0087 - Schrei, wenn dich die Schatten fressen!
Erbarmen.
Ich fiel. Zuerst auf die Knie. Dabei hätte ich das Gefühl, in etwas Dunkles einzutauchen, daß mich an Tinte erinnerte. Ich konnte Jane Collins nicht halten, ließ sie zu Boden fallen und tat dann das, was ich schon lange hatte machen wollen, wozu mir aber keine Zeit geblieben war.
Ich schleuderte das wertvolle Kreuz über meinen Kopf und legte es Jane auf die Brust.
Sie war jetzt geschützt.
Ich nicht mehr!
Das wußten auch die Schatten. Sie kamen noch stärker, noch wuchtiger und begruben mich unter sich.
Ich schrie und brüllte, kämpfte mit Händen und Füßen gegen diese grausame Invasion an und mußte doch unterliegen.
Die Schatten waren stärker.
Die Luft fehlte mir. Ich riß den Mund auf. Irgend etwas drang ein. Ich keuchte und spuckte, wurde zurückgerissen und fiel neben Jane Collins.
Aus den Augenwinkeln sah ich das Kreuz hell aufglühen. Mir half es nicht mehr.
Jane Collins’ Schrei gellte noch an meine Ohren, bevor die nächste Invasion der Schattenmonster kam.
Die würde ich nicht mehr überstehen.
Sah so das Ende aus?
***
Nein, es war nicht zu Ende.
Rettung kam. Eine Rettung, mit der ich nie im Leben gerechnet hatte.
Myxin, der Magier, war da.
Aber nicht allein. Er hatte Helfer gefunden. Es waren die Schwarzen Vampire, die Todfeinde der Schatten, von denen auch ich zwei getötet hatte.
Sie stürzten aus den Tiefen der Dimensionen in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit auf die Schattenmonster zu und gaben ihnen nicht die kleinste Chance zu entkommen.
Ein mörderischer Kampf entbrannte.
Die Vampire warfen sich auf die Schatten wie hungrige Safarilöwen auf die Zebras. Und für diese Vampire waren die Schatten existent. Sie räumten auf.
Von mir wich plötzlich der Druck. Ich konnte wieder frei atmen und wälzte mich herum.
Ich fühlte mich im Mittelpunkt eines Chaos.
Um mich herum hörte ich die grausamen Kampfgeräusche, das Ächzen und Stöhnen, das Schreien und Wehklagen. Schatten sanken zusammen, wurden eins mit dem Boden, und immer neue Vampire kamen auf dem Dunkel der Dimensionen.
Myxins Mannschaft war dem Sieg nahe.
Und wir unserer Rettung.
Ich hatte mich ein wenig zur Seite gewälzt und dabei meinen Arm schützend um Jane Collins gelegt. Zwangsläufig fiel dabei mein Blick auf den Knochenthron.
Er war verlassen.
Hatte der Spuk die Flucht ergriffen?
Es mußte wohl sein, denn plötzlich sah ich Myxin, den Magier. Er stand vor dem Thron, breitete beide Hände aus, und im nächsten Augenblick brach das Knochengerüst zusammen, als hätte eine Bombe in ihm eingeschlagen.
Das gleiche geschah mit dem Torbogen. Auch er krachte zusammen. Wie Kegel fielen die Teile zu Boden und sprangen als wären sie Gummibälle.
Zum erstenmal in meinem Leben erlebte ich den Kampf zwischen zwei Dämonenfürsten hautnah in einer anderen Dimension mit. Und ich sah, mit welch einer Gnadenlosigkeit diese Auseinandersetzung geführt wurde. Keiner gab Pardon.
Die Vampire fegten die Schatten aus ihrer Welt.
Aber uns griffen sie nicht an. Haarscharf wischten sie über unsere Körper hinweg, ihre Schwingen streiften uns fast, und wir spürten den Luftzug.
Mitkämpfen konnte ich nicht. Nicht in diesem Chaos aus kämpfenden und sterbenden Monstern.
Myxin, der Magier, kam langsam auf uns zu. Er lächelte und hob die Hand.
Ich hatte das Gefühl, als wollte er etwas sagen, doch dann geschah etwas, womit ich nie im Leben gerechnet hatte. Plötzlich drehten sich Myxin und all die Schatten und Vampire in einem rasenden Kreisel, der immer schneller wurde, auf uns zukam, mir die Luft nahm und uns hineinriß in den Sog des Unendlichen.
Instinktiv hielt ich mich an Jane fest. Ich sah ihr Gesicht dicht vor mir und die Angst in ihren Augen, wollte etwas Tröstendes sagen, doch die Stimme versagte mir, und die absolute Schwärze nahm Jane Collins und mich auf…
***
Suko war vor Erregung rot im Gesicht. Er hatte die Hinterlassenschaft gelesen und wußte plötzlich, wie er es anstellen mußte, um der anderen Seite eine Niederlage beizubringen.
Nicht umsonst hatte sich Hank Selnick mit Schwarzer Magie beschäftigt. Das wichtige Buch war ihm zwar abhanden gekommen, aber er hatte die bedeutenden Passagen abgeschrieben und in seinem Testament hinterlassen.
Auch die Formeln.
Sie waren die Lösung.
Suko sprach sie aus.
Mary Selnick stand neben ihm. Sie konnte ihren Blick nicht von den Lippen des Chinesen wenden.
Das letzte Wort…
Da geschah es.
Ein Sturmwind toste durch das Zimmer, so stark,
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