007 - Das Grauen von Blackwood Castle
hängte sich dem gutaussehenden Agenten an den Arm und tanzte
mit ihm. Ihr hübsches Gesicht glühte. Sie lachte den Amerikaner an, dem der
Rhythmus in die Glieder fuhr.
Geoffrey Hatkinson klatschte mit den Händen im Takt, seine Frau stand neben
dem aufgebauten kalten Büfett.
Später hockten alle beisammen, aßen und tranken, und Larry fand die Zeit,
mit seinem Gastgeber zu sprechen. »Es ist nicht ausgeschlossen, dass morgen
oder übermorgen ein Telefongespräch für mich ankommt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn
Sie es entgegennehmen würden.«
»Aber das ist doch selbstverständlich, Larry. Ich hoffe, Ihre Mission war
von Erfolg gekrönt. Wie war Ihr Besuch bei Dr. Prix?«
»Darüber kann ich noch nichts Genaues sagen. Er wusste nicht sehr viel.
Sagen Sie, Geoffrey, kennen Sie Blackwood Castle?«
»Es hat keinen besonders guten Ruf. Man sagt, dass der Earl of Wellington
das Anwesen verkommen lässt. Eigentlich schade, ein reizvoller Flecken Erde.«
»Möglich, dass ich in den nächsten Tagen dort zu tun habe. Ich möchte mir
den Neffen des Earl mal näher ansehen. Seit heute Abend weiß ich, dass er dort
lebt und in zwei Tagen seinen fünfundzwanzigsten Geburtstag feiert. Ein sehr
wichtiger Tag. Aus geheimer Quelle ist mir bekannt, dass er damit Besitzer von
acht Millionen Pfund wird.«
»Sie sagen das so merkwürdig.«
»Erwähnten Sie vorhin nicht, dass der Earl sein Anwesen verkommen lässt?«
»Chronischer Geldmangel, gewiss. Würde mehr getan werden, dann ließen sich
auch die Besucherzahlen wieder steigern.«
»Vielleicht erwartet er etwas. Das würde in meine Theorie passen«, sagte
Larry lächelnd, ohne weiter darauf einzugehen. Es war nicht der richtige
Zeitpunkt und nicht der richtige Ort, um Hypothesen zu entwickeln. Larry hatte
seine eigenen Ansichten über den Fall. Der Earl spielte eine recht düstere
Rolle in dem Geschehen um den geisteskranken Neffen und um die Erbschaft, die
von diesem bei Vollendung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres zu erwarten war.
Dave Wellingtons Mutter hatte verfügt, dass ihr Sohn erst mit dem fünfundzwanzigsten
Lebensjahr, und nicht wie allgemein üblich nach Vollendung der Volljährigkeit,
in den Genuss des Geldes kommen sollte, das seine Zukunft bis an sein
Lebensende sicherte. Was hatte sie damit bezweckt?
Am besten war es, sich einen persönlichen Eindruck von dem Erben zu machen
– noch besser aber würde es sein, den Mann zu sprechen, der Dave Wellington
medizinisch betreute. Doch alle Versuche, dies herauszufinden, waren bisher im
Sand verlaufen. Alle staatlichen und privaten Heime und Sanatorien hatten vorgegeben,
niemals einen Dave Wellington behandelt zu haben. Es musste ein
Privatsanatorium geben, das nur sehr wenigen bekannt war.
In diesem Augenblick klingelte das Telefon.
Mrs. Hatkinson hob ab und rief sofort nach Larry Brent. »Dr. Prix«, sagte
sie leise, während sie ihm den Hörer reichte. Larry zog erstaunt die
Augenbrauen hoch. Der Arzt rief kurz vor elf Uhr abends noch an!?
»Sie werden sich wundern, doch ich fand es so wichtig, dass ich es nicht
länger mit mir herumtragen wollte«, sagte die Stimme am anderen Ende der
Leitung. »Gerade auch deshalb, weil ich weiß, dass die Dinge offenbar so immens
wichtig sind.«
»Okay, Doktor. Jede Minute ist kostbar.«
»Ich habe noch einmal die Kartei von Dave Wellington durchgeblättert. Darin
wird der Name eines Mister Furtherland erwähnt. Furtherland hat den Earl damals
auf ein privates Kinderheim aufmerksam gemacht. Es ist eines für normale
Kinder. Wie ich aber vorhin erfuhr – ich habe Furtherland angerufen – soll dem
Heim eine Anstalt für Geisteskranke angeschlossen sein. Sie wird von einem
gewissen Dr. Free geleitet. Dave soll dort gewesen sein.«
»Ihre Nachricht ist unbezahlbar, Doktor!«
»Das Heim liegt außerhalb von London, auf dem Land. Erkundigen Sie sich
nach Sunplace !«
»Ich werde sofort morgen bei Tagesanbruch losfahren.«
Larry Brent bedankte sich noch, hängte dann sehr nachdenklich ein und nahm
sich vor, auf der Hut zu sein.
●
Das Taxi hatte sie in der Kensington
Road abgesetzt. Die tizianrote Frau drückte dem Fahrer eine Fünfpfund-Note
in die Hand. »Stimmt so.«
»Danke, Madam!« Er öffnete die Tür, und die elegante Frau stieg aus.
»Gute Nacht, Madam!«
Sie nickte. Langsam, als hätte sie alle Zeit der Welt zur Verfügung, nahm
sie den Schlüsselbund aus ihrer kostbaren Handtasche und schloss die Tür des Apartmenthauses
auf.
Mechanisch
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