0080 - Augen des Grauens
berichtete, wie sehr sich Sheila gefreut hatte, ihn wiederzusehen. Sie waren ausgegangen. Hatten verschiedene Lokale besucht und sich gefreut, wieder beieinander zu sein.
»Im Notizbuch einer Stripperin fand ich Sheilas Namen«, klärte ich Bill auf: »Kannst du dir vorstellen, wie er dorthin kam?«
»Nein.«
»Die Frau hieß Stella Strangeford.«
»Kenne ich nicht«, erwiderte Bill. Dann aber hob er den rechten Arm. »Moment mal, Stella sagtest du?«
»Ja.«
»Eine Stella haben wir vor ungefähr einer Woche kennengelernt. Nur hieß die nicht Strangeford.«
»Das war auch bestimmt ein Künstlername. Wie hat sie sich euch vorgestellt?«
»Ich habe nur den Vornamen behalten. Aber sie war nicht allein.«
Ich horchte auf.
Bill erzählte weiter. »Sie kam zu uns ins Haus. Ein Blinder begleitete sie. Sie wollte für einen wohltätigen Zweck sammeln. Soviel bekam ich noch mit. Danach bin ich mit dem kleinen Johnny in den Garten gegangen. Wir hatten einen wunderschönen Sonnentag. Dann habe ich mich nicht mehr für die beiden Besucher interessiert.«
»Und danach, Bill? Was geschah danach? Sheila muß sich doch irgendwie verändert haben?«
»Nein, mir ist nichts aufgefallen.«
Mist. Obwohl ich noch zweimal nachhakte, bekam ich aus meinem Freund Bill Conolly nichts heraus. Mit anderen Worten, Stella Strangeford hätte Sheila so fest in ihren Klauen, daß sie reagierte, wenn Stella pfiff. Nur warum wollte sie dann mit mir sprechen? Hatte sie vielleicht kalte Füße bekommen. Und worum ging es überhaupt?
Jane Collins hatte genau zugehört. Und sie meinte: »Die einzige Spur, die wir haben, sind die Blinden. Und daran sollten wir uns festklammem.«
Ich schaute die blondhaarige Detektivin an. Jane hatte völlig recht. »Du gehst davon aus, daß diese Blinden sich zu einer Bande zusammengefunden haben?«
»Genau.«
Ich überlegte weiter, während Jane lächelte und praktisch meine Gedanken aussprach. »Für Blinde ist es nicht leicht, sich zu verstecken. Oder ein Versteck zu finden. Meiner Ansicht nach sollten wir uns mal die Blindenheime unter die Lupe nehmen. Vielleicht finden wir dort eine Spur.«
Die Idee war gar nicht so schlecht. Im Gegenteil, sie war sogar ausgezeichnet.
Auch Bill wurde ›wach‹. »Meint ihr, Sheila könnte bei den Blinden untergetaucht sein?«
Ich hob beide Hände und drehte die Flächen nach außen. »Es wäre zumindest eine Möglichkeit, die man in Betracht ziehen sollte.«
»Wie viele Blindenheime gibt es in London?« fragte Jane.
»Keine Ahnung«, erwiderte ich.
»Wir müssen eben alle anrufen«, sagte Bill. Er stand auf und wollte zum Telefon laufen.
Ich hielt ihn zurück. »Nicht, Bill.«
»Und warum nicht?« fauchte er mich aggressiv an.
»Weil du um diese Zeit sowieso keine Antwort mehr bekommen würdest. Das mußt du doch einsehen.«
Bill nickte.
»Bleibst du hier?« fragte Jane mich.
»Ja«, erwiderte ich. »Die Nacht ist bald vorbei. Bin gespannt, ob ich noch ein Auge zubekomme.«
»Ich ganz bestimmt nicht«, sagte Bill.
Das glaubten Jane und ich ihm aufs Wort.
***
Sheila erwartete eine Kinoleinwand hinter dem Vorhang zu sehen, doch sie sah sich getäuscht.
Dahinter war nichts. Ein Raum, unermeßlich in seiner Tiefe und Schwärze, wie der Einstieg ins All. Es gab keine Länge, keine Breite und keine Höhe.
Die Dimensionen verwischten.
Es war nur der Raum vorhanden, Angefüllt mit einer schattenlosen Finsternis, die erschreckte.
Und doch bewegte sich etwas In dieser absoluten Dunkelheit. Es war heller als die Umgebung, war noch winzig klein, aber zu erkennen.
Sheila spürte die Anwesenheit Adas hinter sich. Sie merkte, wie die Frau ihr eine Hand auf die Schulter legte, Ihre Lippen näherten sich Sheilas Ohr.
»Gleich wirst du es erleben«, wisperte sie. »Gleich wirst du einen Blick in das Jenseits werfen können. In eine andere Dimension, in das Reich der Dämonen. Und du wirst den Blick dein Lebtag nicht mehr vergessen. Im Gegenteil, er wird deine Sehnsucht anstacheln, den Wunsch, einmal dort hinzugehen und alles genau zu erkennen, Was du vor dir siehst, ist ein Tunnel, ein Tunnel der Zeiten und Dimensionen und Sammler zahlreicher magischen Energien. Dieser Tunnel zeigt dir die Schrecken, aber du brauchst dich nicht zu fürchten, denn für dich werden die Schrecken bald eine Erlösung sein.«
Ada verstummte. Sie ließ Sheila mit ihren Gedanken und Eindrücken allein.
Der Gegenstand war inzwischen größer geworden. Es schien, als käme er aus der
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