008 - Im Bann der Hexe
dich begleiten.“
„Das ist nicht nötig, Marq.“
„Ich möchte es aber. Lass uns mal nachdenken. Wessen Geist möchte ich denn gern treffen? Vielleicht könnte ich als Winston Churchill gehen. Hm – ein bisschen zu gewaltig. Lass mich noch einmal nachdenken.“
Die Hände in den Taschen, zog er vor sich hinmurmelnd ab, und sie sah ihm amüsiert nach.
Beth nahm das Kleid mit nach Hause. Sie sah bezaubernd darin aus, mit ihrem zarten, blassen Gesicht und der Flut schwarzer Locken, die unter der hohen Schute hervorquollen.
Marq, der sie abholte, war mit seinem riesigen Schnauz- und Backenbart und dem Dreispitz kaum zu erkennen. Er trug einen Überrock, der vor Goldschnüren und Knöpfen nur so glitzerte, Pumphosen und weiche, oben umgeschlagene Schaftstiefel; dazu noch eine schwarze Augenklappe und ein Schwert, das ihm bei jedem Schritt zwischen die Beine fuhr.
„Ratet mal, wer ich bin, Puppen“, sagte er anstatt einer Begrüßung.
Sie tippten sofort auf Jean Lafitte.
„Aber nein!“ sagte er indigniert. „Ich bin Kapitän Kidd. Und wenn ich seinen Geist treffe, werde ich ihn fragen, wo er seinen Schatz vergraben hat. Es waren über siebzigtausend Pfund.“
Als sie, von erstaunten Blicken verfolgt, zu Marqs Wagen gingen, fing Beth an, hemmungslos zu kichern. Marq stimmte fröhlich mit ein.
„Es lohnt sich direkt, so blödsinnig auszusehen“, meinte er, „wenn es dich zum Lachen bringt.“
Er versuchte dabei, sie auf die Nase zu küssen. Sein Schnurrbart kitzelte sie, und ihre Schute verrutschte. Daraufhin mussten sie wieder lachen, und es schien wie in alten Zeiten. Beth dachte, die Schlacht war bereits gewonnen und Lindas Party würde kein Problem mehr sein. Aber sie hatte sich geirrt.
Die Tür wurde von jemand in einer schwarzen Robe mit einer Kapuze und mit einem weißgekalkten Gesicht geöffnet. Die Grabesluft-Maschine lief auf vollen Touren, und die paar grünen Birnen, die in der Halle brannten, tauchten alles und alle in geisterhaftes Licht.
Im Ballsaal tanzte die Jungfrau von Orleans mit Julius Cäsar zu den Klängen eines Trauermarsches. Die Kronleuchter zitterten, und das Büfett war mit einem Dutzend schwarzer Kerzen dekoriert, zwischen denen eine riesige rote Punchbowle stand, über der von dem vielen Trockeneis eine Dampfwolke hing. Aus dem Nebel tauchten mit allen Tierkreiszeichen dekorierte kalte Platten mit Teufelseiern und sonstigen unheimlichen Symbolen auf.
Mrs. Hillburtons Kostüm war leicht zu erraten. Sie war als Königin Viktoria erschienen, während Linda sich die Pharaonenkönigin Nofretete gewählt hatte.
„Denken Sie nur, so schön gewesen zu sein, dass man sich noch zweitausend Jahre danach daran erinnert“, schwärmte Linda. „Wenn ich sie rufen kann, werde ich sie nach ihrem Schönheitsrezept fragen.“
Aber in ihrem Purpurgewand mit dem Goldmantel und dem ägyptischen Kopfschmuck, der ihre klassische Nackenlinie voll zur Geltung brachte, brauchte Linda keine Ratschläge. Selbst Marq war beeindruckt.
„Hat das Medium schon jemand herbeizitiert?“ fragte er sie.
Lindas Augen glänzten vor Aufregung. „Wer weiß? Vielleicht ist der Heinrich der Achte da drüben gar kein Gast, oder ein Geist treibt sich schon in den Korridoren herum. Versäumt sie bloß nicht! Sie sitzt in dem kleinen Zimmer rechts neben dem Tanzsaal und nimmt immer Achtergruppen vor. Mehr Leute würden die Vibration stören, sagt sie.“
Linda wirbelte davon, und Beth konnte einen leichten Schauer nicht unterdrücken.
„Ist es dir unangenehm?“ fragte Marq.
„Nein; aber ich habe keine Lust, an einer Seance teilzunehmen.“
„Ich auch nicht. Lass uns tanzen.“
Sie erinnerte sich, wie anders es gewesen war, als sie das letzte Mal zusammen getanzt hatten. Die modrige Luft, die schwarzen Drapierungen und die Teufelskostüme der Diener, alles bedrückte sie. Sie war froh, als Ramon sie unterbrach, um Marqs Schwert zu bewundern.
In die Gewänder eines Araberscheichs gehüllt, erklärte er ihnen, dass er Rudolph Valentino sei und sich Ratschläge von dem berühmten Liebhaber geben lassen wollte.
„Daran hätte ich denken sollen“, seufzte Marq. „Sie können die ganze Nacht hindurch herumscharwenzeln und flüstern: ‚Komm in mein Zelt – während ich immer nur auf meinen Schatz aufpassen muss.“
„Aber das Schwert! Ich wünschte, ich hätte auch so eins. Haben Sie die Wahrsagerinnen schon gesehen? Ich will mir meine Zukunft aus dem Kaffeesatz lesen lassen. Kommt mit! Ich
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