0087 - Treibstoff 558
dieses Werkes.«
»Eine ungewöhnliche Waffe, finden Sie nicht auch? Die Pistole wird doch nur hin und wieder von Offizieren der Army verwendet.«
Gardener hob die Schultern. »Man soll nicht zu früh Schlüsse ziehen. Kommen Sie mit in den Wagen, ich will Ihnen etwas zeigen…«
Ich stieg hinter dem Lieutenant in den Einsatzwagen. Gardener deutete auf einen Klapptisch, auf dem offenbar der Inhalt einer Handtasche ausgebreitet worden war: Lippenstift, Geldbörse, Taschentuch, Puderdose usw. Aber da war noch etwas anderes, was Gardeners Aufmerksamkeit besonders erregt hatte, eine Visitenkarte mit dem Aufdruck:
Harold X. Benelli ist Lieutenant Rock Harbor
und ein Stück eines Notizzettels mit dem handschriftlichen Satz:
»Zehrung ist nicht Cordit.«
»Was das bedeuten soll, mag der Teufel wissen. Das Cordit ist ein Sprengstoff, das wissen wir, aber was ist ›Zehrung‹?«
Ich zuckte mit den Schultern. Ich war überhaupt ziemlich nachdenklich geworden. Es gab jetzt schon genügend Hinweise dafür, dass es zwischen Clarissa Damell und Gordon van Buren eine Verbindung gab. Der Chemiker führte seine praktischen Versuche in den Anlagen der Raketentreibstoff-Versuchsstation Rock Harbor durch, und Clarissa hatte offenbar einen der dort stationierten Offiziere gekannt.
Und noch etwas gab zu denken. Man hatte sie aus einer jener großkalibrigen Thompson-Pistolen erschossen, die fast nur von Offizieren benutzt werden.
Ich muss hier etwas einflechten. Wenn ich bisher von einer Versuchsstation Rock Harbor sprach, so möchte ich bemerken, dass dieses ein Phantasiename ist. Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich so handeln muss. Den Grund können Sie sich denken.
Lieutenant Gardener rieb sich das Kinn. »Also Cotton, was ist? Haben Sie den Auftrag, mir ins Handwerk zu pfuschen?«
Ich schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich denke nicht daran, denn die Aufklärung des Falles ist ja bei Ihnen in den besten Händen. Sofern es sich herausstellt, dass es sich um einen normalen Mord handelt, ist mein Interesse erschöpft. Ich bin im Zusammenhang mit einer anderen Sache hier.«
Gardener blickte mich spöttisch an. »So…?«, sagte er. »Wenn ich Sie jetzt frage, ob die andere Sache mit dieser Toten hier zu tun hat, bekomme ich eine ausweichende Antwort.«
Ich konnte darauf nichts erwidern.
»Nach welchen Anhaltspunkten haben Sie die Tote identifiziert?«, fragte ich nach kurzem Schweigen.
»Personalausweis und Führerschein.«
»In dem Fernschreiben wurde als vermutliche Mordzeit die Spanne zwischen 5 und 8 Uhr morgens erwähnt. Ist das richtig?«
»Die Zeit dürfte stimmen. Ich habe das Personal der-Tennisanlagen verhören lassen. Die Frau des Heizers hegt seit längerer Zeit krank im Bett. Sie hat ab Mitternacht nicht mehr schlafen können und will in der fraglichen Zeit einen Schrei und einen Laut gehört haben, der wie das Knallen eins Sektpfropfens klang.«
Es entstand eine Pause, und dann sagte ich: »Lassen Sie bitte die Visitenkarte und den Notizzettel auf Fingerabdrücke untersuchen. Das Ergebnis geben Sie am besten auf dem Funkweg unserer Zentrale in Washington durch. Fragen Sie auch wegen der Abdrücke der Ermordeten selbst nach. Vielleicht sind sie dort registriert. Wir bleiben in der Sache in Verbindung.«
Ich schrieb mir die auf der-Visitenkarte angegebene Anschrift des Lieutenants Benelli ab, ebenso den irrsinnigen Text auf dem sonderbaren Zettel: Zehrung ist nicht Cordit.
Dann verabschiedete ich mich von Gardener, fuhr zum Schauhaus und ließ mich in den Raum führen, in dem man Clarissa Damell aufgebahrt hatte.
An beiden Seitenwänden der Morgue befinden sich rechts und links Stahltüren mit Schraubverschlüssen. Der Wärter entriegelte den Verschluss der einen Tür, zog sie auf und holte eine auf Schienen und Kugellagern laufende Bahre heraus.
Ich schlug das Laken vom Kopf der Leiche zurück und erschauerte. Ich sah ein vertrautes und doch wiederum ganz fremdes Gesicht, das von einer Fülle roter Haare umgeben wurde. Die Tote war Clarissa Damell, daran gab es keinen Zweifel.
Ich war plötzlich unsagbar müde. Ich bin zwar gewöhnt, dem Tod in vielerlei Gestalt gegenüberzutreten, aber das hier 14 war irgendwie anders. Ich hatte die Tote bei Lebzeiten gut gekannt und sie hatte mich sogar jetzt zu Hilfe rufen wollen.
Ich nickte dem Wärter zu und wandte mich um. Mit einem leisen Knirschen wurde die Bahre in die Kühllade zurückgeschoben und die Tür wieder verschlossen. Ich ging in das
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