein. Ich wollte, wir könnten für die Kranken in Greenwich ein wenig davon mitnehmen." Mullon lachte. „Wissen Sie überhaupt, was Sie da getrunken haben?" Milligan schüttelte den Kopf. „Na, gut, jetzt kann ich es Ihnen ja sagen: Es waren zerkaute Blätter mit Affenspeichel.
Milligan riß die Augen weit auf und schüttelte sich. „Ist das wahr?" Mullon erzählte ihm, wie die seltsame Medizin zubereitet worden war.
„Na, dann prost", ergänzte Milligan. „Aber ich muß sagen: Gewirkt hat es wunderbar!"
3.
Bei der nächtlichen Alchimie war ein einziges der grünblauen Medizinblätter dem kauenden und spuckenden Eifer der Mungos entgangen. Mullon benutzte dieses Blatt, um den Affen klarzumachen, daß er gern mehr Blätter hätte. Mullon ging sogar noch weiter: Er versuchte, den Mungos zu erklären, daß es dort, wo er herkomme, eine Menge Leute gebe, die ebenso krank waren wie Milligan und, daß er sie auch heilen wolle.
Die Affen verstanden. Eine Stunde später hatte Mullon soviel Blätter, daß er befürchtete, er werde sie nicht alle im Helikopter unterbringen können.
Aus Glannons zwanzigstündiger Ruhepause wurde nichts. Es waren erst zehn Stunden vergangen, als Harper ihn weckte und ihn zwang, einige Schlucke aus
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