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0071 - Mit der letzten Kugel

0071 - Mit der letzten Kugel

Titel: 0071 - Mit der letzten Kugel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit der letzten Kugel
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Lichtverhältnisse nicht sehr gut, als ein junger Mann von ungefähr zweiundzwanzig Jahren durch die Straße bummelte. Er benahm sich ein bisschen auffällig, denn er drehte sich oft um. Aber es wurde nicht im Bild sichtbar, wonach er sich eigentlich umsah.
    Während der junge Mann noch auf der Bildfläche war, überquerte ein Alter die Straße. Einmal blickte er sich nach dem jungen Mann um, und dabei geriet sein gefaltetes Gesicht ins Blickfeld. Er trug eine von diesen dünnen Nickelbrillen, wie sie, weiß der Himmel wann, mal Mode waren. Der junge Mann wandte ostentativ den Kopf weg und beeilte sich, in einer Querstraße zu verschwinden.
    »Stopp!«, rief ich. »Bitte das letzte Stück noch einmal.«
    Es lief noch einmal durch. Mr. Harway beugte’sich gespannt vor. Offenbar glaubte er, irgendetwas Bedeutendes übersehen zu haben, weil ich ein Stück zweimal laufen ließ.
    Auch Mark Hoagans war aufmerksam geworden. Er saß neben mir und raunte mir zu: »Stimmt etwas nicht?«
    Natürlich stimmte etwas nicht, sonst hätte ich den Filmstreifen nicht zweimal durchlaufen lassen. Aber ich war mir noch nicht ganz sicher. Deshalb fragte ich: »Wieso? Ist dir etwas aufgefallen?«
    »No. Ich dachte dir!«
    »Aber nein. Ich war nur von meiner Übermüdung einen Augenblick lang dazu verleitet worden, mal auszuprobieren, wie sich ein Mensch fühlt, der mal die Augen zumachen darf. Dadurch bekam ich ein Stück nicht mit.«
    »Ach so…«
    Das hatte ich abgebogen.
    Well, wir saßen noch circa eine Stunde und ließen pausenlos einen Streifen nach dem anderen vorbeirollen, bevor wieder etwas meine Aufmerksamkeit erregte. Abermals tauchte der junge Mann von vorhin auf, während gleichzeitig ein Blinder mit der bekannten Armbinde die Straße überquerte. Er hatte keinen Hund und horchte mit vorgestrecktem Kopf auf die Straßengeräusche, bevor er den sicheren Bürgersteig verließ. Die Kamera folgte ihm, bis er die Straße überquert hatte, und schwenkte dann zurück zu dem jungen Mann, der noch an der gleichen Stelle stand und unentwegt in eine bestimmte Richtung blickte.
    »Entschuldigung«, sagte ich, »aber ich habe heute Nacht nicht mehr als zwei Stunden schlafen können und im Augenblick fallen mir dauernd die Augen zu. Ich habe schon wieder ein Stück nicht mitbekommen. Bitte ein Stück zurück und noch einmal.«
    Wieder lief ein Stück zweimal. Und wieder fand ich meinen ersten Verdacht bestätigt… Innerlich war ich munter wie selten, wenn ich auch nach außen den Übermüdeten spielte. Wenn mich meine Beobachtungsgabe nicht getrogen hatte, dann wusste ich bereits, wo ich am nächsten Morgen mit meiner Arbeit beginnen würde.
    ***
    Der Rest war reine Routine. Nach dem Ablauf sämtlicher bisher vorliegender Filme wurden die einzelnen Fotos durchgesehen, die unsere Lichtbildstelle aus den Filmen herauskopiert hatte.
    Die Harways und Josefine, die verabredungsgemäß mitgekommen war, erkannten eine Menge Leute. Wir notierten sämtliche Namen und nummerierten einfach der Reihe nach alle identifizierten Gesichter.
    Die ganze Sitzung dauerte bis abends elf Uhr. Hoagans, der so etwas noch aus eigener Erfahrung wusste, hatte vor Dienstschluss in der Kantine eine kalte Platte fertigmachen und Getränke bereitstellen lassen, sodass wir wenigstens zwischendurch nicht ganz auf dem Trockenen saßen.
    Dann fuhren die Harways nach Hause, nachdem meine Kollegen und ich vorher auf der Straße festgestellt hatten, dass die Luft rein war und keine Beobachter sich in sichtbarer Nähe aufhielten.
    Ich fuhr zurück zum Waldorf. Der Betrieb in unserer Zentrale war etwas abgeflaut, aber noch immer saßen fast zehn Mann herum. Zwei telefonierten mit irgendwem, sechs werteten die letzten Karten der tagsüber eingeholten Auskünfte aus, und der letzte saß unentwegt am Fernschreiber, der unaufhörlich tickte.
    Ich sah ihm über die Schulter.
    … 1947 Verurteilung wegen Betruges … tippte der Fernschreiber durch. Ich sah meinen Kollegen fragend an.
    »Washington gibt die Antworten auf unsere Fragen durch, die wir von allen Karten, die weniger als fünfzig Punkte hatten, heute Nachmittag an Washington getippt hatten.«
    Ich grinste.
    »Dann haben die Kollegen in unserem Hauptquartier also auch keinen Feierabend, wenn sie jetzt noch für uns die Archive durchstöbern müssen. Dabei kriegen die keinen Sonderurlaub nach der Sache.«
    Mein Kollege nickte.
    »Das ist der Nachteil des Hauptquartiers.«
    Ich ging zu Phil. Er hatte wieder einmal dampfenden

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