0062 - Guru der Toten
Folter zu spannen?«
Wiggins griente. »Haben Sie das Geld dabei, Miß Collins?«
»Auf den Penny genau.«
»Darf ich mal sehen?«
»Darf ich mal hören?« gab Jane lächelnd zurück.
»Sie sind ‘ne prima Geschäftsfrau, Miß Collins.«
»Ich bin nichts weiter als ein Mädchen, das sich in dieser Männerwelt zu behaupten versteht. Würden Sie mir jetzt sagen, was ich wissen möchte?«
»Es war nicht einfach, Jock Oberons Versteck ausfindig zu machen«, sagte Rick Wiggins.
»Sagen Sie das, um den Preis für die Information nach oben zu schrauben? Ich finde, hundert Pfund sind eine stolze Summe, wenn man bedenkt, daß ich dafür nichts weiter als eine Adresse kriege.«
»Oberon erfährt hoffentlich nicht, wer Ihnen…«
»Keine Sorge, Rick. Ihr Name wird nicht über meine Lippen kommen.«
»Das ist gut«, dehnte der Spitzel. Er räusperte sich, kratzte sich hinter dem Ohr, nahm einen Schluck von seinem Scotch und nannte dann endlich Oberons derzeitige Adresse.
Jane Collins blätterte den vereinbarten Betrag auf den Tisch.
Rick Wiggins schnappte sich das Geld und steckte es schnell weg. Jane hob den Zeigefinger. »Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich wiederkomme und das Geld zurückverlange, falls Sie mir eine Niete angedreht haben, Rick.«
Wiggins legte beide Hände auf seine Brust. »Hören Sie, Miß Collins, wollen Sie mich beleidigen? Habe ich schon mal Geld für eine Information genommen, die nicht richtig war?«
»Könnte ja mal passieren.«
»Nicht bei mir.«
»Um so besser«, sagte die Privatdetektivin und erhob sich.
Rick Wiggins schaute zu ihr hoch.
»Seien Sie vorsichtig, Miß Collins. Jock Oberon ist ein gefährlicher Bastard. Er ist zu jeder Gemeinheit fähig. Und es wäre verdammt schade, wenn ein so bildhübsches Ding wie Sie…« Der Spitzel brach verlegen ab und hüstelte. »Sie wissen schon, was ich sagen will.«
»Ich weiß es«, erwiderte Jane. »Sie befürchten, daß eine gute Geldquelle für immer versiegen könnte, wenn Jock Oberon mich…«
»Verdammt, das habe ich nicht gemeint!« protestierte Rick Wiggins.
»Ich werde mich vorsehen«, versprach Jane Collins und verließ die Kneipe, wobei ihr so ziemlich alle Männeraugen folgten, was sie als Kompliment wertete.
Sie setzte sich in ihren uralten VW. Der Wagen war – das sah man ihm nicht an – frisiert und ging ab wie die Feuerwehr, wenn es sein mußte.
Jane ließ ihn anrollen. Auf Direktkurs steuerte sie die Straße an, die ihr Rick Wiggins genannt hatte.
Ein angenehmes Prickeln erfüllte sie. Endlich würde sie den Fall abschließen können.
Jock Oberon würde seiner gerechten Bestrafung zugeführt werden. Er würde wahrscheinlich lebenslänglich kriegen – und somit gab es in dieser Stadt einen professionellen Killer weniger.
Nach einer Fahrzeit von zwölf Minuten erreichte die Detektivin ihr Ziel. Sie stellte ihren Volkswagen in einer düsteren Seitenstraße ab und legte den Rest des Weges zu Fuß zurück.
Gelächter im Billardsaal.
Deftige Sprüche. Ordinäre Bemerkungen.
Jane Collins überhörte sie, eilte auf das Haustor zu, drückte es auf und entnahm der Tasche ihrer Wolfsfelljacke ihre kleine Astra-Pistole.
Jane konnte mit dem Ding, das wie ein Spielzeug aussah, ziemlich gut umgehen. Mit ihrer Treffsicherheit hatte sie John Sinclair nicht erst einmal verblüfft.
Die Detektivin betrat das Gebäude, das bald abgerissen werden sollte. Sie lief die Stufen hinauf.
Jock Oberons Versteck war die Wohnung über dem Billardsaal, hatte Rick Wiggins gesagt. Dorthin war die Detektivin unterwegs.
Sie erreichte den ersten Stock, schlich den Gang entlang, auf die Tür zu, hinter der sich der Profi-Killer verbarg.
Oberon würde aus allen Wolken fallen, wenn er sah, wer ihn besuchte. Er würde zum erstenmal in seinem Leben so perplex sein, daß es vermutlich nicht schwierig sein würde, ihn zu überrumpeln.
Jane Collins hoffte jedenfalls, daß sich die bevorstehenden Ereignisse in diesen Bahnen bewegen würden.
Doch es sollte anders kommen.
Ganz anders!
Das blonde Mädchen erreichte die Tür. Plötzlich wurde ihr ein harter Gegenstand gegen die Wirbelsäule gedrückt, und eine gefährlich knurrende Stimme befahl: »Patschhändchen hoch, Miß Collins, sonst knallt’s!«
***
Jane spürte, wie ihr Mund trocken wurde. Jock Oberon war es gelungen, sämtliche Trümpfe in seine Hände zu bekommen. Die Detektivin hatte vermutet, der Killer würde keine Ahnung haben, daß jemand die Absicht hatte, ihn zu
Weitere Kostenlose Bücher