0085 - Keiner kann entkommen
sagte ich.
Sie kamen hinter unsere beiden Schreibtische, so daß nun auch sie im Dunkeln standen.
»Na?« fragte ich. »Wie sah es mit dem Truck aus?«
Bill Watersley, einer unserer Sprengstoff experten, antwortete:
»Ein Glück, daß der Wagen nicht abgeholt wurde. An der Vorderachse saß ’ne hübsche Ladung Dynamit. Ein ziemlich primitiver Zünder war mit der Achse verbunden. Hätte sich die Achse zweimal gedreht, wäre die Karre in die Luft geblasen worden. Bei der Menge Sprengmaterial kann man fast sagen: atomisiert.«
»Okay, Jerry. So long!«
Sie gingen. Ich wartete, bis sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, dann rief ich unseren Zellentrakt an.
»Die beiden Youngsters bitte nach Vernehmungsraum sechs!«
Ich legte auf. Leraine fing an zu schwitzen. Er kapierte, daß es gar nicht gut für ihn aussah. Nach ein paar Minuten klopfte es, und die beiden jungen Burschen wurden hereingeführt.
»Seht euch den Mann da auf dem Stuhl an!« befahl ich. »Kennt ihr ihn?«
Sie warfen nur einen Blick hin.
»Sicher!« behaupteten sie. »Das ist doch Coster Leraine. Der Mann, der uns in Tramms Inn die Sache vermittelte mit den zehntausend Dollar.«
»Ihr meint den Auftrag, mich zu ermorden?«
Sie senkten die Köpfe und hauchten ihr »Ja«. Trotzdem war es noch deutlich genug, daß es auch Leraine gehört haben mußte. Ich ließ sie wieder zurück in ihre Zelle bringen.
»So, Leraine«, sagte ich dann. »Ich glaube, mehr brauche ich Ihnen gar nicht zu zeigen, was? Sie wissen auch so, daß Sie so tief in der Tinte sitzen wie noch nie in Ihrem Leben, nicht wahr?«
Er gab keine Antwort. Er wischte sich nur den Schweiß von der Stirn und stieß einen Fluch aus, der einem Fahrensmann aller sieben Meere Ehre gemacht hätte.
Ich ließ ihn noch eine Weile in seiner eigenen Angst gar werden, dann sagte ich gemütlich:
»Zwanzig Jahre oder lebenslänglich. Ein gewisser Unterschied ist doch immer noch, nicht wahr? Und vielleicht kommen Sie sogar mit fünfzehn Jahren davon?«
Ich machte absichtlich eine Pause. Leraine hob erwartungsvoll den Kopf.
»Wenn Sie jetzt rücksichtslos auspacken!« sagte ich. »Wenn Sie alle' Karten auf den Tisch legen, kann ich unter Ihre Gerichtsakten schreiben: Voll geständig! Sie glauben ja gar nicht, wie sich so etwas bei den Gerichten auswirkt!«
Er schien eine Weile zu überlegen. Ich rechnete ihm schnell noch einmal vor, daß er auf jeden Fall ins Zuchthaus gehen würde. Ob er den Mund aufmachte oder nicht. Es lag völlig bei ihm, wie lange seine Strafe dauern würde.
Well, er sah es ein. Und er packte aus.
Wir verhörten ihn bis morgens vier Uhr. Zwei bisher unaufgeklärte Morde, vier schwere Einbrüche, sechs Vergehen gegen das Rauschgiftgesetz, achtzehn Diebstähle und eine Reihe anderer Delikte kamen zur Sprache, die Leraine vermittelt hatte. Er gab schonungslos die Namen der Auftraggeber und der Täter preis.
In dieser Nacht kam unser Bereitschaftsdienst nicht zur Ruhe. Denn bei den Unterweltlern war Leraine ausgezeichnet informiert, und wenn er wieder einen ans Messer lieferte, sagte er meistens gleich dabei, wo man den Burschen finden könnte. Wir ließen alle einsammeln wie Fallobst.
Morgens gegen vier war er so fertig, daß er nicht die geringste Widerstandskraft mehr besaß. Das war der richtige Zeitpunkt.
»Nun zu der Sache mit den Youngsters«, sagte ich. »Wer bestellte sie?« Er sah gequält auf.
»Bitte«, wimmerte er, »können wir das nicht morgen fortsetzen? Ich bin fertig, wirklich, ich bin am Ende mit meinen Kräften…«
»Nur noch diese Sache«, versprach ich. »Dann machen wir für heute Schluß. Also wer bestellte die Youngsters?«
Er bestätigte die Aussage der beiden jungen Burschen:
»Bill Wariss.«
»Wo können wir ihn erreichen?«
»Im Leveland Altersheim, droben in Harlem. Sein Bruder ist dort Heizer. Der versteckt ihn immer, wenn Bill es nötig hat.«
Tja, da hätten wir lange suchen können. Das war ein Schlupfwinkel, der noch nie für die Polizei interessant geworden und folglich — wie man so schön sagt — nicht »amtskundig geworden« war.
Wir brachen das Verhör sofort ab. Während Coster Leraine in eine Zelle gebracht wurde, vergewisserten wir uns über die Lage und den Komplex des Leveland Altersheimes.
Es war von irgendeiner Stiftung gegründet worden und umfaßte sechs große Wohngebäude, sowie eine Halle für Kino-, Theater- und sonstige Vorführungen. Dazu kamen Parkanlagen und eine Gärtnerei. Alles in allem ein
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