0076 - Wir verlernten das Lachen
Leutnant Davidson war am Apparat.
»Wir haben den Flugzeugeinsatz den ganzen Tag über durchgeführt«, berichtete er, »und wir werden ihn bis zum Einbruch der Dunkelheit fortsetzen, aber ich fürchte, auf diese Weise kommen wir nicht weiter. Unsere Leute haben nicht die geringste Entdeckung gemacht.«
»Trotzdem fortsetzen«, bat ich. »Ich übernehme jede Garantie für die Kosten.«
»Wie Sie wollen.«
Ich verabschiedete mich von ihm und wandte mich wieder an Mantelli. »Wie steht es mit diesem Freund von Lopez, der ihn am Mittwochabend noch gesehen haben will. Können wir ihn verhören?«
»Wir nicht, sondern ich allein! Ich weiß, wie ich Indianer zu behandeln habe. Wenn wir zu dreien aufkreuzen, machen wir Juan Salazar nur kopfscheu, und er lügt uns mit Genuß an.« Das Auftauchen eines schlanken, beweglichen Mannes veranlaßte uns, unseren Aufbruch noch etwas zu verschieben. Er wurde Phil und mir als der Graphiker Gerrighi vorgestellt und trug eine Zeichenmappe unterm Arm.
»Haben Sie etwa das Bild Benders?« fragte Mantelli erwartungsvoll. Gerrighi nickte. Er legte die Mappe auf den Tisch und öffnete sie. Interessiert beugten wir uns über die Zeichnung. Donnerwetter, der Junge konnte etwas!
Die farbige Zeichnung ließ einen schmalen, wohlgeformten Schädel mit rotem Haar erkennen, dessen Ansatz weit zurücklag und sogenannte Geheimratsecken bildete. Die Backenhaut spannte sich über den Knochen und fiel zu dem spitzen, ausgeprägten Kinn dreiecksförmig ab, während die Augen über die Norm auseinander und tief in den Höhlen lagen. Im übrigen standen die fleischigen, ausladenden Nasenflügel in sonderbarem Widerspruch zu dem verkniffenen, schmallippigen Mund.
»Ich habe ja den Mann nie gesehen«, meinte der Zeichner, »aber Cabot ist der Ansicht, das Bild sei lebensecht.«
»Wunderbar«, freute sich der Capitano. Er schüttelte Gerrighi begeistert die Hand. »Vielen Dank, mein Bester. Reichen Sie Ihre Liquidation wie üblich bei der Kasse ein.«
»Die Zeichnung wird heute noch vervielfältigt«, erklärte er dann, als der Graphiker den Raum verlassen hatte. »Entschuldigen Sie mich jetzt, ich muß das Nötige veranlassen.«
Er ging zur Tür, blieb aber zögernd stehen und wandte sich zu uns um. »Spätestens morgen früh gehen die Bilder an alle Dienststellen unserer Polizei und die der Kanal-Polizei ab. Ob ich die Zeitungen einschalten soll, müssen Sie entscheiden.«
Ich sah Phil an. Er schüttelte den Kopf, und ich sagte: »Lassen Sie genügend viele Exemplare herstellen, daß es für die Zeitungen reicht. Die Presse einzuschalten, ist im Augenblick noch nicht angebracht.«
***
Lange nach Mitternacht erhielt Capitano Mantelli die ersten Abzüge von Benders Bild aus der Stäatsdruckerei. Seinetwegen hatte eine ganze Reihe von Beamten Überstunden machen müssen. Nach einem genau vorgezeichneten Plan wurden die Abzüge verpackt und postfertig gemacht, damit sie in der Nacht nach an sämtliche Polizeistellen des Staates, der US-Channel Police und der Zollbehörden abgehen konnten.
Mantelli rauchte müde eine Zigarette und ertappte sich bei dem ketzerischen Gedanken, die verdammten Kidnapper hätten sich für ihren Coup doch auch einen anderen Staat aussuchen können.
»Ist noch etwas?« fragte er seinen Sergeanten.
»Si, Capitano, der im Fall Lopez vorerst festgenommene Kuna-Kuna Juan Salazar ist eben aus Summit eingetroffen!«
»Schön«, sagte Mantelli. »Den hatte ich ganz vergessen, Herein mit ihm, dann geht's in einem Aufwaschen!« Fünf Minuten später schoben zwei Polizisten einen Indianer in Bluejeans und Rollkragenpullover in das Büro. Seine linke Wange wurde durch eine schlecht verheilte Narbe, die von einem Messerstich' herrühren mochte, verunstaltet.
Der Mann war Mantelli auf den ersten Blick unsympathisch Trotzdem forderte er ihn höflich auf, Platz zu nehmen, und scheuchte die Beamten durch einen kurzen Wink aus dem Raum, nachdem er sich das Dossier des Festgehaltenen hatte geben lassen. Scheinbar unschlüssig besah er sich das Dokument, »Hören Sie, Capitano«, sagte Salazar plötzlich mit kehliger Stimme. »Was ist das für eine Art, einen Unschuldigen einfach zu verhaften? Gibt es zweierlei Recht in Panama? Wenn ich ein feiner Pinkel wäre, hätte man mich bestimmt nicht wie einen Gauner festgenommen!«
Mantelli wußte, wie er den Mann zu behandeln hatte, er glaubte es wenigstens zu wissen. Er sagte herzlich: »Aber, aber, mein lieber Juan, wir wollen doch nicht
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