0064 - Im Zeit-Gefängnis
die Sorgen des Alltags zu vergessen und sich den angenehmeren Dingen des Lebens zu widmen.
Der Offizier der Arkoniden blieb stehen wie jemand, den man abzuholen vergessen hatte. Nach einer Weile streckte einer seiner Leute den Kopf aus der Luke der Gazelle.
„Der Antrieb funktioniert nicht", gab er bekannt.
Die Terraner ließen sich nicht stören. Genußvoll verzehrten sie ihren Braten. Nur Rous ließ kein Auge von den drei Flugzeugen in zweihundert Meter Entfernung und den dabeistehenden Soldaten.
„Er muß!" erwiderte der Offizier unbeirrt.
Aber er tat es nicht, der blockierte Antrieb der Gazelle. So sehr sich die drei Arkoniden auch bemühten, es rührte sich nichts.
Inzwischen hatte Rous den letzten Bissen verschluckt. Er begann zu spüren, daß ihnen nicht mehr viel Zeit blieb. Wie schnell sich die Angriffsfront der anderen Dimension heranschob, war ihm unbekannt, aber seiner Berechnung nach mußte sie jeden Augenblick die drei Flugzeuge erreichen. Und dann würde alles sehr schnell gehen. Er stand auf und ging zu dem Offizier. „Ich denke, Sie kümmern sich um Ihre Leute", schlug er vor. „In wenigen Minuten kann es zu spät sein. Außerdem ..."
Ein schriller Schreckensschrei unterbrach ihn. Er fuhr herum und sah zu den Flugzeugen - gerade rechtzeitig genug, um den einen Soldaten zu erblicken, der unsichtbar geworden war. Nur eben den Kopf sah man noch ein Stück in eine Richtung schweben, dann war auch er nicht mehr vorhanden.
Ein anderer Soldat schrie wie am Spieß, aber dann erfaßte auch ihn die heran gleitende Zeitfront und überrollte ihn. Panik brach aus. Der Offizier brüllte einige sinnlose Befehle und rannte in Richtung der drei Flugzeuge, die von dem geheimnisvollen Vorgang natürlich nicht berührt wurden. In aufgelöster Ordnung folgten ihm die Männer seines Aufgebotes. Rous wollte ihnen noch eine Warnung nachrufen, aber es war bereits zu spät. Die Männer rannten genau in ihr Verderben und verschwanden im Verlauf von zehn Sekunden. Was von ihnen blieb, waren nur die Spuren im Sand. Rous drehte sich seinen Leuten zu: „Los - ins Schiff! Wir haben keine Sekunde zu verlieren!"
Die drei Soldaten, die die Gazelle inspizierten, hatten sich die Leiter herabfallen lassen und rannten kopflos davon. Ihnen war nicht zu helfen.
Steiner war als erster in der Gazelle und schaltete den Hypersender ein, wie es verabredet war. Die Zentrale in Terrania sollte von den Vorgängen unterrichtet werden, bevor das eigentliche Experiment begann. Nur eine Sekunde später war Rous ebenfalls in der Zentrale und leitete die Energie des Arkonidenreaktors in den Linsen-Feld-Generator.
Dumpf schloß sich hinter Josua, der die Gazelle zuletzt betrat, die schwere Luke. Automatisch trat die Klimaanlage in Tätigkeit. Steiner erhielt inzwischen Bestätigung der Station auf Terra. Ohne sich um die Vorgänge in seiner Umgebung zu kümmern, setzte er den vorbereiteten Funkspruch ab: Gazelle Leutnant Rous an Zentrale Terrania! Angriff läuft, befinden uns in Zone A. Bisherige Feststellungen: Überlappungszone durchläuft asymmetrisch statistische Ebenen. Überschneidung ist zu 99% gegeben. Wir versuchen, mit Linsengenerator Einblick in die andere Ebene zu erhalten. Melden uns baldigst wieder. Ende.
Rous wartete, bis der Generator anlief und sich das Lichtfenster zu bilden begann. Mitten im Raum entstand plötzlich ein schimmernder Lichtkreis von gut einem Meter Durchmesser. Josua starrte darauf, als sehe er ein unbegreifliches Wunder, obwohl er doch genau wußte, was es war. Aber Rous mußte zugeben, daß auch ihm nicht sehr wohl zumute war. Das Aufleuchten des Fensters bewies, daß die Zeitfront jetzt in dieser Sekunde über sie kam.
Steiner schaltete den Hyperfunksender ab und trat zu Rous.
„Es ist soweit", stellte er sachlich fest, aber in seiner Stimme war ein kaum merkliches Zittern. „Worauf warten wir noch?"
Iwan Ragow, der ein wenig seitlich stand, stieß plötzlich einen entsetzten Schrei aus.
„Mein Arm! Die verdammten Unsichtbaren holen mich!" Es war Noir, der handelte. „Schnell, Steiner!
Ragow muß zuerst durch das Fenster! Hilf mir!" Rous hob die Hand. „Seid ihr verrückt geworden ...?"
„Wenn wir unsere Eigenzeit nicht verlieren wollen, müssen wir es wagen, Leutnant!" brüllte Noir ihn respektlos an. „Sollen wir in der anderen Dimension landen und gleichzeitig unsere Eigenzeit verlieren? Dann gäbe es wahrscheinlich keine Rückkehr mehr für uns."
Rous begriff, worauf Noir hinaus
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