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0062 - Wir fanden die geballte Ladung

0062 - Wir fanden die geballte Ladung

Titel: 0062 - Wir fanden die geballte Ladung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir fanden die geballte Ladung
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aus? Hat der Mann überhaupt Chancen, an die Küste zu kommen?«
    Conder zuckte die Achseln.
    »Höchstens wenn ihn die Strömung selbst an die Küste treibt. Ein so großes Boot kann ein Mann nicht über sechshundert Meilen rudern. Das hält kein Pferd aus, umso weniger ein Mensch, der das Rudern nicht gewöhnt ist. Ferrerez, gehen Sie auf die Brücke und stellen Sie fest, wie die Strömung an der Stelle ist, wo wir vor ungefähr einer halben Stunde waren.«
    »Zu Befehl, Sir.«
    Auch Ferrerez verschwand in der Dunkelheit. Jetzt waren wir mit Conder allein. »Kann man so ein Boot zu Wasser lassen, ohne dass es das leiseste Geräusch gibt?«, fragte ich.
    Conder schüttelte unwirsch den Kopf.
    »Nie im Leben! Das können Sie sich doch wohl denken!«
    »Wie kommt es dann, dass der nächste Posten nichts gehört hat? Er steht zehn Yards weiter am nächsten Boot.«
    Conder sah mich verblüfft an. Er nahm die Mütze ab und fuhr sich mit der Hand über die schweißnasse Stirn.
    »Daran habe ich überhaupt noch nicht gedacht«, murmelte er. »Hallo, Posten von Boot vier! Herkommen!«
    Aus der Dunkelheit tauchte eilig die Gestalt des Mannes auf, mit dem ich mich bereits unterhalten hatte.
    »Haben Sie gehört, wie dieses Boot zu Wasser gelassen wurde?«, fuhr ihn Conder an.
    »No, Sir«, erwiderte der Matrose, allerdings weit weniger forsch, als er mit mir gesprochen hatte.
    Conder schwoll an.
    »Wollen Sie mir einreden, dass Sie in zehn Schritt Entfernung nicht hören, wenn ein Kahn von dieser Größe zu Wasser gelassen wird? Herr, sitzen Sie vielleicht auf Ihren Ohren?«
    Der Matrose erwiderte nichts. Conder zog anscheinend die gleichen Folgerungen wie ich, denn er fuhr fort: »Warum haben Sie Ihren Posten verlassen?«
    Eine Weile druckste der Mann herum, dann sagte er kleinlaut: »Ich hatte meine Tabakspfeife vergessen. Ich dachte, es wäre nicht weiter schlimm, wenn ich sie mir eben aus dem Logis holte.«
    Beinahe war es zum Lachen. Weil ein Mann seine Pfeife holte, konnte sein Kamerad ermordet werden. Wäre er auf seinem Posten geblieben, hätte er etwas hören müssen, hätte seinem Kameraden vielleicht noch rechtzeitig genug zu Hilfe eilen können.
    Hätte, hätte, hätte…
    Jetzt war am Geschehen nichts mehr zu ändern.
    Conder murmelte einen Fluch, wie ihn nur Seebären kennen. Nachdem er sich mit ein paar tiefen Atemzügen gewaltsam zur Ruhe gebracht hatte, sagte er nur noch: »Gehen Sie zurück auf Ihren Posten!«
    Der Matrose verschwand wieder in der Dunkelheit.
    »Wo ist eigentlich die Kajüte des Ersten Ingenieurs?«, erkundigte ich mich.
    Conder sah mich misstrauisch an.
    »Warum? Was hat Blanke mit der Sache zu tun?«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Ich möchte mich nur ein bisschen mit ihm unterhalten«, sagte ich unbestimmt.
    In diesem Augenblick kam der ausgesandte Matrose mit dem Schiffsarzt zurück. Der Doc war ein stämmiger Kerl, der eher wie ein Ringkämpfer als wie ein Arzt aussah.
    »Versuchen Sie, möglichst genau herauszufinden, wann der Tod eintrat«, sagte ich, dann ließ ich mich mit Phil zu Blanke führen. Der Matrose, der den Doc gerufen hatte, zeigte uns den Weg.
    Es war ein schmaler, enger Gang, in dem Blankes Kajüte lag. Ein kleines Schildchen auf der Tür verriet den Bewohner. Wir klopften.
    »Come in!«, rief Blanke in seinem harten Englisch.
    Wir traten ein. Und wir fanden Mister Blanke beim Packen seines Seesackes.
    ***
    »Sie packen?«, fragte Phil erstaunt.
    Blanke lächelte verlegen. Er machte eine vage Handbewegung.
    »Das ist nur so ein Spleen von mir, wissen Sie? Es widerstrebt mir, von Bord zu gehen und meine Sachen hier herumliegen zu lassen. Es soll wenigstens alles verstaut sein…«
    »Aber Sie wissen, dass Sie kein Gepäck mitnehmen dürfen?«
    »Natürlich. Aber es kann ja sein, dass das Schiff auch durch die erwartete Explosion nicht gleich absackt. Vielleicht kann es sich noch ein paar Stunden über Wasser halten. Schließlich gehört schon allerhand dazu, so ein Schiff auf den Grund zu schicken. Und ich hoffe, dass man schnell genug Hilfe herbeiholen kann. Damit man wenigstens das Gepäck noch von Bord holen kann. Dann ist es besser, wenn alles gepackt ist…«
    Phil sah mich an. Ich zuckte die Achseln. Es konnte eine Erklärung sein, es konnte auch ein Vorwand sein. Wir konnten es nicht beurteilen.
    Ich sah mich in der kleinen Kajüte um. Alles war pedantisch sauber und ordentlich. Neben einem Klapptisch standen zwei Hocker. Ich ließ mich auf einem nieder und sagte:

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