008 - Im Bann der Hexe
Kleines.“
„Oh!“
Beth war noch mehr gerührt. Diese Frau, die ein Kind verloren hatte, vergaß ihren eigenen Kummer, um ein anderes zu retten.
Effie hatte übrigens nicht nur kein Kind, sondern auch keinen Ehemann. Doch sie fragten sie nicht aus, dazu war die Angelegenheit zu delikat. Und Effie gab von sich aus keinerlei Auskünfte – weder über ihr Baby noch über ihren Ehemann, oder über ihre Herkunft. Sie erfuhren nicht einmal den Namen der Zeitung, in der sie Peters Hilferuf gelesen hatte.
„Es gibt keine Nummern in diesem Block, meine Dame. Vielleicht will die Stadt nicht, dass man weiß, dass hier überhaupt jemand wohnt.“ Beth starrte auf die trostlosen Reihenhäuser mit den abgebröckelten Fassaden und ausgetretenen Treppenstufen. Alles war verkommen und verwahrlost.
„Lassen Sie mich hier aussteigen!“
Sie bezahlte das Taxi.
Vielleicht hätte sie den Fahrer lieber warten lassen sollen, aber seine neugierigen Blicke hatten sie gestört, und sie wusste ja auch nicht, wie lange ihr Vorhaben dauern würde.
Sie war auf der Suche nach Effie Saxon, die ihr Kind mit Hexenmilch genährt und Leib und Seele dadurch vergiftet hatte.
Eine Frau, die vor ihrer Haustür stand und einen Mop ausschüttelte, betrachtete Beth interessiert. Beth fragte sie nach dem Haus Nummer 912, das zwei Eingänge weiter war und einen ebenso heruntergekommenen Eindruck machte wie alle übrigen.
Die Tür stand halb offen, klemmte aber, so dass Beth sich seitlich hineinschlängeln musste. An Hand der Aufschriften auf den Briefkästen neben der Treppe stellte sie fest, dass E. Saxon im dritten Stock wohnte.
Vorsichtig stieg sie die abgetretenen Stufen hinauf. Alle möglichen Küchendämpfe schlugen ihr entgegen. Zitternd klopfte sie an die Tür im dritten Stock, aber niemand antwortete. Dann hörte sie Schritte die Treppe heraufkommen. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Ein älterer Mann tauchte vor ihr auf, mit einer Trinkernase, einer Zeitung unter dem Arm und einer Tüte, in der offensichtlich eine Flasche steckte. Zuerst hatte er nur ihre Füße gesehen, dann hob er den Blick und grunzte erstaunt. Eine Stufe unter dem Treppenabsatz blieb er grinsend stehen, ihr den Rückweg versperrend.
„Suchen Sie jemanden, Madam?“ fragte er übertrieben höflich.
„Ja. Die Frau, die hier wohnt.“
Sie versuchte, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen.
„Da wohnt im Moment niemand. Die sind vor einer Woche mitten in der Nacht ausgezogen. Wahrscheinlich hatten sie keine Miete bezahlt.“
Ihre Enttäuschung war stärker als ihre Angst.
„Wissen Sie vielleicht, wo sie hingezogen sind?“
„Vielleicht.“
Sein Grinsen wirkte hinterhältig.
„Wenn es Ihnen etwas wert ist?“
„Wenn es wirklich die Person ist, die ich suche, ja. Sagen wir, zehn Dollar?“
„Fünfzehn.“
„Gut.“
Sie wusste, dass das unklug war.
Er beugte sich vor und stellte einen Fuß auf den Treppenabsatz. Eine Alkoholfahne schlug ihr entgegen.
„Sie beschreiben Ihre Freundin, und ich sage Ihnen dann, ob es die Frau ist, die hier wohnte.“
„Sie heißt Edwina“, log Beth, da sie ihm nicht traute. „Sie ist sehr mager und hat Vögel gern.“
„Ja, das ist sie. Edwina! Komischer Name, nicht wahr? Wellensittiche hatte sie.“
Er streckte die Hand nach dem Geld aus.
„Ich fürchte, Sie kennen die Edwina, die ich suche, nicht. Meine hatte Kanarienvögel.“
Sie versuchte, an ihm vorbeizukommen, spürte einen Stoß, und im Nu war ihre Tasche weg.
„Nur das Geld, Schwester. Das ist nicht mehr als anständig, und Sie bekommen meine Information.“
Er klang beinahe vorwurfsvoll.
Sie lief so schnell sie konnte die Treppe hinunter. Auf dem nächsten Absatz fiel etwas neben ihr zu Boden. Es war ihre offene Handtasche. Sie nahm sie auf, ohne sich die Mühe zu machen, Kamm und Lippenstift, die heraus gefallen waren, einzusammeln.
Als sie aus dem Haus war, hörte sie zu laufen auf, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Fieberhaft überlegte sie, was sie nun tun sollte. An einer Straßenecke untersuchte sie ihre Tasche. Die Geldbörse existierte noch, aber die fünfundzwanzig Dollar, die sie dabei gehabt hatte, waren verschwunden. Sie stand also ohne Geld da, abgesehen von ein paar Münzen.
In einem Drugstore entdeckte sie einen Telefonautomaten, aber wen konnte sie anrufen? Marq oder Karin hätte sie eine Erklärung abgeben müssen.
Sie durchwühlte noch einmal ihre Tasche und hatte plötzlich den Zettel mit der Telefonnummer von
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