0069 - Der unheimliche Bogenschütze
ist, könnten wir uns ein Taxi kommen lassen und wenigstens die Frauen wegschicken.«
»Es ist alles zerstört worden, wie mir der Verwalter sagte.«
»Du hast mit ihm gesprochen?«
»Ja. Und ich habe ihm auch einige unangenehme Fragen gestellt.«
»Wie hat er reagiert?«
»Überhaupt nicht. Er tat völlig unbeteiligt.«
»Schlechtes Gewissen?«
»Bestimmt«, antwortete ich.
Bill Conolly nahm eine Decke und legte sie über den Toten. »Was hast du vor?« fragte er.
»Ich hole mir den Mörder.«
»Und wie?«
Ich erzählte ihm von meiner Entdeckung.
Bills Augen wurden groß. »Das ist ‘n Ding«, sagte er. »Wer weiß denn alles bisher davon?«
»Nur du. Willard habe ich nichts gesagt.«
»Das war gut. Wann willst du einsteigen?« fragte Bill.
»Ich warte noch, bis es völlig dunkel ist, dann gehe ich los.«
Mein Freund nickte. »Soll ich dich nicht begleiten?«
»Unsinn, du bleibst hier. Sheila und der Kleine sind schutzlos. Ich kriege das Gespenst schon.«
»Hoffentlich.«
Wir verließen den Raum wieder.
Gilbert du Pré regte sich schrecklich darüber auf, daß kein Licht mehr vorhanden war.
»Es ist eine bodenlose Schweinerei!« schimpfte er, »und Sie, Willard, sind schuld! Man sollte Sie…«
»Keine Drohungen, du Pré«, sagte ich.
»Halten Sie sich da raus, Bulle!«
»Wenn Sie unbedingt Ärger haben wollen, dann können Sie ihn bekommen«, erwiderte ich.
Du Pré schaute mich an, als wolle er mich fressen. Neben ihm stand Scarface. Die Mündung der Maschinenpistole zeigte zu Boden.
»Und legen Sie die Bleispritze zur Seite«, befahl ich dem Narbengesicht. »Die Waffe könnte zu leicht losgehen.«
»Damit schieße ich diesen Bogenschützen in Fetzen!« zischte Scarface.
Ich grinste nur verächtlich. Normale Kugeln haben noch nie etwas gegen Gespenster oder Geister ausgerichtet.
Madelaine Custer kam aus ihrem Zimmer. Sie trug zwei Koffer und wandte sich an Bill Conolly.
»Kann ich nicht bei Ihnen und Ihrer Frau die Nacht über bleiben?« fragte sie ängstlich. »Allein fürchte ich mich.«
Bill hatte nichts dagegen. In der Stunde der Gefahr mußten alle zusammenhalten.
Die Frau war beruhigt.
Sheila nahm sich ihrer an. Die beiden Frauen verschwanden im Zimmer der Conollys.
Willard hatte inzwischen sämtliche Kerzen verteilen lassen. Sogar du Pré hielt eine in der Hand. Er fluchte, als ihm flüssiger Talg auf die Finger rann.
»Was machen wir jetzt?« fragte er.
Ich gab die Antwort. »Wir werden versuchen, die Telefonleitung zu reparieren, und aus diesem Grund möchte ich Sie bitten, bis zur Instandsetzung auf Ihren Zimmern zu bleiben.«
»Damit uns der Killer umbringen kann?«
»Sind Sie woanders sicherer?« fragte ich dagegen.
Darauf schwieg du Pré. Er gab Scarface einen Wink, und die beiden verschwanden. Hart knallte die Tür hinter ihnen ins Schloß.
Ich atmete auf, merkte jedoch, daß mich Willard beobachtete. Als sich unsere Blicke trafen, glaubte ich, um seinen Mund ein spöttisches Lächeln spielen zu sehen. Ich konnte mich allerdings auch getäuscht haben, denn die Lichtverhältnisse waren nicht gerade die besten. Da die Kerzen bewegt wurden, warf ihr Schein zuckende Schatten über die Wände. Sie tanzten hin und her und bildeten skurrile Figuren.
Ich ging auch, aber nicht auf mein Zimmer, sondern nach draußen, um mir die Wagen anzusehen.
Alle Reifen waren in der Tat zerschnitten. Auch die eines Range Rover. Dieser Wagen – das hatte ich zwischendurch erfahren – gehörte dem Verwalter. Ich hatte ihn nach wie vor im Verdacht, an den Morden beteiligt zu sein. Wahrscheinlich war er auch der Reifenstecher. Damit er nicht auffiel, hatte er seine Reifen gleich mit durchgeschnitten. Raffiniert gemacht.
Ich öffnete die Beifahrertür des Bentley und holte aus dem Handschuhfach eine Taschenlampe. Sie würde mir sicherlich gute Dienste erweisen, wenn ich in die Unterwelt hinabstieg.
Niemand kam mir entgegen, als ich das Schloß wieder betrat und in mein Zimmer ging.
Dort setzte ich mich ans Fenster und wartete.
***
Es wurde sehr schnell dunkel.
Ich saß noch immer am Fenster und schaute nach draußen. Da der Tag wolkenlos gewesen war, sah ich zahlreiche Sterne blitzen, zwischen denen, wie ein Wächter, der Halbmond stand und ein fahles Licht auf die Erde goß.
Das Gebüsch, hinter dem die Klappe versteckt lag, sah ich nicht mehr. Die Dunkelheit hatte es verschluckt. Ich konnte die Umrisse höchstens ahnen.
Gesehen hatte ich hinter dem Schloß niemanden. Auch
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