0075 - Es geht um Kopf und Kragen
verschwunden waren, schob ich die unangezündete Zigarette in die Jackentasche. Noch einmal lauschte ich am Schlüsselloch. Es war nichts zu hören.
Mit einem raschen Griff prüfte ich den lockeren Sitz meiner Dienstpistole im Schulterhalfter. Okay, im Notfall würde ich sie im Bruchteil einer Sekunde ziehen können.
Ich riss die Tür weit auf. Soweit ich den Raum überblicken konnte, war er leer. Zögernd trat ich über die Schwelle. Mein Blick flog in die Runde.
Niemand zu sehen.
Okay, -eine Falle war es also nicht. Nun, dann würde Olga wahrscheinlich noch kommen. Ich war entschlossen, ihr wirklich ein paar Briefchen abzukaufen. Besseres Beweismaterial gegen sie konnten wir uns gar nicht wünschen. In einem Hauseingang wollte ich dann mit Phil auf sie warten. Gegen fünf oder halb sechs würde die Bude bestimmt ihre Pforten schließen. Ich freute mich schon auf Olgas verdutztes Gesicht, wenn wir sie ansprachen, und ihr klar werden würde, dass sie ausgerechnet einem G-man Kokain verkauft hatte.
Ich tat zwei, drei Schritte in dem Raum hinein.
Dann machte ich ein verdutztes Gesicht.
Hinter meinem Rücken hörte ich ein leichtes Geräusch, eigentlich war es nur ein starker Luftzug. Ich wollte mich herumwerfen, denn mir war sofort klar, dass hinter der Tür jemand auf mich gewartet haben musste.
Aber es war bereits zu spät. Ich bekam etwas verdammt Hartes auf den Schädel, sodass mir mein Hut vorn über die Augen rutschte. Allerdings hätte ich auch ohne derartige Sichtbehinderung von dieser schönen Welt nichts mehr gesehen. Mein Verstand legte sich der Gewalt gehorchend in einen Schlaf. Mir wurde es erst rot und dann sehr schwarz vor den Augen, und das Letzte, was ich fühlte, war ein harter Bums, mit dem ich auf den Teppich kippte.
***
Als ich wieder wach wurde, wollte etwas in meinem brummenden Schädel mir weismachen, ich wäre ins Wasser gefallen. Jedenfalls spürte ich deutlich eine eiskalte Nässe.
Ich schüttelte den Kopf. Das heißt, ich versuchte es. Aber nach der ersten zarten Bewegung ließ ich es sofort sein. Wenn ich den Kopf nur um einen Millimeter bewegte, stiegen die Schmerzen ins Unerträgliche.
Patsch! Auf einmal schwappte mir eine neue Ladung eiskalten Wassers ins Gesicht. Ich prustete und schnaufte, um wieder Luft zu kriegen. Ekelhaft kalt lief mir das Wasser in kleinen Bächen ins Genick, den Rücken hinunter und über die Brust bis auf den Bauch.
Langsam öffnete ich die Augen. Irgendjemand sagte etwas, aber ich verstand es nicht. Soweit schaltete mein Oberstübchen noch nicht wieder.
Vor den Augen hatte ich anscheinend eine schlecht geputzte Glasscheibe. Alles war undeutlich, verschwommen und wie durch einen Schleier anzusehen. Ich machte die Augen wieder zu, umso mehr, als mich das grelle Licht stach.
»Noch einen!«, sagte eine raue Stimme.
Was?, dachte ich unwillkürlich. Was ›noch einen‹? In meinem Kopf summte der berühmte Bienenschwarm, und vom Rest meines Körpers fühlte ich gar nichts mehr. Es kam mir so vor, als bestünde ich nur noch aus Kopf, und der tat scheußlich weh.
Platsch!, hatte ich den nächsten Eimer. Das eiskalte Wasser troff nur so von meinen Kleidungsstücken. Aber mir wurde die Tatsache bewusst, dass mir diese Kur irgendwie gut tat. Sogar der Schmerz ließ nach von der eisigen Kälte.
»Bitte noch einen!«, murmelte ich, und ich war selbst überrascht, auf was für seltene Wünsche ich plötzlich kam.
Der mit der rauen Stimme lachte dröhnend.
»Okay, soll er haben«, schnaufte er polternd. »Los, gib ihm noch einen!«
Ich hielt vorsichtshalber schon die Luft an, denn es ist etwas beschwerlich, wenn man gerade dann Luft holen will, wenn der nächste Wasserschwall kommt. Aber solange ich auch die Luft anhielt, es kam nichts. Gerade als ich wieder atmen wollte, klatschte mir die nächste Portion eiskalt ins Gesicht.
Ich schluckte etwas Wasser und musste husten. Jedes Husten dröhnte in meinem Schädel wider.
Noch einmal machte ich die Augen auf. Noch war alles verschwommen, aber als ich mich anstrengte, wich der Schleier zurück, der über den Dingen in meiner Umgebung lag.
Langsam entschied ich mich dafür, die Augen nun endgültig aufzubehalten. Aus dem allmählich zurückweichenden Nebel vor meinen Augen schälten sich langsam zwei Gesichter heraus: das von Olga und ein zweites, das ich bisher noch nie gesehen hatte. Es war breitflächig, viereckig und brutal. Intelligenz stand nicht überragend viel darin. Dafür ein umso größeres
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