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0080 - Ich und die Zeitungshyänen

0080 - Ich und die Zeitungshyänen

Titel: 0080 - Ich und die Zeitungshyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich und die Zeitungshyänen
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Der Chef besitzt keine Leibgarde. Also lasse auch deinen Schützenverein zu Hause! Klar?«
    »Ich werde es mir überlegen«, antwortete Lender langsam. »Zehn Uhr, sagtest du? In Ordnung. Dein Chef wird sehen, ob ich dort bin oder nicht.«
    Er stand auf, drehte sich um und ging ohne ein weiteres Wort. Die Bulldogge und der Lange folgten ihm stumm.
    Sobald sich die Schiebetür hinter ihnen geschlossen hatte, huschte über Cooleys Gesicht ein erfreutes Grinsen. Er sah, dass ich es bemerkte, und brachte seine Gesichtszüge wieder in Ordnung.
    »Sie haben sich gut gehalten, Jack«, sagte er. »Ich bin sehr mit Ihnen zufrieden. Sie können jetzt gehen. Ich rufe Sie an, wenn ich Sie wieder brauche.«
    »Wird der Chef sich nun mit Lender einigen?«, fragte ich.
    Er sah mich schräg von unten an. »Sie sind ein brauchbarer Mann, Jack«, sagte er. »Sie haben nur einen Fehler, Sie sind zu neugierig. Finden Sie nicht, dass es einzig Sache des Chefs ist, ob er sich einigen will oder nicht?«
    ***
    Wards Island ist eine große Insel zwischen Manhattan und Queens. Sie gilt als eine der Lungen von New York, ist wenig bebaut, auch wächst auf ihr noch ein bisschen Wald. Zwei Brücken verbinden die Insel mit Queens, die Autobrücke Triborough Bridge und die Eisenbahnbrücke Hell Gate Bridge. Nach Manhattan führt nur eine Fußbrücke zum Roosevelt Drive. Mit dem Wagen kann man von Wards Island Manhattan nur über das benachbarte Randall Island und die Brücke der 125. Straße erreichen.
    Ich trieb mich schon um acht Uhr abends in der Gegend der Hell Gate Bridge herum. Das alte, halb zerfallene Zollhäuschen, das als Treffpunkt dienen sollte, lag unmittelbar am Pfeiler der Brücke. Fünfzig Yards über mir donnerten in rascher Folge die Züge über die Brücke. Jedes Mal vibrierten die Pfeiler, und der Höllenlärm verschluckte jedes andere Geräusch.
    Die unmittelbare Umgebung des alten Zollhauses war nur mit einigen wenigen dünnen Büschen bewachsen. An der Ostseite stieß es praktisch unmittelbar an den kahlen Küstenstreifen des East River. Ich fand die Gegend nicht besonders gut geeignet, um einen Mann aus dem Hinterhalt zu erledigen. Sie bot wenig Deckung, um unbemerkt an den Mann heranzukommen. Die Wege waren nur für Fußgänger angelegt und mit einem Wagen nicht befahrbar. Wenn der Chef Lender in eine Falle locken wollte, dann musste er schon einige besondere Tricks in der Reserve haben.
    Ich schlug einen großen Bogen um das Zollhaus, um die Möglichkeiten zu erkunden. Oben auf der Brücke wurden die Bogenlampen eingeschaltet. Ihr Licht strahlte herab bis auf die Umgebung der Pfeiler. Das Zollhaus war fast taghell erleuchtet. Man konnte die Kiesel am Ufer des East River erkennen.
    Ich blickte nach oben. Von der Brücke war nichts mehr zu sehen. Die drei Dutzend Bogenlampen blendeten jeden, der senkrecht vom Zollhaus nach oben sah. Jetzt ahnte ich, wie die Falle aussah, in die Criss Lender gelockt werden sollte.
    Ich machte mich auf die Socken, lief an der Bahnlinie entlang, bis sie in den Damm überging, und erstieg dann den Damm.
    Auf den Schienen wanderte ich zur Brücke zurück. Das Filigran ihrer Bogen glänzte im Licht der Lampen. Die Schienen schimmerten wie ein endloses Band.
    Donnernd brauste ein Zug an mir vorüber. Der Weg zwischen den Schienen und dem abschüssigen Teil war schmal. Die rasende schwarze Wand der vorüberdonnernden Waggons übte so etwas wie einen Sog aus. Es war nicht einfach, sich in diesem Sturm aus Geschwindigkeit, Lärm und aufsprühendem Staub aufrecht zu halten.
    Ich erreichte die Brücke, bevor der nächste Zug kam. Hier war es einfacher und schlimmer zugleich, das Vorüberfahren eines Zuges zu überstehen. Ich konnte mich an eine der Verstrebungen klammern, aber jetzt dröhnten die Räder noch lauter. Die Brücke vibrierte, als wolle sie unter der Last des Zuges zerspringen. Der Fahrtwind peitschte mir scharf ins Gesicht.
    Dann war auch das vorbei. Ich beugte mich über die Brüstung. Unten, am Fuß des Pfeilers, lag das Zollhaus im Licht der Bogenlampen wie auf einem Präsentierteller. Trotz der fünfzig Yards Höhe und des spitzen Winkels würde es einem guten Schützen nicht schwerfallen, bei 36 dieser Beleuchtung einen Mann dort unten von hier aus abzuschießen.
    Ich ging zwanzig Schritte weiter auf die Brücke hinaus. Jetzt stand ich unmittelbar über dem Ufer des East River. Ich suchte mir einen senkrechten Stahlträger, der dick genug war, um mir Deckung gegen den Blick eines

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