0069 - Der unheimliche Bogenschütze
war kein anderer als Roman Willard, der Verwalter.
Er hatte mich überlistet!
***
Der kleine Johnny begann zu weinen. Klar, daß er durch den Lärm geweckt worden war.
Sheila stand auf und ging zu ihm. Sie versuchte, ihn mit Worten zu beruhigen, doch erst als sie ihn hochnahm, verstummte der Winzling.
Sheila kam mit ihm in den Living-room.
Als Johnny seinen Vater sah, lachte er.
Bill lächelte zurück.
»Ist das Ihr Sohn?« fragte Madelaine Custer.
Bill nickte stolz. »Ja.«
Die Frau lächelte verloren. »Ich hätte auch gern Kinder gehabt. Leider hatte das Schicksal für mich einen anderen Weg vorgesehen.«
Sheila setzte sich auf einen Stuhl. »Noch ist es für eine Umkehr nicht zu spät.«
»Das sagen Sie so.« Madelaine Custer sah schlecht aus. Die Tränen hatten Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen. Sie war noch nicht dazu gekommen, sich zu schminken. Sie hatte aber auch keine Lust dazu. Ihr war alles egal. Wenn sie nur ihr Leben rettete.
Johnny quengelte wieder. Er drehte sich auf Sheilas Armen, und sie ließ ihn hinunter.
»Vielleicht hat er Hunger?« vermutete Bill.
»Soll ich ihm in der Küche etwas zu essen besorgen?« fragte Sheila.
Bill schüttelte den Kopf. »Um Himmels willen, nein. Ich lasse dich nicht allein gehen.«
Johnny trippelte inzwischen auf Madelaine Custer zu.
Die Frau lächelte. Sie beugte sich vor und streckte ihre Arme aus, während Johnny seine kleinen Hände in die ihren legte.
»Er mag Sie«, sagte Bill.
Madelaine Custer schüttelte den Kopf. »Es ist seltsam, aber zum ersten Mal seit langer Zeit fühle ich mich richtig wohl, obgleich dieser schreckliche Mord an meinem Mann geschehen ist, aber ich kann einfach nicht trauern. Tut mir leid.«
»Daraus macht Ihnen auch niemand einen Vorwurf«, erwiderte Sheila Conolly.
Sie sah in dieser Frau nicht mehr eine Rivalin, sondern nur noch einen Menschen, der persönliche Schwierigkeiten hatte und Hilfe benötigte. Ja, man mußte Madelaine Custer helfen.
Johnny zog sich wieder zurück. Er ging zu seinem Vater. Bill stand auf, hob ihn hoch, warf ihn in die Luft und sagte: »So, mein kleiner Racker, jetzt hole ich dir erst einmal etwas Gutes zu essen. Du mußt ja ganz verhungert sein.«
»Aber sei vorsichtig«, bat Sheila.
Bill stellte seinen Sohn ab. »Keine Angst, der Bogenschütze hat was anderes zu tun.«
»Denk auch an diesen du Pré. Er ist mir nicht geheuer. Ihn und dieses Narbengesicht mag ich nicht. Sie sind schlimme Menschen.«
Bill gab seiner Frau einen flüchtigen Kuß und ging zur Tür.
»Willst du nicht lieber die Pistole mitnehmen?« fragte Sheila besorgt.
»Nein, die ist bei dir besser aufgehoben.«
Der Reporter verließ das Zimmer. Wie ich fand auch er einen leeren Gang vor.
Er schaute nach beiden Seiten und schritt dann auf die Treppe zu. Allerdings bemühte sich Bill nicht, besonders leise zu sein. Er wollte in die Küche.
Der Reporter hielt seine Augen offen. Roman Willard hatte überall Kerzen angezündet. Sie standen in hölzernen Ständern. Die Flammen brannten unruhig und flackerten.
Bill verlief sich einmal, dann aber fand er den Weg in die Küche. Er hörte Stimmengemurmel und klopfte an die Tür.
Das Murmeln verstummte.
»Ja, bitte?« ertönte die Stimme des Butlers.
Bill Conolly trat ein.
Das Personal schaute ihn an. Ed Morris erhob sich von seinem Stuhl und zog den Rock glatt. »Sie wünschen, Sir?« Auch jetzt hatte er seine würdevolle Haltung beibehalten.
»Ich hätte gern etwas zu essen, aber nicht für mich, sondern für meinen kleinen Sohn. Er hat Hunger.«
Ed Morris legte seine Stirn in Falten. »Sie können gern etwas haben, Sir, nur ist die Kühlung ausgefallen, da wir keinen elektrischen Strom mehr haben.«
»Ein paar Sandwiches reichen.«
»Das läßt sich machen, Sir.«
Polly sprang auf und holte aus der riesigen Kühltruhe Geflügel, Wurst und Käse. Sie belegte damit die Sandwiches, und als sie beim fünften angelangt war, winkte Bill Conolly lachend ab. »Es reicht, Miß Polly, wir wollen keine Kompanie verpflegen.«
»Ich gebe Ihnen noch eine Tüte.«
»Das ist nett.«
Der Reporter bekam seine Verpflegung eingepackt, bedankte sich noch einmal und ging.
Den Weg zurück kannte er jetzt. Er würde ihn in der Hälfte der Zeit schaffen, da war er sicher.
Bill war im Prinzip froh, daß Polly ihm soviel eingepackt hatte, denn auch er verspürte einen Bärenhunger. Und Sheila konnte sicherlich auch eine Stärkung vertragen.
Bill Conolly bog um eine Gangecke und sah
Weitere Kostenlose Bücher