0066 - Dämonenrache
Todes.
Dann war alles vorbei.
Der Körper der Nicole Duval auf dem Tisch entspannte sich. Ihr Gesichtsausdruck war unbeteiligt, der Blick leer. Der Dämonenkopf auf ihrer Brust lebte, zeigte leuchtende Farben und fauchte und grollte.
Die gespaltene Zunge zuckte aus dem dünnlippigen Maul mit den Reißzähnen. Die Augen loderten. Die beiden Dämonenköpfe, der auf Goldas Rücken und der auf Nicoles Brust, brachen in ein scheußliches, teuflisches Gelächter aus, in das Abd el Bekim einstimmte.
Er löste Nicoles Fesseln. Golda und Nicole kleideten sich rasch an.
Nicole fand ihre Kleider auf einem Hocker neben dem Schrank. Mit dem Kostüm, das sie am Abend und in der Nacht zuvor getragen hatte, stellte sie sich neben Golda.
Abd el Bekim sah sie an. Seine dunklen Augen leuchteten böse.
»Du bist jetzt eine Tochter Abu Dschafars«, sagte er. »Eine Erhabene. Du trägst das Angesicht des Vaters des Grauens auf deinem Leib, du bist ein Teil von ihm geworden. Du wirst den Willen des mächtigen Dschinn erfüllen, als sein lebendes Werkzeug.«
Nicole neigte den Kopf.
»Was soll ich tun, Meister?«
»Deine erste Aufgabe wird es sein, Zamorra zu töten! Höre genau meine Anordnungen. Du wirst gehorchen?«
»Nichts ist mir lieber, als diesen Hund zu vernichten, den Feind des Abu Dschafar. Am liebsten würde ich Bill Fleming gleich mit ermorden.«
»Das kannst du haben, meine Tochter«, sagte Abel el Bekim voll teuflischer Freude. »Es ist eine hohe Ehre, von Abu Dschafar auserwählt zu werden. Du sollst jetzt eine Probe der Macht erhalten, die der große Dschinn dir verleiht. Geh durch diese Wand und komm zurück.«
Unbewegten Gesichtes ging Nicole durch die dicke Wand, als sei sie gar nicht vorhanden. In ihr waren nur noch Kälte, Haß und Bosheit. Sie hatte ihr Wissen und all ihre Kenntnisse noch, ihre Erinnerungen. Aber sie sah jetzt alles ganz anders. Ihr war, als sei sie auf einer anderen, höheren Existenzebene wiedergeboren worden, und ihre früheren Beweggründe, Handlungen und Ansichten interessierten sie überhaupt nicht mehr.
Sie empfand weder Schuld noch andere Gefühle wegen ihres früheren Lebens. Für sie gab es nur noch Abu Dschafar, dessen Einfluß alles überlagerte.
Sie kam durch die Wand zurück und blieb neben Golda stehen, die nun für sie eine Schwester und mehr war. Die Menschen waren nur Narren und Wichte. Von Abu Dschafar allein kam die Macht.
»Sag mir, was ich tun soll, großer Abd el Bekim«, sagte Nicole Duval, die Dämonendienerin.
Und der bärtige, schmutzige, abstoßende Alte entwickelte ihr den Plan. Professor Zamorra sollte noch am gleichen Tag sterben, möglichst zusammen mit Bill Fleming. Nicole Duval sollte ihn töten, in einem Anfall geistiger Umnachtung. So würde die offizielle Version lauten.
Dann konnte kein Freund und Gesinnungsgenosse Professor Zamorras sich aufgerufen fühlen, den Meister des Übersinnlichen zu rächen.
***
Zamorra erwachte, als das Telefon auf seinem Nachttisch anhaltend schrillte. Er schaute auf die elektrische Uhr an der Wand. Es war drei Minuten vor zwölf Uhr mittags. Im Zimmer herrschte Dämmerlicht.
Zamorra nahm den Telefonhörer ab.
»Zamorra.«
»Hören Sie«, sagte eine flüsternde Stimme auf Französisch. »Wir haben Nicole Duval. Unternehmen Sie nichts, bevor Sie nicht von uns Bescheid bekommen. Daß wir nicht spaßen, wird Ihnen die Botschaft zeigen, die Sie gleich erhalten.«
Zamorra spürte eine Gänsehaut auf seinem Rücken.
»Wer ist dort? Reden Sie, wer sind Sie?«
Aber es ertönte nur ein höhnisches Kichern. Zamorra sprang aus dem Bett, riß die Stores auseinander, daß Tageslicht ins Zimmer flutete und fuhr in seine Kleider. Er war gerade fertig angezogen, als es an der Tür klopfte.
»Wer ist da?«
»Ich bin es, Bill!«
Zamorra schloß mit dem von innen steckenden Schlüssel auf. Bill Fleming kam herein, das Hemd noch halb offen, mit wirrem Haar und vom Schlaf verquollenem Gesicht. Er blinzelte ins grelle Licht.
»Was ist los? Gerade bin ich angerufen worden, ich sollte sofort zu dir kommen.«
»Von wem?«
»Bin ich Prophet? Er hat gleich wieder aufgelegt.«
Zamorra erzählte kurz von seinem Anruf. Die beiden Männer liefen hinüber zu Nicoles Zimmer, das neben dem von Professor Zamorra lag. Die Tür war offen. Ein Zimmermädchen schob einen Staubsauger hin und her.
Von Nicole war nichts zu sehen. Die Kleider, die Zamorra in der Nacht auf einen Stuhl gelegt hatte, waren verschwunden. Er fragte das
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