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0071 - Mit der letzten Kugel

0071 - Mit der letzten Kugel

Titel: 0071 - Mit der letzten Kugel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit der letzten Kugel
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Kaffee vor sich auf dem erhöhten Tisch stehen.
    »Na, Alter, was macht die Bürokratie?«, fragte ich, während ich ihm eine Zigarette zwischen die Lippen schob.
    Er tippte nur mit seinem Rotstift auf einen Stapel Karten.
    »Alles nähere Umgebung der Baker Street und alles vorbestraft«, sagte er.
    »Donnerwetter!«, staunte ich. »In so einer vornehmen Gegend.«
    »Eine weiße Weste«, erwiderte Phil trocken, »ist häufig nur ein Kleidungsstück, mein Lieber.«
    Er hakte noch ein paar Sachen ab, dann schob er den Stapel Karten beiseite und sagte: »Schluss für heute. Mehr können wir nicht tun. Auskunfteien haben keinen Nachtdienst und die Banken auch nur für dringend notwendigen Geldverkehr. Wir können also nichts mehr tun. Sobald Washington seine letzte Nachricht durchgegeben hat, sehe ich sie schnell noch durch, inzwischen werden auch die Boys mit der letzten Kartenauswertung fertig sein. Die…«
    Ich fiel ein: »Die sehe ich durch und tippe per Fernschreiber alle Namen mit weniger als fünfzig Punkten an die Zentrale durch. Damit man sich dort heute Nacht schon mit den Leuten beschäftigen kann. Vielleicht werden wir annähernd gleichzeitig fertig, damit wir mal…«
    Jetzt unterbrach mich Phil: »Ein Bett nicht immer nur vom Hörensagen kennenlernen. Danke, Jerry.«
    »Okay, Alter. Bei mir ist nicht viel rausgekommen außer einer Kleinigkeit, der ich morgen früh nachgehen werde.«
    »Gut.«
    »Was machen unsere Kollegen?«
    »Was nicht mehr hier arbeitet, liegt im Bett. Allerhöchster Befehl von mir als Chef vom Dienst«, grinste Phil.
    »Morgen früh sechs Uhr allgemeines Wecken. Um sieben Einteilung, um halb acht Abmarsch der Festteilnehmer zur zweiten Runde.«
    »Die zwanzig Mann sind gekommen?«
    »Sicher. Sie haben die erste Etappe Arbeit bereits hinter sich. Prächtige Burschen. Einer bleibt freiwillig heute Nacht hier sitzen, wenn etwas Dringendes passieren sollte.«
    »Wann stehst du morgen früh auf?«
    »Um fünf. Ich muss die Einteilung der Leute fertigmachen, bevor sie wach sind.«
    »Okay. Da sind die Meldungen aus Washington. Ich sehe die letzten Karten durch. Let’s go!«
    Wir machten uns an die Arbeit. Um halb zwei krochen wir endlich in die weichen Betten des Astoria. Aber auf fünf Uhr zeigte jetzt schon der Klingelzeiger unseres mitgebrachten Reiseweckers.
    ***
    Um acht Uhr betrat ich unser Districtgebäude in der 45. Straße. Die seit Jahren vertraute Atmosphäre brandete mir entgegen. Aus allen Fahrstühlen quollen Ströme von G-men, die auf ihre Büros zueilten.
    »Hallo, Jerry!«, wurde mir zugerufen.
    Ich erwiderte die Grüße. Ich stand vor der Tür unseres Spezialisten für Gesichtsveränderungen, aber er war noch nicht da. Mit dem letzten Schub aus dem Fahrstuhl kam er an.
    »Hallo, Cotton!«, rief er schon von Weitem. »Haben Sie Arbeit für mich?«
    Ich nickte.
    »Ja. Ich brauche ein anderes Gesicht für den Vormittag. Ich möchte als Reporter gehen. Wie ich aussehe, ist mir gleichgültig.«
    »Okay, okay, Kleinigkeit. Kommen Sie herein! Ich habe aus einer vierzehnjährigen Schülerin in Hollywood eine achtzigjährige Greisin gemacht. Ein Zwanzigjähriger bekam von mir ein Gesichtchen wie zehn. Kleinigkeit, Maestro, Kleinigkeiten!«
    Er war italienischer Abstammung und hatte jahrelang beim Film als Maskenbildner gearbeitet, bis ihn sich das FBI geholt hatte. Jetzt hatte er härtere Beweisproben seines Könnens abzulegen, denn jetzt musste das nüchterne Tageslicht dem Schminkkönnen standhalten.
    Er brauchte ungefähr eine Stunde, dann hatte ich eine Knollennase, einen Bauch, fette Wangen und sah überhaupt wie ein genusssüchtiger Lebemann in den Vierzigern aus.
    Im Spiegel erkannte ich mich selbst nicht wieder und zog achtungsvoll den Hut vor mir. Unser Maskenbildner war sehr zufrieden mit seiner Arbeit, und er durfte es auch.
    Ich ließ mich bei Mister High melden als Reporter der Times. Als ich ins Zimmer trat, warf mir Mister High einen flüchtigen Blick zu und sagte: »Bitte, nehmen Sie Platz! Was kann ich für Sie tun, Mister…?« Er stutzte plötzlich, dann lachte er und sagte: »Gut, Jerry. Wenn ich nicht Ihren Anzug genau gekannt hätte, wäre ich auf die Maske hereingefallen. Lassen Sie sich aus unserer Kleiderkammer einen weiteren Anzug heraussuchen. Ihre Hose platzt ja beinahe.«
    Da hatte er leider recht. Den Bauch, den mir unser Maskenbildner verpasst hatte, vermochte meine Hose einfach nicht zu fassen.
    »Ich brauche einen Presseausweis, Chef«, sagte ich.

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