0066 - Todesgeister der Sahara
durcheinandergerüttelt wurden. »Wir haben ihn gleich!«
Tatsächlich schossen wir mit hoher Geschwindigkeit auf den anderen Wagen zu. Ich war sicher, daß ich den unglücklichen Polizisten nicht getroffen hatte. Ich hatte absichtlich tief gezielt. Seine Unsicherheit mußte von der Macht des geweihten Silbers kommen. Die Dämonen hatten ihn nicht mehr hundertprozentig in ihrem grausamen Griff wie bei dem Mordanschlag auf mich.
»Mach dich bereit, John, wir haben ihn!« Suko wurde nun auch langsamer. Unser Landrover schob sich neben den anderen Wagen.
Ich griff zu meinem silbernen Dolch mit dem kreuzförmigen Griff, auf dem Symbole der Weißen Magie eingraviert waren. Es mußte zu einem Kampf mit dem Fahrer kommen. Wahrscheinlich war dann der Dolch neben meinem Kreuz am wichtigsten. Das Kreuz trug ich noch immer deutlich sichtbar auf der Brust.
Doch es kam anders, als wir vermuteten. Kurz bevor ich mich mit dem Fahrer auf gleicher Höhe befand, scherte dessen Landrover nach rechts aus. Er wurde über den Rand der Piste hinauskatapultiert, kam hart mit allen vier Rädern auf und jagte durch pulverigen Sand. Innerhalb von Sekunden sahen wir nur mehr eine gelbe Wand vor uns.
»Weich nach links aus!« rief ich Suko zu.
Er verließ die Piste und schlug einen Bogen. Sobald wir nicht mehr unmittelbar hinter dem Polizisten herfuhren, konnten wir etwas erkennen.
Was wir sahen, ließ uns das Blut in den Adern gefrieren.
Der Wagen des Polizisten wurde plötzlich wie von Geisterhand abgebremst und stand still.
Und dann begann er zu sinken. Er war in einen jener tückischen Sandseen geraten, aus denen es keine Rettung mehr gab.
***
Mit einem Schrei setzte sich Bill Conolly auf. Verwirrt blinzelte er um sich. Er lag wieder in der kleinen Höhle auf dem Feldbett, nur mit dem Unterschied, daß er sich bewegen konnte.
Und daß er nicht allein war. In einer Ecke lag eine verkrümmte Gestalt.
»Tom!« schrie Bill Conolly und sprang auf. Er wankte zu seinem Kollegen, der ihn auf der Tunesienreise begleitete, kniete neben ihm nieder und rollte ihn auf den Rücken.
Bill prallte zurück. Auch in der Rückenlage veränderte Tom Turner seine Haltung nicht. Er hielt die Arme und Beine angewinkelt. Auf seinem Gesicht war der Ausdruck maßlosen Grauens festgefroren. Seine Augen wirkten wie starre Glaskugeln. Würde sich nicht seine Brust in kurzen, hektischen Atemzügen gehoben und gesenkt haben, hätte Bill ihn für tot gehalten.
»He, Tom, alter Junge!« Bill rüttelte seinen Begleiter und tat alles, um ihn aus seiner Erstarrung zu reißen.
Tom Turner reagierte auf gar nichts. Bill konnte nicht einmal erraten, was mit ihm geschehen war. Vielleicht hatte sich ihm der Magier auch in seiner wahren, unerträglichen Gestalt gezeigt. Dann wäre Toms Schock verständlich gewesen. Bill hatte den Anblick nur deshalb einigermaßen unbeschadet überstanden, weil er früher viel mit Geistern und Dämonen zu tun gehabt hatte. Bei seinen gemeinsamen Kämpfen mit John Sinclair hatte er bereits andere Schauergestalten gesehen und war an sie gewöhnt.
Bill überlegte krampfhaft. Diesmal hatte ihm der Magier, aus welchen Gründen auch immer, die Bewegungsfreiheit gelassen. Er glaubte zu wissen, daß er sich in einem Höhlenlabyrinth in einem Felsengebirge befand. Mit etwas Glück konnte er einen Ausgang finden und John und seinen Freunden entgegen gehen.
Doch da war Tom Turner. Sein Kollege konnte sich nicht aus eigener Kraft helfen, und es widerstrebte Bill, Tom in diesem Zustand zurückzulassen.
Er sagte sich jedoch, daß es auch keinen Sinn hatte, wenn er blieb und sich gemeinsam mit Tom umbringen ließ. Da war es schon besser, er floh und holte Hilfe. Dann hatten sie beide wenigstens eine hauchdünne Chance.
Sekundenlang überlegte Bill, ob er Tom Turner mitnehmen sollte. Als er aufstand und ein paar Schritte machte, verwarf er diesen Gedanken sofort wieder. Er war noch immer schrecklich schwach und mußte froh sein, wenn er sich selbst auf den Beinen halten konnte.
Er warf einen letzten Blick auf seinen Kollegen und machte sich auf den Weg. Unangefochten verließ er die Höhle und schlich durch den Stollen, durch den er die Halle des Magiers erreicht hatte. Diesmal umging er die Halle und schlug an einer Gangkreuzung einen anderen Weg ein.
Bill Conolly begann mit seiner verzweifelten Suche nach einem Ausgang aus diesem Labyrinth des Schreckens. Er ahnte, wie verschwindend gering seine Chancen waren, denn jederzeit konnten die
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