0070 - Die Teufelsbraut
heraus, die mit geweihten Silberkugeln geladen war. Ehe mich das Sigill attackieren konnte, brachte ich meine Waffe in Anschlag. Die stilisierte Teufelsfratze riß ihr abscheuliches Maul auf.
Das glühende Biest wollte mich verschlingen.
Aber dazu kam es nicht, denn ich zielte auf die Stirn der dämonischen Erscheinung und drückte augenblicklich ab.
Der Schuß peitschte.
Das geweihte Silbergeschoß stanzte ein Loch in den Teufelsschädel. Die Wirkung war verblüffend: das Sigill zerplatzte wie eine Seifenblase, die gegen ein Hindernis stößt.
Der riesige Feuerball war von einem Moment zum andern nicht mehr vorhanden. Er war weg. Man konnte ihn nicht mehr sehen.
Es gab ihn nicht mehr.
Und vor mir, auf dem Boden, lag Suko mit schmerzverzerrtem Gesicht!
***
Suko war bewußtlos. Es war ein hartes Stück Arbeit für mich, diesen schweren Brocken hochzuhieven und in sein Zimmer zu schleppen.
Ächzend warf ich ihn auf sein Bett. Überall im Zimmer entdeckte ich Kampfspuren. Ich öffnete Sukos Hemd, um ihm Erleichterung zu verschaffen.
Auf dem Gang wurde es lebendig. Natürlich war der Schuß nicht ungehört geblieben. Es kam zu einem kleinen Auflauf, an dem auch ich mich beteiligte, damit die Hotelgäste nicht auf die Idee kamen, ich hätte geschossen.
Ich trat aus Sukos Zimmer und tat reichlich verwundert. Ein wohlgenährter Amerikaner trat auf mich zu.
»Haben Sie das auch gehört, Mister?«
Ich nickte. »Hörte sich an wie ein Schuß.«
»Ich habe in Korea und Vietnam gekämpft. Ich sage Ihnen, das hörte sich nicht nur wie ein Schuß an, das war auch einer.«
»Und wer hat geschossen?« fragte ich.
»Niemand weiß es.«
»Wurde jemand verletzt?«
»Anscheinend nicht.«
»Sonderbar«, sagte ich.
»Yeah«, dehnte der Amerikaner. »Reichlich sonderbar.«
Der Hotelmanager erschien. Die Gäste bestürmten ihn. Sie redeten alle auf einmal auf ihn ein, so daß er nichts verstehen konnte. Um es kurz zu machen: Bei der ganzen Geschichte kam nichts heraus.
Der Manager äußerte den Verdacht, daß sich jemand einen Scherz erlaubt habe, indem er einen Feuerwerkskörper zur Explosion gebracht hätte.
»Das wird es wohl gewesen sein«, sagte ich laut und vernehmlich, und die Hotelgäste schluckten es.
Der Auflauf zerbröckelte. Friede kehrte in unsere Etage ein. Ich begab mich wieder in Sukos Zimmer.
Mein Partner schlug im gleichen Moment verwirrt die Augen auf. Als ich mich über ihn beugte, zuckte er heftig zusammen.
Ich grinste. »Du tust ja so, als sähe ich aus wie Frankensteins Monster.«
»John!« stieß Suko erstaunt hervor. Er setzte sich mit einem jähen Ruck auf. Sein Blick schweifte unruhig durch den Raum.
»Wenn du das Sigill suchst, das existiert nicht mehr«, sagte ich. »Ich habe es kaputtgeschossen.«
Der hünenhafte Chinese mit dem schütteren schwarzen, in der Mitte gescheitelten Haar atmete erleichtert auf.
»Ich dachte, mein letztes Stündchen habe geschlagen«, gestand Suko. Er erzählte, was vorgefallen war.
Und ich ergänzte mit dem Ereignis, das sich nach Sukos Ohnmacht abgespielt hatte.
Danach wollte mein Partner wissen, was sich im Hause von Zsa Zsa ereignet hatte. Als er erfuhr, daß die Ungarin eine Hexe war, die mir nach dem Leben getrachtet hatte, riß mein Freund die Schlitzaugen auf.
»Der Fall beginnt turbulent zu werden«, sagte er mit belegter Stimme.
Er erfuhr nun alles das, was mir Zsa Zsa erzählt hatte. Ich erwähnte Tarantoga, die Dämonenmauer im Norden von Rio, daß Tarantogas Platz frei werden würde, und daß derjenige zu Tarantogas Nachfolger werden würde, der sich diesen Platz mit sieben Seelen erkaufte.
Sechs Seelen hatte der teuflische Kronprinz dem Dämon von Rio bereits zum Geschenk gemacht. Es fehlte nur noch eine, dann würde es in dieser Stadt zum Machtwechsel kommen.
»Wer dieser Thronfolger ist, hat Zsa Zsa dir nicht verraten?« fragte Suko.
»Leider nein.«
»Wir sollten Kommissar Calamasse informieren«, schlug Suko vor. »Wenn die Polizei nach Zsa Zsa fahndet…«
Ich nickte. »Schon überredet.«
Sukos Vorschlag war tatsächlich nicht schlecht. Wenn es der Polizei gelang, die Hexe festzusetzen, würde ich mich anschließend mit meinem Silberkreuz um sie kümmern. Dann würde sie auch das letzte Geheimnis preisgeben müssen. Mit dem Kreuz konnte ich sie dazu zwingen.
Ich begab mich zum Telefon.
Als ich meine Hand nach dem Hörer ausstreckte, klopfte jemand an die Tür. Suko und ich wechselten einen raschen Blick.
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