0073 - Die drei Deserteure
eine kleine Rolle. Dann nämlich, wenn Oberleutnant Chellish noch am Leben war, konnte es unter Umständen geschehen, daß sich Dinge ereigneten, für die im normalen und vorausberechneten Verlauf der Suche kein Platz war.
3.
Unter dem 8. Oktober 2042 meldete die Terrania Times: Es scheint, daß unser Bericht vom 5. Oktober über das Verschwinden eines Raumaufklärers vom Typ Gazelle vorn neuen Stützpunkt Myrtha VII und unsere Bemerkungen über die wenig verantwortungsbewußte Information der Öffentlichkeit durch das Ministerium für Information und Öffentliche Meinung beträchtliche und zum Teil unverständliche Unruhe hervorgerufen hat.
Gewiß ist der Vorfall schwerwiegender, als das Ministerium für Information und öffentliche Meinung es zugestehen wollte. Gewiß hat die Öffentlichkeit eine bessere Unterrichtung besonders in Augenblicken der Gefahr verdient. Aber auf der anderen Seite erscheint es uns töricht, zu glauben, daß infolge des Verlusts der Gazelle irgendwo in den Weiten der Galaxis ein mörderischer Krieg ausgebrochen sei und daß der Aufbruch großer Flottenteile von der Erde und den solaren Planeten irgend etwas mit dem Verschwinden dreier Deserteure zu tun habe. Man kann hierüber eine einfache Rechnung aufmachen: Eine Gazelle kostet den Staat etwa 45 Millionen Solar. Etwa ebensoviel muß er abbuchen, wenn ihm ein solches Fahrzeug, durch welche Ursache auch immer, verlorengeht. Das Manöver, das im Augenblick im Gange ist, hat bis zur Stunde schon das Tausendfache dieses Betrages gekostet, etwa 50 Milliarden Solar Wir sind, wie viele unserer Mitbürger, der Ansicht, daß nicht alles richtig ist, was sich in den Ministerien unserer Hauptstadt tut, aber wir glauben nicht, daß wir der Regierung Mangel an kaufmännisch-mathematischen Kenntnissen vorwerfen dürfen. Nicht einmal ein Narr würde Manöver mit einem Gesamt-Kostenaufwand von vielleicht hundert Milliarden Solar veranstalten, nur um ein Objekt wiederzufinden, das höchstens fünfundvierzig Millionen Solar wert ist.
Wie wir von zuverlässigen Gewährsleuten erfahren, handelt es sich bei dem großangelegten Manöver der Flotte um eine Maßnahme zur Stärkung der Abwehrbereitschaft, die in den folgenden Jahren routinemäßig durchgeführt werden soll. Man kann über die Kosten, die solche Maßnahmen der Allgemeinheit zusätzlich auferlegen, verschiedener Meinung sein. Man sollte sich aber nicht ins Bockshorn jagen lassen und albernen, Unruhe stiftenden Gerüchten Glauben schenken.
*
„Was Besonderes?" fragte Suttney, als er den Kommandoraum betrat.
Oliver Roane erhob sich brummend. „Weiß nicht", antwortete er verdrießlich. „Einmal hat er an etwas gedreht und gesagt, es wäre die Klimaanlage."
Unter dem Schott stand Ronson Lauer. Chellish, der sowohl Suttney als auch Lauer scharf beobachtete, sah, wie letzterer zusammenzuckte und in gebückter Haltung, wie eine Katze vor dem Sprung, zu ihm herüberstarrte.
Er ist der Gefährlichste von allen, dachte Chellish. Schnell und skrupellos.
Walter Suttney hatte sich ebenfalls zu ihm herumgedreht und musterte ihn scharf. „Wie ist das, Chellish?" fragte er.
Gunter Chellish gab keine Antwort. Suttney war ein paar Schritte näher getreten.
„Antworten Sie, Chellish!" befahl er mit Nachdruck. „War es die Klimaanlage?"
„Nein", antwortete Chellish ruhig und behielt weiterhin Ronson Lauer im Auge.
„Was war es dann?" wollte Suttney wissen.
„Ich weiß es nicht", antwortete Chellish, so ruhig er konnte. „Ich habe einfach auf zwei Knöpfe gedrückt."
Aus den Augenwinkeln sah er, wie Ronson Lauer nach der Waffe griff, die er in einem Futteral am Gürtel trug. „Warum?" fragte Suttney. „Um Zeit zu gewinnen", antwortete Chellish und stand auf. „Was dachten Sie?"
Lauer kam lautlos heran, die Waffe in der Hand und mit mordlustigem Blick.
„Je länger wir hier liegen, desto besser für mich, nicht wahr? Das ist der ganze Grund", antwortete Chellish schließlich.
Walter Suttney zeigte erste Anzeichen der Verwirrtheit. Er verstand nicht, wie jemand, der sich völlig in seiner Gewalt befand, gegen seinen Willen handeln und das auch noch offen zugeben konnte. Ein paar Meter hinter ihm stand Oliver Roane, täppisch mit offenem Mund und offenbar völlig ohne Verständnis. Ronson Lauer dagegen kam mit katzenhaften Schritten, näher.
Gunter Chellish spürte, daß es ihm an den Kragen ging. Mit dem Rest innerer Ruhe, der ihm blieb, sagte er: „Passen Sie auf Lauer
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