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008 - Hexenbalg

008 - Hexenbalg

Titel: 008 - Hexenbalg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gimone Hall
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konnte sie hinaufsehen und dabei das Gefühl haben, sie würde von einer Freundin erwartet.
     
     
    9
     
     
    Auf die Dauer bildete die Puppe keinen Ersatz für eine wirkliche Freundin, und Beth fasste schließlich den Entschluss, das Stück Weges auf sich zu nehmen und die Nachbarin zu besuchen, die so merkwürdig war. Sie sollte es nicht bereuen.
    Mrs. Richards war eine kleine alte Frau mit grauem Haarknoten und altmodisch langen Röcken. Obwohl sie am Stock gehen musste, wirkte sie sehr flink und behende. Im ganzen Haus roch es herrlich würzig.
    Sie war eben dabei, einen Kuchen zu backen, und war entzückt über den unerwarteten Besuch. Sofort bot sie Beth eine Tasse Tee und Backwerk an.
    Beth fühlte sich sehr wohl in Mrs. Richards Gesellschaft. Es dauerte nicht lange, und sie sprach mit Mrs. Richards über ihr Problem mit dem Haus. »Es ist so abweisend und ungemütlich«, gestand sie. »Aber jetzt habe ich eine Mitverschwörerin. Eine Puppe. Die gehörte sicher Peters Kusine.«
    Sie beschrieb die Puppe, und Mrs. Richards nickte. »Ja, ich kann mich erinnern, Georgiana hat der Puppe ihre eigenen Babysachen angezogen. Es war ihre Lieblingspuppe – fast so groß wie sie selbst.«
    »War Georgiana denn noch so klein, als sie starb?«
    »Erst fünf oder sechs. Und Peters Vater hat das arme Pferd erschossen. Eine so liebe Stute. Ich habe nie an einen Unfall geglaubt. Nein, ich glaube vielmehr, das Pferd war verhext.«
    Beth wollte ihren Ohren nicht trauen und starrte die alte Frau fassungslos an.
    »Ja, es stimmt«, sagte Mrs. Richards lächelnd, als sie ihr Erstaunen bemerkte. »Sie gehören also auch zu diesen Aufgeklärten! Heutzutage sind ja alle jungen Leute so aufgeklärt und modern. Die Menschen erfinden alle möglichen Entschuldigungen, um das Übernatürliche weg zu lügen. Es ist erstaunlich, wieviel von dem ganzen Aufgeklärtsein nur darin besteht, die Augen vor gewissen Dingen zu verschließen.«
    »Aber Hexen – nein!«
    »Massachusetts ist ein Hexenland, meine Liebe. Das lässt sich nicht leugnen.«
    »Ich weiß, dass vor einigen hundert Jahren viele Menschen unschuldig gelitten haben, weil man sie für Hexen hielt.«
    »Ja, viele Unschuldige. Es war eine schreckliche Zeit. Aber das bedeutet keineswegs, dass es damals keine Hexerei gab. Und dass es heute keine gibt. Böse Kräfte lassen sich mit Verbrennungen nicht auslöschen. Es gibt nur ein einziges Gegenmittel: man muss ihnen mit guten Kräften entgegentreten.« Sie machte ein geheimnisvolles Gesicht. »Sie sind da draußen in den Wäldern. Ich kann die Zeichen sehen.«
    Die alte Dame senkte die Stimme: »Wie oft habe ich einen Kranken besucht und eine Haarkugel – einen Hexenball – unter dem Kissen oder hinter dem Bett gefunden!«
    Beth musste lachen. Jetzt war ihr klar, warum Mrs. Richards als merkwürdig galt.
    »Sprechen wir lieber von etwas anderem«, schlug Beth vor. »Ich halte mich zwar für aufgeklärt, aber ich könnte in dem großen Haus Alpträume kriegen.«
    »Ganz recht«, sagte die Alte. »Es hat keinen Zweck, über Unabänderliches zu grübeln. Die Hexen sind nun mal da, und damit hat sich’s. Ach – Sie haben ja den Tee fast ausgetrunken. Lassen Sie ein Löffelchen voll in der Tasse, damit ich Ihnen aus den Teeblättern die Zukunft Voraussagen kann. Das wird Sie ablenken.«
    »Guter Gott! Sie können aus den Teeblättern die Zukunft lesen?«
    »Meine Großmutter hat es mich gelehrt. Sie sagte immer, ich hätte eine sehr klare Sicht.«
    »Was soll ich nun machen?« fragte Beth und nahm einen letzten Schluck.
    »Nehmen Sie die Tasse in die Linke und schwenken Sie sie dreimal rasch herum. Dabei denken Sie an gar nichts, so dass das Unterbewusstsein ganz frei bleibt und Ihre Hand lenkt, während sich die Zeichen bilden.«
    Beth tat, wie ihr geheißen. »Und jetzt?«
    »Und jetzt stellen Sie die Tasse umgekehrt auf die Untertasse.«
    Als die Tasse ausgelaufen war, hob Mrs. Richards sie vorsichtig und betrachtete den Satz. Beth konnte nur formlose Flecken sehen. Sie war umso erstaunter, als die Wahrsagerin ankündigte: »Ihre Tasse ist höchst interessant.«
    Mrs. Richards lachte über Beths verwirrte Miene und erklärte: »Der Henkel stellt die Person dar, die die Tasse umdreht. Je näher dem Henkel die Zeichen liegen, desto direkter betreffen sie die Person. Je näher sie zum Tassenrand liegen, desto eher treten sie ein. Sehen Sie, nahe dem Rand und dem Henkel liegt das Zeichen der Artischocke. Sie haben eine Enttäuschung

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