0082 - Die Horror-Nacht
es nicht, konnte es nicht sehen, hatte keine Zeit, mir Gewißheit zu verschaffen. Ich würde es noch früh genug erfahren.
Der Angreifer warf sich an meine Beine. Er hängte sich mit seinem ganzen Körpergewicht daran. Der Lattenrost, an den ich mich klammerte, hielt diese doppelte Belastung nicht aus.
Er brach.
Ich fiel, wurde von dem Kerl, der mich attackierte, zur Seite gestoßen und umgeworfen. Hart schlug ich auf dem steinernen Boden auf.
Jetzt erkannte ich ein Besicht über mir.
Es war das affenähnliche Antlitz von Garco, dem Schloßverwalter. Er fackelte nicht lange. Seine Faust traf mich seitlich am Kopf.
Der Schlag rüttelte mich kräftig durch. Zentnerschwer lastete der Mann auf mir. Er schien mich mit seinem Körper erdrücken zu wollen.
Ich gab’s ihm mit den Handkanten.
Garco knurrte. Es gelang mir, ihn abzuwerfen. Atemlos kam ich auf die Beine. Garco rammte mir seinen Schädel in den Bauch.
Er stieß mich gegen die Schloßmauer.
Seine Rechte traf meinen Magen. Das löste einen höllischen Schmerz aus. Ich krümmte mich und japste nach Luft.
Garco war unglaublich kräftig, und sein Kampfstil war mehr als ungewöhnlich. Deshalb war es verdammt schwer, sich auf ihn einzustellen.
Sein hochschnellendes Knie prallte gegen mein Kinn, ehe ich den Kopf zur Seite nehmen konnte. Ich war angeschlagen.
Garco schien mich immer besser in den Griff zu bekommen. Aber er rechnete nicht damit, daß ich zäh war.
Mit dem nächsten Faustschlag wollte er mich ins Aus schicken.
Er ließ sich damit Zeit – und gab mir damit die Möglichkeit, mich zu erholen. Als er dann zuschlug, war ich wieder halbwegs obenauf.
Ich reagierte so schnell, wie er es nicht für möglich gehalten hatte.
Seine Faust raste an meinem Kopf vorbei. Ich konterte schnell wie der Blitz. Zwei Schlagdoubletten trafen ihn völlig überraschend. Drei, vier Handkantenschläge machten den Mann mürbe.
Es fehlte nur noch ein Schwinger, der Garco niederstreckte und für einige Zeit ausschaltete. Den verpaßte ich ihm.
Ächzend schloß Garco die Augen.
Wie ein Stück Holz fiel der Verwalter um und rührte sich nicht mehr. Ich beging jedoch nicht den Fehler, ihn auf dem Boden liegenzulassen.
Ich mußte mein Risiko so gering wie möglich halten.
Deshalb holte ich meine Handschellen aus dem Jackett, ließ einen Teil der Achterspange um Garcos linkes Handgelenk einrasten und hängte den zweiten Teil an jene Strebe des Holzlattenrostes, die mir am widerstandsfähigsten erschien.
Dann atmete ich erleichtert auf.
Die erste Hürde war genommen. Wie viele gab es noch zu überwinden?
Ich kümmerte mich nicht weiter um Garco. Die Zeit drängte. Lydia und Harry sollten keine Minute länger als unbedingt nötig in diesem verfluchten Schloß bleiben.
Ich wollte mich der efeubewachsenen Wand wieder zuwenden, da vernahm ich plötzlich Schritte.
Und dann schälte sich der Hellseher Rob Tokar aus der Dunkelheit…
***
Er hatte mir gesagt, daß er auf seine Weise Jagd auf den Vampir machen würde, und daß er mir dabei nicht in die Quere kommen würde. Nun war er mir doch in die Quere gekommen. Ich ersparte mir jedoch einen Vorwurf.
»Reger Betrieb heute nacht auf Graf Morloffs Schloß«, sagte ich.
»Haben Sie Garco ausgeschaltet?«
»Sehen Sie sonst noch jemanden, der es getan haben könnte?«
»Sie müssen sehr kräftig sein, Sinclair.«
»Kraft allein genügt bei einem Mann wie Garco nicht. Den kann man nur bezwingen, wenn man mehr im Kopf hat als er. Treiben Sie sich schon lange hier herum?«
»Seit etwa dreißig Minuten«, antwortete der Hellseher.
»Schon eine Entdeckung gemacht? Ist Graf Morloff im Schloß?«
»Das weiß ich nicht.«
»Ein Mädchen und ein Mann sind darin gefangen«, sagte ich. »Ich möchte sie so schnell wie möglich herausholen und suche nach einer Möglichkeit, in die Burg zu gelangen…«
»Indem Sie hier hochklettern? Mann, da können Sie sich das Genick brechen.«
»Haben Sie einen besseren Vorschlag?«
»Ich habe einen Geheimgang entdeckt, der ins Schloß führt. Aber ehrlich gesagt, ich hatte noch nicht den Mut, die Burg allein zu betreten.«
»Gehen Sie voraus. Ich begleite Sie mit dem größten Vergnügen. Aber bleiben Sie in meiner Nähe. Graf Morloff ist ganz verrückt nach dem Blut von Hellsehern.«
Rob Tokar lächelte schief. Er wandte sich um und trabte los. Ich folgte ihm. Wir bogen um eine Ecke, und neben einem wild wuchernden Rosenstrauch erkannte ich tatsächlich das Ende eines unscheinbaren
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