007 - Stadt der Illusionen
nicht überdauern. Wir sind auf jeden angewiesen, der zu uns stößt. Alle, die hier sitzen, wolltest du zu den Ahnen schicken. Ich habe dich jedes mal zurückgehalten, doch langsam wirst du zur Last für uns. Du solltest wieder deiner eigenen Wege gehen.«
»Du kannst sie nicht einfach fortschicken«, meinte der Gedrungene und deutete auf Zeta. »Wir kennen sie nicht. Sein Misstrauen ist berechtigt.«
»Ihr kennt sie nicht«, gab der Mann zurück, »aber ich kenne sie und sie kennt mich.« Er lächelte melancholisch. »Nicht wahr, Zeta, ehemals Clansträgerin des Triten-Clans und nun Novizin bei Sahotin?«
Und ob sie ihn kannte. Sie hatte den Schwarzhaarigen zu Tritars Clan geholt, als sie des Alleinseins müde war und einen Bettgefährten für einsame Stunden brauchte. Sie hatte nur ein flüchtiges Abenteuer gewollt, doch schon bald gemerkt, dass er sich in glühender Liebe für sie verzehrte. Er war sehr von sich eingenommen und hatte sich erhofft, im Clan aufzusteigen. Daraufhin hatte sie ihn wieder fallen gelassen und sehr bald vergessen.
»Trinon …«, sagte sie.
»Ich trage dir nichts nach, Zeta«, entgegnete er. »Doch wir haben noch etwas gut bei dir. Als du erleben musstest, dass der Triten-Clan vom Untergang bedroht und Tritar in seinem altmodischen Stolz nicht gewillt war, die Regeln einzuhalten, hast du mich wieder in dein Bett geholt und mich gebeten, auf den Clans-Träger zu achten.«
»Ich weiß«, sagte Zeta. »Du hast die Netze gespannt und Tritar die Flucht ermöglicht, ohne dass der Quellherr erkannte, wie eng die Beziehung zwischen uns einmal gewesen war.«
»Tritar konnte ich täuschen, Olmish jedoch nicht. Ich musste fliehen und kann von Glück reden, überhaupt noch zu leben. Du hast mich in einer Notlage um Hilfe gebeten und ich habe sie dir gewährt, Zeta. Doch nun bist du zu uns gekommen und nun sind wir in einer Notlage, in der wir deine Hilfe brauchen.«
»Was verlangst du von mir?«, fragte Zeta tonlos.
»Dein vergötterter Clansvater hat sehr viel Glück gehabt«, wich Trinon aus.
»Ich habe ihn niemals vergöttert«, stellte Zeta richtig.
»Der Mann, um dessentwillen du mich ausgenutzt hast, ist nie tief genug gefallen«, orakelte ihr ehemaliger Liebhaber. »Seine einzige Sorge blieb sein Stolz, den er nicht aufgeben wollte. Doch bei jeder Clansauflösung stehen Dutzende von einfachen Mitgliedern vor dem Nichts. Sie werden von Frau und Kind getrennt und die meisten müssen ihr restliches Dasein im Elend führen. Die anderen Quellherren nehmen nur gesunde, fleißige und fügsame Clansmänner auf. Zu alt dürfen sie auch nicht sein. Sie haben ein Netz gespannt, wie jenes, das ich für Tritar aufgezogen habe. Wer durch dieses Netz fällt, muss Unterschlupf in den leer stehenden Türmen suchen und von den Abfällen der anderen leben.«
»Ich weiß noch nicht, ob dieses Netz auch mich auffangen wird«, warf die Clansträgerin ein. »Doch es scheinen nicht viele durch das Netz zu fallen. Ich habe auf den Straßen keinen mehr von euch gesehen. So schlecht scheint es euch also nicht zu gehen.«
»Uns, Zeta!«, entgegnete Trinon. »Du gehörst jetzt zu uns.« Seine Kiefermuskeln spannten sich. »Die Clansherren jagen uns wie lästiges Ungeziefer. Bis in unsere Verstecke hinein verfolgen und töten sie uns. Nur in den Höhlen dieses ausgetrockneten Flussbettes haben sie uns noch nicht aufgespürt.«
»Und was erwartest du nun von mir?«
»Wir brauchen einen Stützpunkt in der Stadt, einen sicheren Ort, von dem aus wir zu unseren Streifzügen aufbrechen können. Du wirst ihn uns besorgen.«
Zeta riss ungläubig die Augen auf.
Trinon beugte sich hinab, um ihre Fesseln zu lösen. »Du wirst Sahotins Wünschen Folge leisten, dich in seinen Clan aufnehmen lassen und dir ausbedingen, eigene Räume in der untersten Terrasse zu beziehen. Sie werden in der Nähe des Sahin-Heiligtums liegen. Einige von uns, die noch nicht zu Namenlosen erklärt wurden, wirst du in den neuen Clan aufnehmen.«
»Nein«, sagte Zeta verzweifelt. »Das kann ich nicht.«
»Du hast keine Wahl. Wenn du dich weigerst, erfährt Sahotin von deinen Verstößen gegen die heiligen Regeln.«
»Aber wie …?«
»Wenn Shabran uns nicht leben lässt«, unterbrach der Mann sie, »werden wir die Stadt verändern, bis wir in ihr leben können. Du wirst uns dabei nicht aufhalten.« Er zögerte. »Ich will dich nicht zwingen, aber ich stelle mich auch nicht gegen meine Männer. Sie haben dich nicht gekannt. Und sie werden
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