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0071 - Mit der letzten Kugel

0071 - Mit der letzten Kugel

Titel: 0071 - Mit der letzten Kugel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit der letzten Kugel
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forderte er mich auf.
    »Danke, sehr freundlich«, schnaufte ich und betrat das Wohnzimmer.
    Mein Ausweis lag noch ungefähr auf der gleichen Stelle. Aber der schmale Rand über dem Foto zeigte jetzt zur Tür und die linke obere Ecke nicht mehr zur Mitte des Kreisschnörkels auf dem Teppich.
    Es erwies sich das, was beim Betrachten des Films aufgefallen war, als der Blinde die Straße überquerte: genau an der Stelle machte der Bürgersteig einen Knick um neunzig Grad, Freemans Stock hatte den Bürgersteig gar nicht ertastet, trotzdem hatte Freeman genau an der richtigen Stelle den Fuß gehoben.
    Walt Freeman war gar nicht blind.
    ***
    Ich fuhr einige Haken und Schleifen durch die Stadt, um festzustellen, ob ich verfolgt wurde. Da es nicht der Fall war, brachte ich den Leihwagen zurück, nahm ein Taxi und ließ mich zum Districtgebäude bringen. Unser Maskenbildner befreite mich wieder von der theatralischen Aufmachung, ich gab in der Kammer gegen Quittung den Anzug wieder ab und den Presseausweis und erhielt meinen eigenen Anzug zurück, in dem ich mich wesentlich wohler fühlte.
    Gegen zwei Uhr war ich wieder bei Phil. Er nickte mir nur flüchtig zu, während er wieder Papiere durchsah und Notizen an die Ränder kritzelte.
    Der Fernschreiber in der Ecke war gerade ruhig, und so nutzte ich die Gelegenheit und setzte mich davor. Ich tippte meine Anfrage: New York Sondereinsatz Cotton Decker an FBI Washington. Erbitten Material über Walt Freeman wohnhaft 422 Baker Street und angeblich kriegsblind, was zweifelhaft erscheint, und Ben Johnson wohnhaft 422 Baker Street hierorts über beide Personen nichts bekannt. Ende.
    Als ich den Spruch getippt hatte, setzte ich mich Phil gegenüber an den erhöhten Tisch und nahm mir einen Stapel Karten, die samt und sonders mit einem dicken roten Querbalken verziert waren.
    Während ich die Karten durchsah, kam plötzlich aus dem Nebenraum, wo wir die Leitstelle für unsere angeblichen Taxis aufgebaut hatten, der diensttuende Beamte herein.
    Er hatte einen hochroten Kopf und schwenkte wie ein Wilder ein Blatt Papier in der Hand.
    Phil schob sofort alles beiseite.
    »Los, Mann, was ist passiert?«, fragte er aufgeregt.
    Unser Mann erzählte.
    ***
    Es war genau mittags um ein Uhr zweiundfünfzig, als im Haus der Harways das Telefon schrillte.
    Al stellte sich dicht neben den Apparat und hielt das Mikrofon seines bereitstehenden Tonbandgerätes dicht neben die Hörmuschel, als Harway den Hörer abnahm.
    »Harway.«
    »Mister Harway selbst«, fragte eine eigenartig gepresst klingende Stimme, die ganz offensichtlich verstellt wurde.
    Harway wurde blass. Al drückte bereits die Taste für die Aufnahme an seinem Bandgerät.
    Obgleich es ein modernes Gerät war und ziemlich leise arbeitete, musste es der Anrufer gehört haben.
    »Was war das?«, fragte er scharf.
    Al sah, wie Harway ein völlig ratloses Gesicht schnitt. Blitzschnell zog er seinen Drehstift und tat, als wolle er ihn auf den Fußboden werfen, wobei er gleichzeitig Harway anstieß.
    »Mir ist ein Bleistift heruntergefallen«, sagte Harway. Auf seiner Stirn bildeten sich langsam kleine Schweißperlen.
    »Rennen Sie immer mit einem Bleistift in der Hand herum? Sie wissen, was passiert, wenn Sie die Polizei schnüffeln lassen!«
    »Ja, sicher«, krächzte Harway. »Ich -ich erwartete nämlich einen Anruf aus meinem Büro und hatte den Bleistift in der Hand, weil ich einige Dinge notieren wollte. Und als ich - als ich merkte, dass es nicht meine Sekretärin - ich meine…«
    »Verstehe schon«, kicherte die Stimme. »Sie bekamen es plötzlich mit der Angst, nicht wahr? Hören Sie zu, ich habe nicht viel Zeit. Einhunderttausend Dollar in kleinen Noten heute Nachmittag von der Bank besorgen. Noch heute! Ich melde mich zur rechten Zeit wieder!«
    Harway hielt den Hörer noch in der Hand, als der andere längst aufgelegt hatte. Er wusste, dass sie sein Kind umbringen würden, wenn sie erst einmal das Geld hatten…
    ***
    Seit Montag früh hatte der kalifornische »Neffe«, pausenlos neben dem Walkie-Talkie gesessen. Er wusste, dass er vielleicht eine ganze Woche grundlos neben dem Apparat sitzen konnte.
    Aber er wusste auch, dass von seiner Bereitschaft das Leben des Kindes abhängen konnte. Und deshalb würde er neben dem Feldtelefon sitzen bleiben, und sollte der Fall zwei Monate dauern.
    Ein Uhr fünfundfünfzig ratterte die vorsintflutliche Klingel des Apparates. Im Nu hatte er den Hörer in der Hand. Der pensionierte

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