0067 - Der Teufelskrake
sto- ßen kann. Andere Fischer im Boot haben ihn vielleicht sogar mit einem dieser Ungeheuer ringen sehen – aber der Tod, der kommt von der See, Zamorra.«
»Und die Quetschungen?« fragte Zamorra. »Wie würdest du die erklären? Heute sind zwei der Toten gefunden worden. Wer hat sie an den Strand gebracht? Und wer hat ihnen die Brustkästen eingedrückt? Ihre Köpfe zerschmettert?«
»Ganz logische Sache«, meinte Bill Fleming. »Dazu braucht es keinen Cirelli und keinen Kraken. Wage dich so dicht an diese heimtückischen Felsen heran, wie diese wagemutigen Männer es taten. Laß dich von der Wucht und dem Tonnengewicht der Brandung erfassen, laß dich durch einen Strudel pressen und an einen Felsen werfen – bitte sehr, dann siehst du so aus, wie du die Leichen der Männer beschreibst. Da hast du die Antwort, Zamorra.«
»Es gibt keinen Mörder, meinst du?«
»Nein.«
»Und auch keine mörderischen Kraken?«
»Ich habe schon eingeräumt, daß es sie gibt. Aber nur vereinzelt. Nicht solche, die planmäßig eine Fischerfamilie nach der anderen auf dem Meer angreifen und auslöschen. Du wirst sehen, Zamorra, daß dies das Ergebnis der Untersuchungen sein wird. Auch die Polizei wird zu diesem Schluß kommen.«
Zamorra wiegte den Kopf hin und her. Die Theorie des Freundes klang überzeugend. Aber es war nur eine Theorie, wie seine eigene auch. Und noch nie war eine Theorie ein Beweis gewesen.
Also nicht die Ungeheuer der Tiefe? Und nicht dieser Cirelli?
Nein, Cirelli schied für Zamorra aus.
Der Professor glaubte immer weniger an einen Zusammenhang zwischen ihm und dem Tod der jungen Fischer.
Er wußte nicht, daß er seine Meinung bald gründlich revidieren würde.
***
Die Zeit bis zum Abend brachte Zamorra mit Vorbereitungen zu. Er ging hinunter zum Hafen. Absichtlich nahm er diesmal nicht den Mietwagen. Er liebte die blumenreichen Hänge Taorminas, die sanft absteigenden Terrassen vor den Hotels, von denen man weit aufs Meer hinaussehen konnte.
Nicole Duval begleitete den Professor.
»Was hast du vor?« fragte sie ängstlich.
»So besorgt?« fragte er lächelnd zurück. »Keine Angst, meine Liebe. Ich will mich nur etwas umsehen.«
»Du willst die künstliche Insel finden, nicht wahr?«
»Erraten.«
»Es ist gefährlich, Zamorra. Laß dir helfen, nimm mich mit.«
»Du sagst selbst, daß es gefährlich ist. Also leg dich in dein Schlummerbettchen und träume von deinem Meister, der dir heiß und innig zugetan ist.«
»Laß die Schmuserei, Teuerster«, sagte Nicole ziemlich bissig. »Es ist doch immer das gleiche. Typisch für euch. Für Männer ist nie etwas gefährlich, aber für Frauen in jedem Falle.«
»Ich werde mich in keine Gefahr begeben, Nicole.«
»Sagte der Jäger, bis ihn die Wildsau erwischte«, zischelte das Mädchen. Aber dann hängte sie sich bei ihm ein und ließ sich durch die bunten Straßen der Hafenstadt führen.
Zunächst überprüfte Zamorra das Mietboot. Jede Kleinigkeit wurde durchgecheckt. Alles war in Ordnung. Nur auftanken mußte er noch.
Dann erstand der Professor eine mächtige Taschenlampe, mit der man auch unter Wasser sehen konnte. Und schließlich entschloß er sich, einen Taucheranzug zu mieten. Der Kauf einer solchen Ausrüstung erschien ihm trotz des Vorhabens zu sinnlos.
Ein paar Lebensmittel, für alle Fälle. Obst und Getränke. Und welche Waffen sollte er mitnehmen? Ihm würde die kleine Pistole in seiner Tasche reichen, falls es zum Kampf Mann gegen Mann kommen sollte.
Nicole dachte mit gemischten Gefühlen an eine solche Möglichkeit. Was nämlich würde eintreten, wenn der Gegner nicht ein Mann, sondern das Ungeheuer aus der Tiefe wäre?
»Du, Zamorra?« sagte sie leise.
»Nein, Nicole, es geht nicht«, war seine Antwort. Da schwieg die junge Französin. Sie wußte, daß er ihre Frage erwartet hatte und den Wortlaut kannte. Nun wußte sie, daß er sie nicht mitnehmen würde.
Der Professor verstaute die meisten Sachen in der Kombüse. Die Taucherausrüstung legte er einsatzbereit auf die Deckplanken des Mietsbootes, keine zwei Meter vom Steuer entfernt.
»Komm, Nicole«, sagte er.
Nur widerwillig folgte sie ihm.
***
Auch am Abend gab sie sich schweigend. Zamorra und sein Freund Bill Fleming versuchten, sie abzulenken, aber ihre Bedrückung wollte nicht von ihr weichen.
Erst sehr spät, nur wenige Minuten vor Mitternacht sagte sie, daß sie müde sei.
»Sei vorsichtig«, sagte sie zum Abschied zum Professor. »Wann willst du
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