0085 - Keiner kann entkommen
erledigt hatten und selbst fliehen wollten, wären sie dir ins Jenseits gefolgt! Auf diese Weise hätte es für Leraine keine unsicheren Zeugen mehr gegeben!«
Ich nickte.
»So wird es gewesen sein. Ein Glück, daß die Burschen auf den Gedanken kamen, sich einen Personenwagen zu stehlen, weil sie wahrscheinlich glaubten, damit würden sie leichter fliehen können. Sonst wären sie in die Luft geflogen, wir hätten keine Beweise gegen Leraine und damit niemand in der Hand, von dem man vielleicht den Aufenthaltsort von Warris herauspressen kann.«
Ich hatte gerade ausgesprochen, als die Tür, durch die wir eingetreten waren, aufging und etwas Zischendes ins Zimmer flog.
Eine abgezogene Handgranate!
Mir traten die Augen aus den Höhlen. Das Zimmer war viel zu klein, als daß wir uns irgendwo ausreichend hätten in Deckung bringen können. Zum Fenster hinauswerfen, ging nicht, weil dort die Kollegen standen.
Das alles schoß mir im Zeitraum einer Zehntelsekunde durch den Kopf. Dann sprang ich auch schon vor, griff das Ding, raste zur Tür und schmiß es wieder zurück.
Jemand schrie mit sich überschlagender Stimme:
»Zurück!«
Aber es war schon zu spät.
Es gab einen fürchterlichen Knall, die Tür splitterte, Holzteile flogen uns um die Ohren, wir wurden vom Luftdruck auf den Teppich geworfen und konnten gerade noch die Arme hochreißen, um wenigstens die Köpfe gegen die herumfliegenden Holzsplitter abzuschützen.
Kaum hatte sich die Sache aber beruhigt, da waren wir wieder auf den Beinen. Mit ein paar kräftigen Sätzen schossen wir durch die völlig demolierte Tür hinaus in die Diele.
In einer Ecke, wo eine Treppe ins Obergeschoß emporführte, lag ein Mann in einer sich rasch ausbreitenden Blutlache. Wir jagten zu ihm hin.
Hier kam alle Hilfe zu spät.
Aus dem Oberstockwerk rief Leraines Stimme herab.
»Hat’s geklappt, Joe?«
Ich wandte den Kopf nach oben.
»Joe ist mit seiner eigenen Handgranate in die Hölle gefahren, Leraine! Und nun geben Sie’s endlich auf! Wir haben auch Handgranaten! Und wenn Sie wissen wollen, wie einer aussieht, der in der Nähe einer explodierenden Handgranate stand, dann brauchen Sie nur herunterzukommen und Joe anzusehen!«
»Ihr verfluchten Hunde!« röhrte er mit kreischender Stimme.
Phil stieß mich mit dem Ellenbogen an, als ich gerade Anstalten machen wollte; die Treppe hinaufzuspringen.
Ich sah mich um.
Er zeigte mir eine Tränengashandgranate.
Dann holte auch ich eine aus der Hosentasche. Wir zogen sie beide gleichzeitig ab und zählten die Sekunden. Zur gleichen Zeit flogen unsere Arme hoch, holten aus — und dann segelten die zischenden Dinger hinauf ins obere Stockwerk.
Wir drehten uns schnell um und liefen zur Haustür. Schon wälzte sich von oben her beißender, weißer Qualm die Treppe herab. Wir liefen über den Kiesweg zum Wagen, holten uns die Gasmasken, stülpten sie über und liefen zurück ins Haus.
Well, der Rest war ein Kinderspiel. Und zugleich einer der schönsten Späße, die ich erlebt habe.
Weinend wie kleine Kinder, dabei heftig hustend, kam uns die ganze Sippschaft entgegen. Voran Leraine. Dahinter fünf Typen von der Art des Preisboxers. Wir nahmen ihnen noch im Gas die Waffen ab, bevor wir die fast blinden Gangster hinaus ins Freie führten, wo sie von unseren Kollegen in Empfang genommen wurden.
Leraine und seine Mannschaft bekamen Handschellen, sein Haus wurde versiegelt, die Scheinwerfer abgebaut — und in wenigen Minuten waren wir wie ein Spuk verschwunden.
Man hat viel zu selten eine Gelegenheit, mit Tränengas arbeiten zu können, dachte ich. Von diesem Teufelswerkzeug fängt der hartgesottenste Gangster an zu weinen und zu husten…
***
Wir setzten Leraine allein in ein Vernehmungszimmer. Unsere Kollegen kümmerten sich inzwischen um seine Leibgarde.
Da es draußen Nacht war, mußten wir ohnehin Licht einschalten. Wir taten es mit den zwei Bürolampen, die den Verhafteten anstrahlen. Wir saßen im Dunkeln. Leraine hatte inzwischen die leichten Nachwirkungen des Gases überwunden und fing wieder an, renitent zu werden.
Wir ließen ihn fluchen. Geduldig warteten wir. Ich hatte beim Pförtner eine bestimmte Nachricht hinterlassen, und es konnte eigentlich nicht mehr lange dauern…
Da klopfte es an die Tür des Vernehmungszimmers. Ich rief:
»Come in!«
Zwei Kollegen traten ein. Ihre Kleidung war stellenweise mit Öl verschmiert. Grinsend starrten sie in das Licht der beiden Bürolampen.
»Kommt ran, Boys«,
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