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0078 - Die Straße zum Schafott

0078 - Die Straße zum Schafott

Titel: 0078 - Die Straße zum Schafott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Straße zum Schafott
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Es ist ein Weißer, und davon wohnen nicht viel in Harlem. Außerdem gehört er zu den wohlhabenden Schichten, nach Qualität und Geschmack der Kleidung zu urteilen.«
    »Sagen Sie, Hywood«, schaltete ich mich ein, »haben Ihre Leute schon entdeckt, dass die Halle eine Seitentür hat? Ziemlich schmal und nicht ganz mannshoch, aber immerhin groß genug, um auch von der Seite her Leute in die Halle einzulassen. Und zwar von einer Seite her, die niemand beobachten kann!«
    Die anderen starrten mich verdutzt an. Phil pfiff durch die Zähne.
    »Die Nachbarn sahen niemand weiter über den Hof gehen an dem Abend, als Corren angeblich die beiden Männer umbrachte«, sagte er. »Das war einer der am meisten gegen ihn sprechenden Punkte. Jetzt entdeckt man auf einmal, dass es eine Seitentür gibt? Zum Teufel, welche Beamten haben denn eigentlich diesen Fall Corren hier bearbeitet?«
    Hywood schnaufte.
    »Kümmern Sie sich nicht darum«, knurrte er wütend. »Die Kerle, die das waren, werden es ein Leben lang nicht vergessen.«
    Davon war ich überzeigt. Wen Hywood anfuhr, der vergaß es bestimmt ein Leben lang nicht.
    »Einer meiner Leute vom Spurensicherungsdienst ist bereits dabei, die Türklinken abzupinseln. Vielleicht haben sie doch ihre Prints zurückgelassen«, fuhr Hywood fort. »Auf der äußeren Türklinke haben wir bereits Abdrücke gefunden.«
    »Die lassen Sie nur gleich wieder wegwerfen«, sagte ich. »Die stammen nämlich von mir. Aber die innere Türklinke habe ich nicht angefasst. Dort könnte vielleicht noch etwas zu holen sein.«
    »Entschuldigung, dass ich das Gespräch störe«, mischte sich auf einmal Stringers sanftes Organ in unsere Unterhaltung. »Darf ich fragen, wann der Tod bei dem Ermordeten eingetreten ist?«
    Hywood sah auf seine Notizen.
    »Genau wie im Fall Corren«, brummte er. »Zwischen elf und halb zwölf.«
    Wir schauten uns an. Und in dieser Sekunde glaubte keiner von uns allen mehr an die Schuld von Jack Corren. Ich blickte rasch auf die Uhr. Es war sechs Uhr dreißig.
    Corren hatte noch fünfundvierzig Stunden zu leben.
    ***
    Ich blickte mich um.
    »Warum wollten Sie wissen, wann der Tod eintrat, String…?«, fragte ich, aber ich sprach den Namen gar nicht zu Ende, denn Stringer hatte sich bereits wieder verflüchtigt.
    »Übrigens«, bemerkte Anderson, »habe ich immer noch Ihre Pistole in meinem Taschentuch. Wir dachten, dass es vielleicht gut wäre, wenn die Waffe nach Prints abgesucht würde, Hywood. Haben Sie…?«
    Hywood drehte sich schon um und rief mit seiner Donnerstimme: »Marvens!«
    »Yeah, Chef?«, erwiderte eine piepsige Stimme aus der Garage, und dann kam ein kleiner Dicker zum Vorschein, der eilig über den Hof auf uns zuwatschelte.
    »Untersuchen Sie mal die Kanone nach Prints. Machen Sie die übliche Fingerspurenkarte.«
    »Yeah, Chef«, piepste das Männchen und bemächtigte sich vorsichtig meiner Dienstpistole.
    »Das fehlt uns gerade noch«, murmelte Phil und deutete mit dem Kopf in die Richtung auf das Wohnhaus. Ich sah hin.
    Mrs. Corren kam heraus. Sie trug ein weites Kleid von silbergrauer Farbe, das vorzüglich zu ihrem bronzenen Teint passte. Von Weitem wirkte sie in ihrer reglosen Stellung, mit der sie in der Haustür verharrte, und das lebhafte Treiben auf dem Hof beobachtete, fast wie eine Statue aus Gold und Silber. Dann kam Bewegung in ihre Gestalt, und mit weichen, fließenden Bewegungen kam sie auf uns zu. Sie hatte einen eigenartig aufgerichteten, fast stolzen Gang, der mir im Gedächtnis haften blieb, wenn ich auch zu dieser Zeit die Bedeutung dieses Ganges noch nicht erkannte.
    »Guten Morgen, meine Herren«, sagte sie mit leiser Stimme. »Ich hörte, dass man wieder einen Toten in der Garage gefunden hätte?«
    Ihre Stimme zitterte ein wenig.
    »Ja«, sagte Hywood. »Warum interessiert Sie das?«
    »Das ist Mrs. Corren«, sagte ich zu Hywood.
    »Oh«, schnappte der Captain. Er verstand sofort.
    Mrs. Corren wandte sich an mich. In ihren Augen standen Tränen, aber sie versuchte krampfhaft, sich das Weinen zu verbeißen.
    »Aber, Mr. Cotton«, stammelte sie, »das - das ist doch sehr günstig für meinen Mann, nicht wahr?«
    Anderson tat etwas sehr Unkluges. Er wollte verständlicherweise keine falschen Hoffnungen erwecken, die zu voreilig gewesen wären, und sagte deshalb möglichst freundlich: »Ma’am, die Auffindung dieser Leiche erscheint zwar merkwürdig, aber sie ist kein Beweis für die Unschuld Ihres Gatten.«
    Mrs. Corren sah ihn an.

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