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008 - Der schlafende König

008 - Der schlafende König

Titel: 008 - Der schlafende König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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war schwarz und quer über Kopf, Brust und Bauch gemasert.
    Kurz darauf fiel vor ihnen eine lange Schlammbank ins Wasser ab, auf der frische Spuren zu sehen waren. Sie ließen sich dorthin treiben und legten leise an. Aruula besah sich die Fährte.
    »Eine Wisaau«, raunte sie Matt zu und fügte nach dessen fragendem Blick hinzu: »Ein Tier mit gebogenen Hauern und einer stumpfen Schnauze, etwa kniehoch. Ein Allesfresser, angriffslustig aber schmackhaft.«
    »Das klingt nach einer Wildsau«, flüsterte Matt zurück. »Okay, lass uns jagen!«
    Sie gingen an Land und pirschten auf das spärliche Ufergebüsch zu, in alle Richtungen Ausschau haltend.
    Links von ihnen ertönte plötzlich ein Krachen und Grunzen.
    Matt stürmte vorwärts, die Beretta im Anschlag. Aruula hielt sich dicht hinter ihm. Vor den beiden bewegte sich ein grauer Schatten, der flink zwischen die Bäume huschte. Matt versuchte zu schießen, fand aber in der Dunkelheit kein klares Ziel. Das Schwein verschwand krachend im Unterholz. Sie folgten ihm, bis sie einen Hügel erreichten und haltmachten. Von der anderen Seite her drang ein Grunzen an ihre Ohren.
    Matt zündete eine Fackel an und sie kletterten hinunter. Das Schwein stellte sich zum Kampf und hätte Matt damit beinahe überrumpelt. Er war gerade von einem umgestürzten Baumstamm gesprungen, als die gebogenen Hauer aus der Finsternis auf ihn zu rasten. Aruula reagierte als erfahrene Jägerin. Mit einem Schrei setzte sie vom Stamm aus über Matt hinweg, schwang ihr Schwert in einem flirrenden Halbkreis nach unten und spaltete dem Tier den Schädel. Mit einem durchdringenden Quieken brach es zusammen.
    Keuchend blickte Matt auf den leblosen Körper hinab. Es war kein Wildschwein, wie er es aus der alten Zeit kannte: Es war hellbraun wie ein Reh, schlank wie ein Schäferhund und hatte riesige Hauer.
    Das frische Fleisch entschädigte sie für alle Mühen. Am Ufer brieten sie zwei Stücke über offenem Feuer und drehten sie, bis sie von allen Seiten gar waren. Aruula fing das herabtropfende Fett in einem großen Blatt auf und goss es wieder über den Braten. Es war eine prächtige Mahlzeit. Sie schwelgten nach Herzenslust, wuchteten den Rest ins Boot und ruderten weiter nach Westen.
    ***
    Der See war vierzig Kilometer lang, viereinhalb Kilometer breit und bedeckte neun- zig Quadratkilometer. Gespeist wurde er von dem Flüsschen Linth, sein Abfluss erfolgte über die Limmat in die Aare.
    Früher waren die wald und reben bedeckten Ufer dicht besiedelt gewesen. Matt erinnerte sich an zahlreiche Villen und die Namen von Kur und Badeorten. Jetzt bedeckte ein phantastisch anmutender Urwald das Ufer, und hier und dort ragten zwischen den Bäumen die unbedachten Türmchen uralter Kirchen in die Höhe. Die Villen waren längst zerfallen. Generationen von Bäumen waren bei Unwettern über ihnen zusammengebrochen, Erdverschiebungen hatten Tonnen von Boden über sie gehäuft und die Ruinen unbegehbar gemacht.
    Im silbernen Licht des Mondes ruderten Matt und Aruula dorthin, wo in weiter Ferne die Kirchturmspitzen zu sehen waren. Als sie angelegt und das Boot an Land gezogen hatten, machten sie sich Gedanken über ein Nachtlager. Im Osten stand eine Wolkenwand und drohte finster über der üppigen Wildnis. Vielleicht würde es später noch regnen. Sie mussten einen sicheren Unterstand finden.
    Wolken zogen über den Mond, ein Vogel schrie. Es war still bis auf die verhaltenen Geräusche unsichtbaren Lebens im nächtlichen Wald.
    Der Gipfel des Hügels, den sie hinter dem Ufer erklommen, war dicht bewachsen. Hohe Farnkräuter ragten auf, fremde Blumen strömten einen betäubenden Duft aus. Sie gingen langsam hinab, um ein Quartier zu suchen. Kurz darauf sahen sie Gestein durch das Laub schimmern. Matt hielt es für die Steinreste einer Ruine, doch beim Näherkommen blieb Aruula erschrocken stehen. Vor ihnen ragte ein in Stein gehauenes Götzenbild auf. Es war ungefähr drei Meter hoch und stellte einen glatzköpfigen Mann mit geschlossenen Augen dar. Er sah aus, als schliefe er. Um seinen Mund lag ein rätselhaftes Lächeln. Sein Körper war nur angedeutet. Fertig war lediglich der Kopf.
    Matt trat näher. War das der schlafende König? Wer hatte die Statue erschaffen? Wie lange stand sie schon hier?
    Es gab keine Antwort auf diese Fragen. Nur die Wipfel der Bäume rauschten um das steinerne Haupt. Schlingpflanzen nickten. Moos umwucherte das Bildnis.
    Matt ging vieles durch den Kopf. Er dachte an den Helm, den

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