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0073 - Gegen eine ganze Stadt

0073 - Gegen eine ganze Stadt

Titel: 0073 - Gegen eine ganze Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gegen eine ganze Stadt
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ist eine primitive Form des Geltungsbedürfnisses, weiter nichts!«
    Ich schwieg. Während der Junge langsam seinen Kopf hob, zündete ich mir endlich die Zigarette an, die noch immer zwischen meinen Lippen baumelte.
    Holder sah mich fragend an. Ich sagte hart: »Sie haben es ja gehört, Sheriff! Um sich gegenseitig zu beweisen, was sie doch für mutige Helden wären, wollten sie sich der Reihe nach auf die Eisenbahnschienen legen und warten, bis der Zug möglichst nahe herangekommen war.«
    Holder knallte die Faust auf den Tisch.
    »Verrückt geworden!«, fauchte er. »Was wäre denn nun geworden, wenn Sie beide nicht zufällig dort vorbeigekommen wären?«
    »Sie irren sich, Sheriff. Sie irren sich sehr. Nicht wir haben ihn von den Schienen geholt. Wir konnten gar nichts tun. Wir standen auf der Brücke. Zwanzig Fuß unter uns war der Bahnkörper. Springen war bei der Höhe unmöglich. Außerdem waren es bis zur Stelle, wo er lag, noch gut dreißig Yards und der Zug war schon in der Kurve.«
    »Dann kam er selbst also noch rechtzeitig vor dem Zug von den Schienen herunter?«
    Ich sah auf den Jungen. Er schluchzte leise vor sich hin.
    Auf der einen Seite tat er mir leid, auf der anderen Seite konnte ihm dieser Schock nur guttun.
    »No, Sheriff«, sagte ich gedehnt. »Ein anderer holte ihn herunter. Er kam auf dem Fußweg neben der Bahnlinie entlang. Rechtzeitig sah er den Jungen und die herannahende Gefahr. Er hetzte auf ihn zu und warf ihn im letzten Augenblick beiseite. Wirklich im allerletzten Augenblick. Der Boy hatte sich bis dahin nicht ein einziges Mal gerührt… He, warum eigentlich nicht?«
    Der Junge schlug die Hände vors Gesicht.
    »Ich - ich konnte einfach nicht«, stammelte er mit tränenerstickter Stimme. »Ich war wie gelähmt. Als ich die Lokomotive sah, war ich gelähmt. Ich hätte nicht beiseite springen können. Ich hätte es einfach nicht gekonnt.«
    »Natürlich nicht«, knurrte ich wütend. »Aber vorher so etwas Idiotisches aushecken und dann noch Mut nennen! Dazu reicht’s!«
    »Wer war es denn, der den Jungen rettete?«, erkundigte sich Holder.
    Ich zuckte die Achseln.
    »Keine Ahnung. Ich hatte ihn noch nie vorher gesehen.«
    »Und warum kam er nicht mit?«
    Ich stand auf und sah zum Fenster hinaus.
    Draußen lag ein heller Sonnenschein über dieser verbohrten Stadt. Irgendwo summte eine Biene im Raum oder irgendein großes Insekt.
    »Er konnte nicht mitkommen, Sheriff«, sagte ich leise. »Er erkaufte das Leben dieses Boys um den Preis seines eigenen Lebens. Die Lokomotive erfasste ihn einen Herzschlag später, nachdem er den Boy von den Schienen heruntergeworfen hatte…«
    Holder öffnete den Mund. Aber es kam nur ein verlegenes Krächzen aus seiner Kehle.
    »Drei Schulkameraden standen unweit am Bahndamm. Sie taten nichts zu seiner Rettung. Wahrscheinlich waren sie selber zu feige. Denn wirklichen Mut haben diese Helden doch nicht, deswegen müssen sie sich doch selbst in solchen albernen, in solchen verdammt idiotischen Spielen das beweisen, was sie in Wirklichkeit, und wenn es darauf ankommt, überhaupt nicht haben. Nebenbei bemerkt, waren es Weiße, die drei Boys. Genau wie dieser da.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«, fragte Holder leise.
    »Nicht viel«, erwiderte ich bitter. »Ich wollte nur noch erwähnen, dass sein Lebensretter einer von diesen drittklassigen Unmenschen ist, die man hier in der Stadt am liebsten umbringen möchte. Es war ein Neger, der sein Leben für diesen Dummkopf gab…«
    Der Junge riss auf einmal ruckartig den Kopf hoch.
    »Nein! Das ist doch nicht wahr?«, schrie er. »Das kann doch nicht wahr sein!!!«
    Ich sah ihm scharf in die Augen. »Es ist aber wahr! Es war ein Neger. Und jetzt will ich dir etwas sagen, mein Junge: Ich pfeife darauf, ob deine Nerven angegriffen sind oder nicht! Du musst einer von den Strolchen gewesen sein, die maßgeblich an dem Lynchmord beteiligt waren! Und jetzt werden wir dich verhören. Wir sind FBI-Beamte, da du das noch nicht wissen wirst. Und ich gebe dir mein Wort als G-man: Ich werde dich so lange verhören, bis mir einiges klar geworden ist.«
    Der Junge schüttelte den Kopf. Er wollte etwas sagen, aber ich ließ ihn nicht zu Wort kommen.
    »Im Namen dieses armen Farbigen, der sein Leben für deines gab, werde ich dich jetzt zu allen Ausschreitungen gegen die Farbigen dieser Stadt verhören, bis ich die letzte Kleinigkeit von dir erfahren habe, die du mir überhaupt sagen kannst. Und wenn ich dieses Verhör auf

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