0075 - Es geht um Kopf und Kragen
am anderen Ende der Bartheke auf einen der hohen Hocker und rief mit der lauten Herzlichkeit des angesäuselten Trinkers nach Bedienung. Eine Bardame mit nachtschwarzen Haaren, spanischen Glutaugen und echtem Bronxslang schoss sofort auf mich los.
»Gib uns was zu trinken, Herzchen«, lallte ich mit mittelschwerer Zunge.
Im Handumdrehen standen zwei Cocktails vor uns, die leidlich schmeckten und sicher das Doppelte kosteten. Um überhaupt erst einmal mit ihr ins Gespräch zu kommen, bestellte ich noch ein paar Lagen. Die Schwarze merkte, dass bei mir etwas zu holen war, und wich nicht mehr von meiner Seite. Andere Weiblichkeiten durften sich um den Rest der Barmannschaft kümmern.
Es war gegen ein Uhr, als ich den ersten Vorstoß unternahm. Ich zog ihren Kopf dicht vor meinen Mund und lallte ihr ins Ohr: »Wer von euch Hübschen ist eigentlich die Olga?«
Sie kicherte verschämt und gestand, das wäre sie selbst.
Okay, ich erzählte ihr eine niedliche Geschichte. Hayling wäre krank geworden und könnte nicht aus seiner Bude raus. Aber sein Abnehmer würde ihn verpfeifen, wenn er ihm nicht schleunigst neues Koks beschaffte. Das war gar nicht so unglaublich, wie Sie vielleicht denken. Süchtige sind zu den unglaublichsten Dingen imstande, wenn sie ihre Droge nicht bekommen.
Olga sah mich an. Ihre Augen schillerten grünlich, und ich wusste beim Henker nicht, was sich in ihnen ausdrückte. Einen Augenblick lang verharrte sie schweigend, dann murmelte sie: »Nicht hier! Ich traue dem komischen Kauz da hinten nicht! Er schielt ab und zu herüber, als ob er was gegen uns hätte. Außerdem trägt er eine Pistole in der Achselhöhle. Als er sich vorhin vorbeugte, sah ich den Griff.«
»Dabei sieht er gar nicht so gefährlich aus«, sagte ich und musste ein Grinsen verbeißen, denn natürlich war von Phil die Rede.
»Das sind immer die schlimmsten Burschen, die gar nicht so aussehen. Ich will sämtliche Flaschen aus dem Regal hinter der Theke austrinken, wenn der Kerl nicht ein Killer ist!«
Ich verschluckte mich. Der Cocktail hatte den falschen Weg genommen. Phil ein Killer, ein berufsmäßiger Mörder! Schade, dass er es nicht hören konnte.
»Nachher!«, raunte Olga. »Ich sag dir noch Bescheid.«
»Okay, Mädchen«, brummte ich. Als ich gleich darauf eine Zigarette rauchen wollte, steckte ich sie verkehrt herum zwischen die Lippen. Ich nahm sie wieder in die Hand und drehte sie um. Aus den Augenwinkeln beobachtete ich Phil. Er kniff unmerklich ein Auge zu. Mein Signal bedeutete, dass es klappen würde, und er hatte es verstanden.
Well, Olga beeilte sich aber keineswegs. Es wurde drei Uhr früh, als ich sie noch einmal erinnerte.
»Ich kann jetzt nicht weg«, zischte sie mir zu. »Um halb vier habe ich eine kleine Pause. Dann kann ich dir die Dinger geben. Geh den Gang entlang, der zu den Toiletten führt! Links ist eine Tür mit der Aufschrift Privat, da gehst du rein, aber nur wenn dich niemand sehen kann. Klar?«
»Absolut!«, nickte ich.
Mir wurde der Kopf langsam schwer von den Cocktails. Immerhin war es schon eine ganz beachtliche Menge, die ich verkonsumiert hatte. Wenn Olga noch so sicher auf den Beinen stand, musste sie sich geschickt Wasser in ihr Glas gemixt haben.
Nun, die letzte halbe Stunde verging auch noch. Als Olga nach hinten ging, raunte sie mir schnell noch zu: »In fünf Minuten! Aber unauffällig!«
Ich nickte. Olga verschwand mit einem betörenden Lächeln durch einen Seitenausgang hinter der Bar, der von einer Portiere verschlossen war. Ich sah auf meine Armbanduhr und wartete, bis sechs Minuten vorbei waren. Auch jetzt, da Olga nicht mehr hinter der Theke stand, sprachen Phil und ich nicht miteinander. Olga konnte uns vielleicht ungesehen beobachten, oder die anderen Bardamen konnten ihr erzählen, dass wir uns auf einmal kannten, nachdem wir den ganzen Abend über kein Wort miteinander gewechselt hatten. Wir wollten nichts riskieren.
Ich fand die angegebene Tür sofort. Einen Augenblick lang lauschte ich. In dem Raum dahinter war nichts zu hören. Rasch sah ich mich um. Aus der Herrentoilette kamen zwei junge Männer, die bereits mehr als reichlich getankt hatten. Nur mit Mühe konnten sie sich noch in der Senkrechten halten.
Sie stützten sich zwar gegenseitig, aber ihr Torkeln wurde dadurch eher schlimmer als besser. Ich wartete, bis sie an mir vorbei waren, indem ich mir in aller Ruhe eine Zigarette aus der Packung zog und nach dem Feuerzeug suchte.
Als sie wieder im Lokal
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