0072 - Das Höllentor
sinken, der bei der Schlägerei heil geblieben war. »Ich passe gut auf sie auf!«
***
»Bleib stehen, John, es hat keinen Sinn mehr.«
Suko sagte das um drei Uhr nachmittags. Daß es so spät war, erkannten wir allerdings nur an unseren Uhren. Es wurde weder heller noch dunkler. Auch nach der Intensität der Nordlichter konnten wir uns nicht richten. Manchmal strahlten sie so hell, daß wir meilenweit sehen konnten. Dann wieder erloschen sie ganz, so daß wir auf den begrenzten Rahmen unserer Scheinwerferkegel angewiesen waren.
»Warum soll es keinen Sinn mehr haben?« fragte ich verbissen und fuhr weiter.
»Weil wir uns verirrt haben, auch wenn du es dir nicht eingestehen willst«, antwortete er. »Wir fahren seit Stunden kreuz und quer durch diese Eis- und Schneewüste. Hast du gezählt, wie oft wir unsere eigenen Spuren gekreuzt haben?«
»Nein«, murmelte ich. »Bei vier habe ich zu zählen aufgehört.«
»Siehst du, es ist zwecklos!« trumpfte Suko auf. »Wir haben uns verirrt.«
»Aber Myxin hat uns diesen Weg gewiesen«, sagte ich beharrlich. »Und er hat uns nicht in die Irre geschickt. Er hat ein Interesse daran, daß wir das Höllentor verschließen.«
»Das ändert nichts an unserer Lage.« Suko seufzte tief. »Wir sind vielleicht fünfmal an dem Tor vorbeigefahren und haben es nur nicht erkannt.«
Ich kuppelte aus, bremste und schaltete den Motor und die Scheinwerfer ab. Die Stille überwältigte uns.
Draußen war es nicht ganz dunkel, weil wieder rötliche Nordlichter über den Himmel geisterten. Es schneite leicht. Der Wind wirbelte die Flocken in einem bizarren Tanz auf.
»Wir müssen Jane finden«, sagte ich leise. »Wenn Myxin die Geduld verliert, stirbt sie.«
»Das weiß ich auch«, sagte Suko heiser. Er hatte den Würgegriff des Wächters noch nicht ganz überstanden. »Aber bevor wir weitersuchen, müssen wir uns eine Methode einfallen lassen.«
»Und welche?« Ich fühlte mich ratlos wie schon lange nicht. »Myxin will uns offensichtlich nicht mehr helfen. Er glaubt, daß er genug für uns getan hat. Wenn wir aber schon so lange kreuz und quer durch die Gegend… Moment!«
Ich stockte. In meinem Kopf formte sich eine Idee.
»Ja, das könnten wir versuchen!« rief ich und griff nach dem Kreuz, das ich immer um den Hals trug. Es schimmerte im Widerschein der Nordlichter. »Vielleicht weist es uns den Weg.«
»Und wie?« Suko betrachtete ratlos den geweihten Gegenstand.
»Es spricht auf böse Mächte an«, erklärte ich. »Warte!«
Ich sprang aus dem Wagen und lief nach vorne. Sorgfältig band ich das Kreuz an der Kühlerfigur fest und überzeugte mich davon, daß ich es nicht verlieren konnte.
»Wenn das nur klappt«, meinte Suko skeptisch, als ich wieder einstieg.
»Schlimmer kann die Verwirrung nicht werden.«
»Doch!« Er deutete auf das Armaturenbrett. »Wir haben fast unser ganzes Benzin aufgebraucht. Der Treibstoff in unseren Reservekanistern reicht nur für etwas mehr als die Rückfahrt.«
Ich biß die Zähne zusammen. »Wie lange, schätzt du, können wir noch fahren, damit wir auch zurückkommen?«
»Eine Stunde, würde ich sagen.« Er schüttelten den Kopf. »Das schaffen wir nicht, John!«
»Ich mache weiter«, sagte ich entschlossen und gab langsam Gas.
Genau wußte ich selbst nicht, wie ich mir die Suche mit Hilfe des Kreuzes vorstellte. Ich hoffte nur, daß es mir im entscheidenden Moment einen Hinweis geben würde.
Ich zog den Geländewagen in einem weiten Kreis herum. Dabei ließ ich das Kreuz keine Sekunde aus den Augen.
»Das hilft auch nichts«, sagte Suko enttäuscht.
Er hatte recht. Das Kreuz sprach nicht an. Nach wie vor wußte ich nicht, in welcher Richtung wir Jane suchen sollten.
»Wir müssen die Stelle wiederfinden, an der dich der Wächter des Höllentors angegriffen hat«, sagte ich energisch. »Er ist in einem Sumpf verschwunden, den er offenbar selbst hat entstehen lassen. Vielleicht wirken dort noch die dämonischen Kräfte nach.«
Wir besprachen uns kurz und einigten uns auf eine Richtung. Schon nach einer Viertelstunde beugte sich Suko aufgeregt vor. »Da sind unsere Spuren!« rief er. »Und dort hat mich der Wächter zu dem Sumpf gezerrt.«
»Dann müßte es eigentlich klappen.« Ich starrte nur mehr auf das Kreuz und achtete nicht auf die Umgebung.
Hier wiederholte ich das gleiche wie vorhin. Ich zog den Wagen in eine weite Kurve.
Plötzlich stieß ich einen Seufzer der Erleichterung aus. Mein Kreuz strahlte hell auf. Und als
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