0064 - Im Zeit-Gefängnis
dauern...!
Rous schwindelte, als er daran dachte. Kein Wunder, wenn ein Augenzwinkern zwanzig Stunden dauerte. Der Himmel war leicht rötlich gefärbt, mit einem fahlen, grünlichen Unterton. Die Sonne war hinter den Wolken verborgen, und es konnte unter den gegebenen Umständen Jahre dauern, ehe sie daraus wieder zum Vorschein kam. Plötzlich begriff Rous. Ehe er seine neue Berechnung aber den anderen mitteilen konnte, standen diese vor einer neuen Entdeckung. Ein breiter Bach trennte sie noch von der schwarzen Mauer, die wenige hundert Meter vor ihnen die Landschaft durchzog. Bach...?
Die von dem unfühlbaren Sturm gepeitschte Oberfläche war mitten in ihrer Bewegung erstarrt, aber man konnte deutlich die Windrichtung erkennen. Als sei der Fluß plötzlich gefroren, so sah es aus. Einzelne Spritzer hingen unbeweglich wie glitzernde Kristalle in der Luft. Es konnte Stunden dauern, ehe sie sich wieder mit dem Wasser vereinigten.
„Wie sollen wir denn da auf die andere Seite kommen?" fragte Harras enttäuscht. „Das ist ja der materialisierte Zeitstrom."
„Unsinn!" entgegnete Rous und ließ sich von dem Problem ablenken, über das er so intensiv nachgedacht hatte. „Gehen Sie nur hinter mir her."
Er schritt weiter, als sei kein Bach vorhanden. Sein Fuß berührte die erstarrte Oberfläche des Wassers und - fand Halt. Ehe die anderen Männer so recht begriffen, was sie mit ihren eigenen Augen sahen, war Rous mitten auf dem Fluß und ging weiter, als befände er sich auf einer Oberfläche aus Stein.
„Es ist völlig gefahrlos", rief er zurück und blieb einen Moment stehen. „Ehe das Wasser Zeit hat, unter meinem Fuß zurückzuweichen, vergehen mindestens zehn Minuten."
Es war, als ginge man über Eis, aber die Glätte fehlte völlig. Die reglosen Wellen gaben die Richtung des Windes an, der sie so geformt hatte. Gleichzeitig sahen sie es auch an den vereinzelten Bäumen.
Den gebogenen Zweigen nach zu urteilen, mußte der Sturm recht stark sein, der die Luft bewegte. Aber sie spürten nichts davon, denn für sie kroch selbst ein Hurrikan mit einem halben Millimeter in der Sekunde dahin.
Und dann standen sie vor der Mauer. Rous betastete sie mit den Händen und spürte einen festen Widerstand. Die Wand war schwarz, aber nicht von einer absoluten, lichtlosen Schwärze, wie er es erwartet hatte, sondern matt schimmernd wie Kristallmarmor. Das Dunkel begann erst wenige Zentimeter hinter der obersten lichtdurchlässigen Schicht. Wenigstens sah es so aus. Die Wand war glatt und wies nicht die geringste Fuge auf, an der ein Finger oder ein Fuß Halt gefunden hätte. Sie reichte bis hinauf in den Himmel und schien sich wie eine Glocke über den Boden zu wölben. Allerdings ließ die Farbe nach je höher sie war. Im Zenit gewährte sie den rötlichen Sonnenstrahlen Durchblick, und auch die Wolken waren durch sie hindurch sichtbar.
Also schuf der LFG ein Zeit-Kraftfeld, das sich gleich einer Kugel um ihn legte. Es würde sich auch unter der Oberfläche fortsetzen, war Rous überzeugt. Gleichzeitig begann er zu ahnen, daß sie längst nicht alles von der geheimnisvollen Welt der anderen Dimension sahen. Erneut erhob sich die entscheidende Frage: Was lag jenseits der schwarzen Wand? Es gab nur ein einziges Mittel, das zu erfahren, aber es schien Rous zu riskant. Man mußte den LFG ausschalten, während man sich in der fremden Zeitdimension aufhielt. Dann würde auch die Wand verschwinden. Aber gleichzeitig wurde der Rückweg versperrt.
Unwillkürlich drehte Rous sich um und sah hinüber zu der Ebene. Er atmete beruhigt auf, als er den matten Lichtkreis dicht über dem Boden schweben sah. Reiner Zufall war es, daß er dicht daneben den verkrüppelten Baum bemerkte, der an einen Galgen erinnerte.
„Hier geht es nicht weiter", stellte Steiner völlig überflüssig fest „Da kann niemand durch." Er tippte gegen die Wand. „Was mag das für Material sein?"
„Gar keines", sagte Rous, von dem heftigen Nicken Noirs unterstützt. „Es ist Energie, nichts anderes."
„Energie?" Josua beugte sich interessiert vor. Er war der Metallurge der Expedition, und die unbekannte Mauer fiel somit in sein Fachgebiet. „Eine feste Mauer aus Energie? Das habe ich noch nie erlebt."
„Doch", sagte Noir, „das haben Sie! Denken Sie nur an die Schutzschirme unserer Schiffe. Wenn Sie einen Gegenstand dagegen werfen, wird er ebenfalls nicht durchgelassen."
Der Afrikaner schüttelte fast verzweifelt den Kopf.
„Das ist ja der
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