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0080 - Ich und die Zeitungshyänen

0080 - Ich und die Zeitungshyänen

Titel: 0080 - Ich und die Zeitungshyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich und die Zeitungshyänen
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Mannes zu geben, der auf die Brücke kommen würde, denn ich rechnete fest damit, dass ein solcher Mann erscheinen würde.
    Ich blickte auf die Uhr. Es fehlte noch eine Viertelstunde bis zehn Uhr. Sorgfältig darauf achtend, dass ich meine Deckung nicht verließ, spähte ich hinunter auf das erleuchtete Stück Land rings um das Zollhaus. Die Büsche warfen unter dem grellen Licht Schlagschatten, die schwankten und zitterten, wenn die Bogenleuchten auf der Brücke unter dem Dröhnen eines Zuges bebten.
    Unmittelbar neben dem Zollhaus sah ich jetzt plötzlich sieben Männer. Sie waren so gruppiert, dass fünf von ihnen vor einem Mann standen. Die Entfernung war zu groß, um ihre Gesichter zu erkennen, aber ich erkannte sie an ihren Gestalten. Es waren Criss Lender und seine Leute.
    Lender bewegte den Arm. Ich erkannte, dass er seinen Männern die Plätze anwies, denn die sechs Gestalten gingen in verschiedene Richtungen auseinander und verschwanden im Schatten von Sträuchern und unter der Brücke.
    Der Gangsterchef aus der Bronx verließ sich also nicht auf das Wort des geheimnisvollen Chefs, mit dem er Geschäfte machen wollte. Er brachte seine Leute mit und verteilte sie so, dass sie seiner Meinung nach ihn gegen jeden Angriff decken konnten. An die Brücke schien er nicht zu denken. Wenn es eine Fußgänger- oder Autobrücke gewesen wäre, wären ihm vielleicht die Möglichkeiten eingefallen, die sie bot, aber da es sich um eine Eisenbahnbrücke handelte, kam er offenbar überhaupt nicht auf den Gedanken, dass ihm von hier ein Angriff drohen konnte. Ich hingegen war überzeugt, dass, wenn überhaupt eine Gefahr für Lender vorhanden war, sie von hier kommen musste.
    Ich sah, wie der Bandenchef auf die Uhr blickte. Dann zündete er sich eine Zigarette an und rauchte in hastigen, nervösen Zügen. Wenige Augenblicke später warf er sie fort, und begann mit großen Schritten auf und ab zu gehen. Immer wieder blickte er dabei auf die Uhr.
    Lender war sicherlich ein gefährlicher und brutaler Bandenboss, aber jetzt hatte er Angst. Ich wusste es. Ich konnte seine Angst fast körperlich spüren.
    ***
    Zehn Uhr! Ein Zug kam aus der Richtung Queens und donnerte auf die Brücke. Die Eisenkonstruktion bebte und knirschte. Die Räder donnerten. Der Fahrtwind fauchte. Dann zischte der letzte Waggon vorüber. Sein rotes Schlusslicht verschwand.
    Ich schob vorsichtig das Gesicht an dem Pfeiler vorbei und blickte die Gleise in Richtung Manhattan entlang. Ich sah den Mann, der hart neben den Schienen auf dem Damm ging, und eben jetzt seinen Fuß auf die Brücke setzte.
    Ich konnte ihn genau sehen im Licht der Lampen, jede Einzelheit seines Gesichtes und seiner Kleidung. Er war nicht angezogen wie ein Mensch, der auf dem Wege ist aus dem Stahlgerüst einer Bahnbrücke heraus einen anderen Mann niederzuschießen. Er trug einen schwarzen Hut, einen eleganten, gut sitzenden Mantel. Ein Seidenschal war um seinen Hals geschlungen. In der behandschuhten Hand trug er eine mittelgroße Aktentasche aus hellem Schweinsleder.
    Er wirkte wie der Direktor einer Firma, der sich zu einer Aufsichtsratssitzung begibt. Die Art dieser Erscheinung und seines Auftretens verblüffte mich, aber ich kannte auch sein Gesicht. Es war jener Mann, der die Rolle des Managers gespielt hatte, in jener Nacht, da ich die Prügel von »Raubein« Andy Brew bezog.
    Die örtlichen Verhältnisse kannte er offensichtlich genau. Er gab sich nicht die geringste Mühe, vorsichtig zu sein. Hin und wieder blickte er über das Geländer nach unten. Er wusste, dass man ihn von unten nicht sehen konnte.
    Jetzt hatte er jene Stelle erreicht, die genau über dem Pfeiler und damit über dem Zollhaus lag. Von mir war er noch zwanzig Schritte entfernt.
    Er blieb stehen, beugte sich weit über das Geländer. Er achtete dabei sorgfältig darauf, seinen Mantel an dem schmützigen Stahl nicht zu beflecken.
    Ich hielt die Webster Pistole längst in der Hand. Der Mann stellte seine Aktentasche auf den Boden und öffnete sie. Ich dachte, er würde eine Waffe herausnehmen, vielleicht einen von diesen Gewehrstutzen, die man zusammensetzen konnte, aber er griff nur in die Tasche und hantierte darin herum.
    In diesem Augenblick kam ein Zug von Manhattan. Wieder dröhnte die Brücke. Im scharfen Anprall des Fahrwindes musste ich die Augen schließen. Als ich sie wieder öffnen konnte, hatte der Fremde seine Aktentasche geschlossen, hielt sie in beiden Händen und schickte sich an, damit an das

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