0075 - Es geht um Kopf und Kragen
möchtest du, dass wir uns in ein paar Jahren durch ein Fernschreiben davon unterrichten lassen sollen, dass ein Rauschgiftboss geschnappt wurde, den wir heute schon hätten kriegen können?«
Phil klopfte mir auf die Schulter.
»Okay, okay, Jerry. Wir werden ihn schon noch kriegen.«
»Das will ich hoffen. Langsam bin ich es leid, von einer Adresse zur nächsten und von dieser wieder zu einer neuen und von da abermals zu einer nächsten Adresse zu fahren. So nach und nach verwickelt sich ja halb New York in diesen Fall…«
***
Wir fuhren durch New York. Unterwegs wurden wir noch viermal von einer Ampel und einmal von einem Verkehrsunfall aufgehalten, der uns zwang, einen Umweg zu fahren. Als wir endlich bei unserem Ziel ankamen, fragten wir uns ernstlich, ob wir in Zukunft nicht doch schneller vorankämen, wenn wir zu Fuß gingen.
In der Halle sahen wir im Mietverzeichnis nach und fanden die Filiale der Versicherungsgesellschaft im vierzehnten Stock eingetragen. Mit dem Lift fuhren wir hinauf.
Ein Vorzimmer trug die Firmenaufschrift und den Hinweis Anmeldung ! Wir klopften und gingen hinein.
Vier junge Damen hoben ruckartig ihre Köpfe von den Schreibmaschinen und warfen uns mehr oder minder glutvolle Blicke zu. Wir nahmen unsere Hüte ab und fragten nach Lesly Zero.
»Lesly ist vor fünf Minuten angerufen worden«, sagte eine der jungen Damen. »Sie sagte, dass sie mal hinunter in die Halle müsste. Sie wollte gleich wieder zurück sein. Vielleicht warten Sie so lange?«
Well, es war ein siebzigstöckiger Wolkenkratzer. In der Halle war ein ständiges Kommen und Gehen. Es war völlig aussichtslos, dass wir sie finden würden, da wir nicht einmal eine Ahnung hatten, wie sie aussah.
»Danke«, sagten wir also und setzten uns auf die angebotenen Stühle.
Als wir dann eine Viertelstunde umsonst gewartet hatten, wurde mir die ganze Sache zu dumm.
»Wir haben keine Zeit mehr«, sagte ich. »Können Sie uns nicht die Adresse geben?«
»Von Lesly?«
»Ja.«
»Ich weiß nicht, ob ich das so ohne Weiteres darf…?«
Ich legte meinen Dienstausweis auf ihre Schreibmaschine und sagte: »FBI. Dürfen Sie jetzt?«
Das Mädchen erschrak.
»Ach du lieber Himmel! FBI! Meine Güte, was hat Lesly denn ausgefressen?«
Ich zuckte die Achseln.
»Nichts Besonderes. Sie wird als Zeugin benötigt. Wir brauchen ihre Zeugenaussage.«
»Gott sei Dank! Ich dachte schon, Lesly hätte was ausgefressen«, seufzte das Mädchen und juchte in einem Ordner nach der Anschrift. Sie schrieb sie uns auf einen Zettel und wir schwirrten wieder ab, nachdem wir Anweisung gegeben hatten, Lesly möchte uns anrufen, wenn sie zurückkäme.
Wir fuhren zu ihrer Wohnung. Dort sagte uns die Vermieterin, eine biedere, ältere Lehrerswitwe, dass Miss Zero frühmorgens wie üblich ins Büro gegangen und vor sechs Uhr abends gar nicht zu erwarten sei.
Unter Berufung auf unsere amtliche Eigenschaft als G-men des FBI baten wir, ihr Zimmer sehen zu dürfen. Wir wurden in ein nettes Zimmer geführt, das allerdings nicht sehr aufgeräumt war.
»Sie ist eine liebenswerte Person, Miss Zero«, versicherte uns die Witwe, »aber sie kann sich nicht an Ordnung gewöhnen. Immer hat sie alles herumliegen! Da, sehen Sie nur!«
Sie zeigte auf die Wäsche- und Kleidungsstücke, die verstreut im Zimmer herumlagen.
Ein kurzer Rundblick überzeugte uns davon, dass Miss Zero nicht verreist sein konnte. Alle Wäschefächer waren voll, die Koffer lagen auf dem Kleiderschrank, es schien überhaupt nichts zu fehlen. Außerdem versicherte uns ja die Wirtin, dass Lesly Zero seit dem frühen Morgen nicht wieder zurückgekommen sei.
»Vielleicht belästigt sie ein Liebhaber sogar während der Bürostunden und sie kann ihn nicht so schnell los werden«, raunte mir Phil zu.
»Wollen’s hoffen«, nickte ich. »Aber ich finde das etwas eigenartig, dass sie ausgerechnet fünf Minuten vor unserer Ankunft verschwindet. Na, wir werden ja sehen, was los war.«
Wir bedankten und verabschiedeten uns, nachdem wir die Witwe getröstet hatten, dass nichts gegen Miss Zero vorläge, was in irgendeiner Hinsicht ehrenrührig sei. Zu dieser kleinen Notlüge mussten wir greifen, weil wir nicht wissen konnten, wie sich die Vermieterin verhalten würde, wenn wir die Wahrheit sagten.
Wir fuhren zurück zum Districtgebäude. Mittags gegen halb eins erreichte uns ein Anruf des Hausmeisters aus dem Wolkenkratzer, in dem Lesly Zero arbeitete. Dem wirren Gestammel war nur zu entnehmen, dass
Weitere Kostenlose Bücher