0079 - Wir hetzten den Kobalt-Boß
sagte ich. »Wenn ich mich nicht irre, halsen Sie etwas mit mir vor. Nicht daß ich singen soll, denn was kann einer schon viel wissen, der erst wenige Tage dabei ist!«
Ihr Mund rundete sich, ihre Augen glichen Schlitzen. »Oh, du scheinst ein verdammt kluges Köpfchen zu haben! Was warst du eigentlich früher? Irgendeinen Beruf wirst du wohl gehabt haben. Du scheinst zu den sogenannten Gebildeten gehört zu haben. Wohl krumme Dinger gedreht und dann nach unten gerutscht?«
»Sie haben es erfaßt«, erwiderte ich. »Sie werden lachen: Ich war mal bei der City Police, wurde dann Ermittler bei der großen Detektiv-Agentur Argus in New York, machte halbe-halbe mit einem, den ich beschatten sollte, und flog. Noch andere Sachen kamen heraus, man steckte mich ins Kittchen. Und dann rutschte ich abwärts.«
»Und wie kamst du ausgerechnet nach Buffalo?«
»Durch Empfehlung eines Zellenkollegen.«
»Wem empfahl er dich?«
»Old Joe in der Percy Street.«
»Verstehe, dort verkehren die Leute von der Tom-the-Mex-Gang. Kein Wunder, daß Tom the Mex so einen wie dich vom Fleck weg einstellte. Du heißt Jim Motley, nicht wahr? Von Tom Rubles bekamst du Papiere auf den Namen Robby Smith.«
»Sie scheinen ja sehr gut informiert zu sein.«
»Gut informiert zu sein ist für uns sehr wichtig, Jim. Besonders über die Konkurrenz. Kommen wir zur Sache! Ich stelle dich vor die Wahl: Entweder arbeitest du für uns, oder du wirst nicht älter. Wir brauchen solche Männer wie dich, die kämpfen können, aber auch etwas im Kopf haben.«
Am liebsten hätte ich sofort begeistert zugestimmt. Um die Dame nicht mißtrauisch zu machen, tat ich so, als überlegte ich. »Und wenn Tom the Mex es erfährt?«
»Das darf er nicht erfahren. Sonst legt er dich um, dann bist du für uns wertlos.«
»Ach so — verstehe. Ich soll weiter bei der Tom-the-Mex-Gang bleiben, insgeheim Ihnen alles sagen, was für Sie wichtig sein kann, verpfeifen.«
»Den Nagel auf den Kopf getroffen.«
»Und was springt für mich dabei heraus?« Ich machte die Geste des Geldzählens.
»Du wirst mit uns zufrieden sein, Jim. Natürlich steckst du auch die bei Tom the Mex verdienten Dollars in die Tasche. Also bist du gewissermaßen Doppelverdiener. Ist das ein prima Job oder nicht?«
»Prima schon, aber gefährlich«, brummte ich.
Sie machte ein Gesicht, als sei ich die verächtlichste Kreatur in den Vereinigten Staaten von Nordamerika und Umgebung.
»Ja oder nein, zum Teufel?« zischte sie.
»Natürlich ja, Miß Fluffy. Auf welche Weise soll ich mit Ihnen in Verbindung bleiben?«
»Wir müssen zwei Möglichkeiten berücksichtigen: Entweder Tom the Mex läßt dich wieder nach Windsor, oder du bleibst hier. Solltst du in Windsor arbeiten, so wende dich, wenn du etwas Wichtiges erfahren hast, an einen gewissen Williams Linubs, einen Winkeladvokaten, der in der Leicester Street sein Büro hat. Das ist unser Vertrauensmann in Kanada. Und bleibst du hier, schreibst du deine Meinung und versteckst sie an einer Stelle, die ich dir jetzt zeigen werde. Hast du eine Nachricht für uns, rufst du nur 35726 an und sagst: Der Virginia-Tabak ist angekommen. Bekommst du Bescheid: Schicken Sie uns bitte dies oder jenes — einmal werden es Zigaretten, dann Pfeifentabak oder Zigarren sein —, liegt für dich ein Auftrag an der bewußten Stelle.«
»Und wenn ich etwas weiß, was keinen Aufschub duldet?« fragte ich.
»Sagst du am Telefon: Ich brauche dringend leere Zigarrenkisten. Dann treffen wir uns an der bewußten Stelle. Kapiert?«
Mir war ein Stein vom Herzen gefallen. Auf keinen Fall durfte mich Mac mit der Hasenscharte sehen. Es war immerhin möglich, daß hinter Mac Elihu in Wirklichkeit der »Kobalt-Boß« Camille Croughs steckte. Aber ich mußte ihn sehen, um festzustellen, ob Mr. Highs Verdacht seine Berechtigung hatte. Wie ich das fertigbringen sollte, wußte ich im Augenblick nicht. Phil hatte ihn zwar beschrieben, aber das reichte mir nicht.
Meine Befürchtung, die beiden Elihu-Gangster hätten mich zusammen mit Phil gesehen, war nicht begründet, sonst hätte das Mannweib sich mir gegenüber anders verhalten, und ich lebte wohl nicht mehr. »Kommen Sie, ich werde Ihnen jetzt unseren Briefkasten zeigen«, sagte sie und erhob sich.
Als wir durch die Bar schritten, machte man uns schweigend Platz — weniger mir als der angeblichen Schwester des Bosses. Die Galgenvogel-Gesichter offenbarten mit Angst gepaarten Respekt. Fluffy mußte bei den Kerlen gefürchtet
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