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0079 - Der Tyrann von Venedig

0079 - Der Tyrann von Venedig

Titel: 0079 - Der Tyrann von Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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Treppe erreichte, waren sie schon auf halber Höhe. Wie schafften sie das nur?
    Ich schnellte mich durch die Luft, nahm Maß, prallte vier Treppen tiefer auf, stieß mich wieder ab. Mit diesen weiten Sprüngen holte ich auf!
    Sie sahen sich nicht nach mir um, sonst hätten sie sich das Genick gebrochen. Längst hatten sie einander losgelassen. Die Frau hielt sich an der linken Balustrade, der Mann rannte in der Mitte der Treppe.
    Zwei Drittel hatte ich geschafft, als sie den Ausgang erreichten. Aber damit waren sie nicht auf der Straße sondern erst im Innenhof. Sie mußten noch die Sperre passieren, durch die alle Besucher hereinströmten. Im Moment war dort viel Betrieb. So leicht entwischten sie mir nicht!
    »Califfo!« schrie ich. »Stehenbleiben! Ich bin es! John Sinclair! Bleiben Sie stehen!«
    Weder der Mann noch die Frau kümmerten sich um mich. Sie rannten quer über den Hof, rempelten ein paar Touristen an und hielten auf die Sperre zu.
    »Stop!« brüllte ich.
    Mrs. Califfo prallte gegen einen untersetzten Mann in Shorts. Seine Kamera flog in hohem Bogen durch die Luft und zerschellte auf dem Boden.
    Der Mann reagierte blitzschnell. Mit einem wütenden Aufschrei griff er nach der Frau, doch sie entwischte ihm. Im nächsten Moment hing sie in den Armen eines Wächters des Dogenpalastes. Der Uniformierte war hinter einer Säule aufgetaucht und hatte im richtigen Moment zugefaßt.
    Ich war natürlich auch nicht stehengeblieben, sondern schnellte mich mit einem Panthersatz in den Hof hinaus. Die Sonne knallte mir entgegen und blendete mich, so daß ich sekundenlang nur Schemen erkannte. Ich bekam aber voll mit, daß Ms. Califfo vergeblich versuchte, sich aus dem Griff des Wächters zu befreien.
    »Festhalten!« schrie ich dem Mann zu.
    »John, Vorsicht!« gellte Janes Stimme aus der Höhe herunter.
    Noch immer sah ich nicht viel mehr als sonnenüberflutete Steine und Gestalten, aber ich warf mich instinktiv zur Seite.
    Im nächsten Moment krachte eine schwere Steinstatue genau an jener Stelle auf die Platten, an der ich eben noch gestanden hatte.
    Ich stürzte und rollte mich ab. Dabei zwang ich mich dazu, nach oben zu blicken.
    Zuerst sah ich Jane Collins am Fenster des großen Saals stehen. Als nächstes erblickte ich auf dem Dach einen farbenprächtig gekleideten Pagen. Er hatte offenbar die Steinstatue nach mir geworfen.
    Ich wäre jetzt tot, mein Kopf zerschmettert gewesen, hätte Jane mich nicht gewarnt. Es war ein glatter Mordversuch gewesen!
    Im nächsten Moment enthüllte der Page in dem roten Wams mit den goldenen Litzen, der schwarzen Kniehose und den weißen Strümpfen seine wahre Identität. Er riß sich hohnlachend die Lockenperücke vom Kopf.
    Ein blanker Totenschädel kam darunter zum Vorschein. Ein Sendbote des Schwarzen Dogen! Hatte der Knochenmann nicht begriffen, daß er mich verfehlt hatte?
    Meine Hand flog an die Beretta. Ich drückte ab, noch ehe das Gelächter verstummte.
    Die Silberkugel holte den Hilfsgeist vom Dach des Dogenpalastes. Er kippte über die Dachkante, aber er erreichte nie den Steinboden des Innenhofes. Er löste sich bereits in der Luft in Staub auf.
    »Madonna!« schrie jemand neben mir. »Dio mio! Was war das?«
    Ich wandte den Kopf, steckte die Beretta wieder weg und sah den Wächter, der Mrs. Califfo festgehalten hatte. Nur daß Mrs. Califfo nicht zu sehen war.
    »Wo ist die Frau?« schrie ich ihn an.
    Er sah mich verwirrt an. »Signore, ich weiß nicht! Ich habe die Statue gesehen und dieses… dieses…«
    Er hatte sich durch das Auftauchen des Skeletts ablenken lassen! Mrs. Califfo war geflohen. Ich rannte zu der Sperre. Ein paar Leute lehnten mit zerfetzten Kleidern schreckensbleich an der Mauer.
    Die beiden hatten sich gewaltsam Durchgang verschafft!
    Ich mußte den armen Touristen einen neuen Schrecken versetzen und fegte an ihnen wie ein Wirbelwind vorbei. Keuchend rannte ich auf den Markusplatz hinaus und sah mich um.
    Suko tauchte neben mir auf. »Wo sind sie?« fragte er keuchend. Er war offenbar doch noch von der besorgten Mutter losgekommen.
    Ich deutete mit einer vagen Geste auf das Menschengewirr auf einem der belebtesten Plätze Europas. Es war aussichtslos, hier das Ehepaar Califfo zu suchen.
    »Der Platz hat fünf Zugänge«, sagte ich zu meinem Freund. »Wir sind nur zu zweit.«
    »Wir versuchen es trotzdem«, murmelte er zähneknirschend. »Der Schwarze Doge will sie zu sich holen!«
    Ich nickte. »Du zur Lagune, ich sehe mir den Platz

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