0082 - Wir liquidierten die Erpresser-AG
irgendetwas Sympathisches an dem Kerl zu entdecken«, knurrte Phil, als wir im Lift standen und nach unten fuhren.
»Mir auch«, pflichtete ich bei.
»Mir sind solche aalglatten Gauner zuwider.«
»Aber Phil«, sagte ich mit vorwurfsvoller Miene, musste aber sogleich lächeln. »Mr. Davis ist ein ehrbarer Anwalt.«
»Ach was«, brummte Phil. »Das ist er vielleicht mal gewesen, als er noch jung war.«
»Und zumindest nach außen ist er es heute auch wieder. Da gibt’s nun mal nichts dran zu rütteln, und wir werden uns wohl oder übel damit abfinden müssen, Phil.«
Wir sprachen wenig, während wir zum FBI-Hauptquartier zurückfuhren. Jeder hing seinen Gedanken nach. Am Anfang eines Falles tastet man immer wieder die wenigen Anhaltspunkte ab, bis man sie sich so eingeprägt hat, dass man sich noch nach Wochen daran erinnern kann, ohne erst beträchtlich angeschwollene Aktenpakete wälzen zu müssen. Gerade die Kleinigkeiten am Anfang eines Falles sind es manchmal, die einem später das berühmte Licht aufgehen lassen, wenn man sich inzwischen die nötige Übersicht und neue Anhaltspunkte verschaffen konnte.
Der Anruf, der uns eine Stunde später in meinem Office erreichte, brachte Phil und mich verdammt schnell auf die Beine. Wir machten uns sofort auf die Strümpfe.
Folgendes war geschehen. Die G-men Bill Walker und Jonny Wynter, die das Haus von Mrs. Margaret Johnson, des dritten Opfers in der Erpresseraffäre unter Bewachung hielten, hatten seit etwa zwei Stunden ein Frau beobachtet, die ihnen verdächtig vorkam. Die Frau war zwar in unauffälliger Weise in der Gegend herumgestrichen, aber doch nicht so unauffällig genug, so dass die G-men ihr besonderes Augenmerk auf sie richteten. Vor einer halben Stunde nun hatte sie sogar das Haus betreten, in dem Mrs. Johnson wohnte. Walker war vorsichtig nachgestiegen. Im zweiten Stock, genau im zweiten Stock, wo Mrs. Johnson wohnte, hatte die Frau plötzlich kehrtgemacht. Zufall? Vielleicht - vielleicht auch nicht. Jedenfalls hatte sie Walkers Gesicht erspäht. Er war also für eine weitere Beobachtung unbrauchbar geworden und durfte in diesem Fall nicht mehr eingesetzt werden. Die Frau hatte daraufhin ein gegenüberliegendes Espresso betreten.
Mrs. Johnson wohnte im Bezirk Queens in der 29. Straße. Wir setzten uns in meinen Jaguar und flitzten los. Die weitere Beschattung der verdächtigen Dame wollten wir uns unter keinen Umständen entgehen lassen. Sie direkt anzusprechen, erschien mir noch verfrüht, denn wenn sie mit der Erpresserbande in irgendeinem Zusammenhang stünde, könnte man damit alles verderben. Vielleicht war es die erste wirklich brauchbare Spur.
In der 27. Straße ließen wir den Wagen stehen und gingen zu Fuß weiter. Johnny Wynter, ein ruhiger, sachlicher Mann um die dreißig, entdeckten wir in einer Hauseinfahrt, die Mrs. Johnsons Wohnung schräg gegenüberlag.
»Sie ist noch drin«, sagte er und wies mit dem Daumen nach rechts wo fünf Häuser weiter das Schild mit der Aufschrift »Jymmons Espresso« hing.
»Was hältst du davon, wenn ich reingehe, Jerry«, sagte Phil.
»Okay«, sagte ich. »Vielleicht kommt was dabei heraus. Wenn sie wieder auftaucht, übernehme ich mit Johnny die weitere Verfolgung. Wenn sie wirklich annimmt, dass wir sie beschatten, wird sie verwirrt sein. Sie hat Walker gesehen. Walker ist weg. Jetzt sieht sie dich, Phil. Schön. Falls sie denkt, dass du hinter ihr her bist, wird sie sich sehr wundem, dass du im Espresso sitzen bleibst. Dann mache ich mich mit Johnny auf die Socken. Du kannst inzwischen zwei neue Männer herbeordern, die nachher die Bewachung der Wohnung von Mrs. Johnson übernehmen. Ist das geschehen, Phil, dann kannst du dich ja ein wenig um Ella Gardener kümmern.«
Mrs. Ella Gardener war das zweite Opfer in unserem Fall. Sie wohnte in Brooklyn in der East Chase Avenue.
Phil trollte sich. Wynter und ich blieben im Hauseingang stehen. Mein Kollege spähte ununterbrochen nach rechts. Nach zwanzig Minuten stieß er mich mit dem Ellbogen in die Seite.
»Sie kommt«, raunte er mir zu.
Sie blieb auf unserer Straßenseite und kam auf uns zu. Wir verschwanden im Hausflur, drückten uns in eine Ecke und warteten, bis ihre trippelnden Schritte verhallt waren. Dann betraten wir schnell die Straße, die ziemlich belebt war. Das war uns nur recht. Nichts ist schlimmer, als wenn man eine Person in einer einsamen Gegend verfolgen muss.
Wynter blieb etwa zwanzig Yard hinter ihr und benutzte die vor ihm
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