008 - Im Bann der Hexe
brauche Gesellschaft.“
Sie gingen durch den Saal in ein Zimmer, in dem mehrere, als Zigeunerinnen aufgemachte Mädchen saßen, die aus den Handlinien wahrsagten Und Karten legten. Unter den flackernden blauen und roten Lichtern entdeckte Beth eine Kleopatra, einen Mark Twain und einen Pancho Villa.
Die Wahrsagerin, eine Freundin von Linda, prophezeite Ramon eine glückliche Ehe, ein langes Leben und mindestens zehn Kinder, aber Beth, die über ihre Schulter gesehen hatte, sah am Rand deutlich einen Dolch.
Es roch nach Weihrauch in dem Zimmer, und eine der Räucherkerzen verbreitete Moschusduft. Beth wurde schwindelig, und sie hatte plötzlich Angst.
Sie zog Marq am Ärmel. „Lass uns hier herausgehen.“
Er sah sie scharf an und führte sie in die Halle. „Ich finde, wir sind lange genug hier gewesen. Warum gehen wir nicht nach Hause?“
Sie hätte gern nachgegeben, aber sie konnte jetzt nicht fortlaufen. „Nein Marq. Mir ist nur etwas übel. Ich werde mir ein Schlafzimmer suchen und mich ein paar Minuten hinlegen.“
„Soll ich mitkommen?“
„Nein, danke.“
Sie ließ ihn stehen und ging die Treppe hinauf. Sie fand ein Schlafzimmer und riss das Fenster auf, dann ließ sie sich auf die kühle, seidene Bettdecke fallen. Die Kopfschmerzen waren jetzt fast unerträglich geworden. Wenn sie die Augen schloss und sich vollkommen entspannte, würden sie vielleicht weggehen.
Sie musste eingeschlafen sein. Als sie erwachte, wusste sie nicht, wie lange sie geschlafen hatte. Die Kopfschmerzen waren fort. Auch der Moschusgeruch war verflogen. Draußen regnete es leise, und die Luft im Zimmer war frisch und angenehm.
Beth war stolz auf sich, weil sie nicht fortgelaufen war. Sie kämmte sich, brachte ihr Make up in Ordnung und ging nach unten.
Linda kam gerade mit Ramon durch die Halle. „Ich stelle eben eine Gruppe für das Medium zusammen. Es ist noch ein Platz frei. Wollen Sie nicht mitkommen?“
„Nein, ich suche Marq.“
„Er tanzt mit Lady Godiva, die ihn mit Beschlag belegt hat. Es ist die letzte Sitzung, die das Medium abhält. Alle sagen, dass sie großartig ist, und ich will mir das nicht entgehen lassen. Kommen Sie schon mit!“
„Na schön“, gab Beth nach.
Es war schließlich nur ein Spiel. Alle hatten Spaß daran, und sie konnte kein Spielverderber sein. Sie hatte den Moschusgeruch ertragen, sie würde auch noch das Medium überstehen.
Ihre Sicherheit ließ etwas nach, als sie Linda ins Zimmer gefolgt war und Mrs. Hillburton in der Gruppe entdeckte.
Lindas Mutter musterte sie kühl. Bevor sie sich setzte, blieb sie einen Augenblick neben Beth stehen und sagte halblaut: „Ich habe das Kleid für Sie eingepackt, da Sie es das letzte Mal nicht mitgenommen haben. Der Karton steht in dem Wandschrank neben der Tür. Denken Sie bitte diesmal daran, ihn mitzunehmen, wenn Sie gehen.“
Beth nickte und spürte, wie sie rot wurde. Als das Licht ausging, glitt sie in einen Stuhl neben Linda.
Im Raum war nur noch das von der Kristallkugel angestrahlte Gesicht des Mediums zu erkennen. Linda war begeistert, als man sich entschloss, den Geist Nofretetes zu rufen. Alle mussten die Hände auf den Tisch legen, eine Kette bilden und sich konzentrieren.
„Oh tausendjähriger Geist der Nofretete!“
Linda kicherte, aber ein scharfer Blick des Mediums brachte sie sofort zum Schweigen, und sie entschuldigte sich.
„Oh tausendjähriger Geist der Nofretete, Gemahlin des großen Pharao! Nofretete, die du in Schönheit an den Tempeln des Nils wandeltest, komme zu uns! Im Namen des Sonnengottes Ra! Im Namen des Unheil bringenden Set und seines Bruders Osiris,
Gottes der Unterwelt und Richter der Toten! Komm zu uns und sprich zu uns!“ Das Medium schwankte mit geschlossenen Augen auf seinem Stuhl hin und her. Aus der hintersten Ecke des Raums kam ein leises, haarsträubendes Jaulen. „Der Ruf der geheiligten ägyptischen Katze. Das ist ein Zeichen!“ Beth spürte den Druck von Lindas Hand. Das Medium öffnete die Augen. „Es ist jemand da. Ich spüre, dass jemand kommt.“ Dann verfiel sie in Trance. Ihre ganze Persönlichkeit schien ausgelöscht. Die Augen waren starr und glanzlos. Doch plötzlich verzerrten ihre Züge sich vor Entsetzen, und zwar so schauerlich, dass es den Teilnehmern am Tisch den Atem verschlug. Eine Sekunde später ertönte ein Schrei. „Tod! Ich sehe den Tod! Licht an!“ Die Gäste sprangen auf. Einige schrieen andere lachten. Jemand drehte am
Lichtschaler. Alles war
Weitere Kostenlose Bücher